Normen
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AsylG 1991 §3;
AsylG 1991 §16 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §20 Abs2;
AsylG 1991 §3;
Spruch:
Der die Erstbeschwerdeführerin betreffende angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Hingegen wird die Beschwerde, insoweit sie von der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Erstbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 6.116,-- und die Zweitbeschwerdeführerin dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheiden des Bundesministers für Inneres vom 17. Jänner 1994 wurde in Erledigung der Berufungen der Beschwerdeführerinnen gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 15. Juni 1992 (hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin) bzw. vom 13. April 1992 (hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin) ausgesprochen, daß Österreich den Beschwerdeführerinnen - Staatsangehörigen "der jugoslawischen Föderation", die am 26. Februar 1992 in das Bundesgebiet eingereist sind und am darauffolgenden Tag Asylanträge gestellt haben - kein Asyl gewähre.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, von der jeweiligen Beschwerdeführerin in Ansehung des sie betreffenden Bescheides erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1.) Hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin:
Die belangte Behörde ist in der Begründung des die Erstbeschwerdeführerin betreffenden angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß von ihr bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei, dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz dieses Gesetzes, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war". Diese Auffassung trifft aber auf Grund der Auslegung der genannten Bestimmung sowie der des § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 nicht zu. Dadurch, daß die belangte Behörde insofern die Rechtslage verkannt hat, wurde die Erstbeschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, hat sie doch ihre Entscheidung - ohne die Flüchtlingseigenschaft der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 1 Asylgesetz (1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (welche Regelung durch § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 inhaltlich keine Änderung erfahren hat) zu prüfen - ausschließlich darauf gestützt, daß bei der Erstbeschwerdeführerin der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Auf dem Boden der von ihr anzuwendenden alten Rechtslage hätte aber die belangte Behörde von diesem Ausschließungsgrund zu Ungunsten der Erstbeschwerdeführerin nicht Gebrauch machen können, weil dem Asylgesetz (1968) - demzufolge in solchen Verfahren lediglich die bescheidmäßige Feststellung zu treffen war, ob der Betreffende als Flüchtling im Sinne dieses Gesetzes anzusehen sei oder nicht - eine derartige Bestimmung fremd war (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1994, Zl. 93/01/1508, mit weiteren Judikaturhinweisen).
2.) Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin:
Die belangte Behörde hat auch der Zweitbeschwerdeführerin - allerdings in diesem Fall auf Grund des von ihr zu Recht angewendeten Asylgesetzes 1991 - deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei der Zweitbeschwerdeführerin der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Sie ging von den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin bei ihrer niederschriftlichen Vernehmung am 29. Februar 1992, wonach sie sich vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen die Rechtslage richtig erkannt hat. Dies ist der Zweitbeschwerdeführerin entgegenzuhalten, die sich gegen diese Auslegung ausschließlich mit Argumenten wendet, denen der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, nicht gefolgt ist, und aus denen sie zusammenfassend ableitet, daß "damit aber alle Varianten der bloßen Durchreise durch Drittstaaten ohne Aufenthaltswillen aus dem Anwendungsbereich § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 herausfallen" (vgl. u.a. die grundlegenden Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, sowie darüber hinaus zum Einwand, "eine Pflicht zur Asylbeantragung in einem Transitland" normiere diese Bestimmung nicht, das Erkenntnis vom 23. Februar 1994, Zl. 94/01/0022).
Es ist aus der Beschwerde nicht erkennbar, daß sich die Verfahrensrüge, es sei kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, nicht nur auf die Frage der Flüchtlingseigenschaft, sondern darüber hinaus auf die Frage der Verfolgungssicherheit bezieht. Die Zweitbeschwerdeführerin (ebenso wie ihre Mutter) meint auch abschließend nur, daß "die Prüfung der weiteren Voraussetzung für die Anwendung des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, nämlich inwieweit in diesem Drittstaat selbst Verfolgungsschutz und Abschiebungsschutz in den Verfolgerstaat bestehen muß, dahingestellt bleiben kann". Da jegliches Vorbringen fehlt, daß es der Zweitbeschwerdeführerin unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, bereits in Slowenien Asyl zu beantragen, und mangels gegenteiliger Behauptungen der Zweitbeschwerdeführerin, daß Slowenien die sich aus seiner Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention (siehe die diesbezüglich abgegebene Erklärung dieses Landes laut BGBl. Nr. 806/1993) ergebenden Verpflichtungen nicht erfüllt hätte, vermag der Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung der Annahme der belangten Behörde, die Zweitbeschwerdeführerin sei bereits in Slowenien vor Verfolgung sicher gewesen, nicht entgegenzutreten.
3.) Der die Erstbeschwerdeführerin betreffende angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Hingegen war die Beschwerde, soweit sie von der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Die Zweitbeschwerdeführerin wird allerdings auf die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 4 Asylgesetz 1991 aufmerksam gemacht.
Von der beantragten Verhandlung konnte hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin gemäß der Z. 4 und hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin gemäß der Z. 6 des § 39 Abs. 2 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, davon in Ansehung der Erstbeschwerdeführerin unter Bedachtnahme auf § 52 Abs. 1 VwGG im Rahmen des gestellten Begehrens.
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