Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die am 28. Dezember 1992 in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführerin, eine deutsche Staatsangehörige, war noch am selben Tag wegen Diebstahls festgenommen und am 6. April 1993 - bis dahin hatte sie sich in Untersuchungshaft befunden - vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Diebstahls (§ 127 StGB), Diebstahls mit Waffen (§ 129 StGB) und räuberischen Diebstahls (§ 131 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, davon sieben Monate bedingt auf drei Jahre Probezeit, rechtskräftig verurteilt worden.
2. Mit Bescheid vom 6. April 1993 ordnete die Bundespolizeidirektion Wien gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 41 Abs. 1 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie zur Sicherung der Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 6. April 1993, 13.45 Uhr, zugestellt.
3. Mit Bescheid vom 8. April 1993 erließ dieselbe Behörde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren. Gemäß § 27 Abs. 4 leg. cit. wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 8. April 1993 zugestellt.
4. Mit Schriftsatz vom 7. April 1994 erhob die Beschwerdeführerin gegen die "Festnahme sowie Anhaltung unter Berufung auf das FrG sowie den Schubhaftbescheid ... vom 6.4.1993" Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (die belangte Behörde).
5. Dieser Beschwerde gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 13. April 1993 gemäß § 52 Abs. 2 und 4 FrG iVm § 67c Abs. 3 AVG keine Folge und stellte fest, daß die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft im Zeitpunkt dieser Entscheidung noch vorlägen.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Der Schubhaftbescheid vom 6. April 1993 erweise sich nicht als rechtswidrig. Die Anordnung der Schubhaft sowie die Anhaltung zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes seien notwendig gewesen, habe doch die konkrete Gefahr bestanden, daß die Beschwerdeführerin, die keinerlei berufliche oder familiäre Inlandsbeziehungen aufweise, sich dem Aufenthaltsverbotsverfahren entziehen werde. Sie selbst habe in der Beschwerde sogar vorgebracht, sie sei bereits nach der Urteilsverkündung (am 6. April 1993) vor dem Gerichtssaal von einer Bekannten erwartet worden und habe die sofortige Rückreise nach Deutschland beabsichtigt. Auch könne der die Schubhaft verhängenden Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Maßnahme angesichts des kriminellen Verhaltens der Beschwerdeführerin und des Umstandes, daß diese ihren eigenen Angaben zufolge keine größeren Bargeldmengen besitze, für notwendig erachtet habe, habe es doch keine Gewähr dafür gegeben, daß die Beschwerdeführerin ihr unerlaubtes Verhalten nicht im Verborgenen fortsetzen werde.
Ab dem Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit des über die Beschwerdeführerin verhängten Aufenthaltsverbotes mit 8. April 1993 gründe sich die Schubhaft auf die Sicherung der Abschiebung. Die Notwendigkeit der Fortsetzung der Schubhaft zu diesem Sicherungszweck ergebe sich im Hinblick auf § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG einerseits aus jenen Gründen, die bereits zum Anhaltegrund der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angeführt worden seien, insbesondere aus der Gefahr, die die Beschwerdeführerin aufgrund ihres bisher gezeigten Verhaltens für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle. Dazu sei zu bemerken, daß z.B. in einem Aufenthaltsverbotsverfahren eine strafgerichtliche Verurteilung im vorliegenden Ausmaß als bestimmte Tatsache anzusehen sei, welche die Annahme der Gefährdung der genannten öffentlichen Interessen rechtfertige (§ 18 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 Z. 1 FrG).
Die Beschwerde sei daher mangels Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme sowie der Anhaltung im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung der Erfolg zu versagen gewesen.
6. Die dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde von diesem nach Ablehnung von deren Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluß vom 28. September 1993, B 1012/93).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
7. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Die Beschwerdeführerin brachte hiezu eine "Gegenäußerung" ein.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 41 Abs. 1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.
2.1. Die Beschwerde vertritt die Ansicht, daß die in dieser Bestimmung normierte Voraussetzung der Notwendigkeit nicht vorgelegen sei. Die von der belangten Behörde angegebene Begründung der Notwendigkeit zur Sicherung des Aufenthaltsverbotsverfahrens erweise sich als "inhaltsleer", da die dafür ins Treffen geführte Gefahr, die Beschwerdeführerin würde sich diesem Verfahren entziehen, von der unzutreffenden Annahme ausgehe, ein solches Verfahren könne nicht "im Wege der Zustellung an meine aktenkundige Adresse in Deutschland abgewickelt werden".
2.2. Demgegenüber hält der Verwaltungsgerichtshof die Annahme der belangten Behörde, es habe die konkrete Gefahr bestanden, daß sich die Beschwerdeführerin dem Aufenthaltsverbotsverfahren entziehen werde, nicht für unschlüssig. Dies nicht nur angesichts des Fehlens jeglicher (familiärer oder beruflicher) Inlandsbeziehungen, sondern auch im Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid
- unwidersprochen - getroffene Feststellung, die Beschwerdeführerin habe nach der Urteilsverkündung ihre sofortige Rückkehr nach Deutschland beabsichtigt. Im Hinblick auf die solcherart offen zutage liegende Gefahr, daß die Beschwerdeführerin die für die Durchführung des Aufenthaltsverbotsverfahrens erforderliche Mitwirkung ("Minimalkooperation", vgl. die EB zur RV betreffend das Fremdengesetz, 692 BlgNR 18. GP, 49) verweigern werde, hat die belangte Behörde das Kriterium der Notwendigkeit i.S. des § 41 Abs. 1 FrG in Ansehung der Verfahrenssicherung zu Recht bejaht. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Beschwerdeführerin in Deutschland über eine "aktenkundige Adresse" verfüge, bot doch dieser Umstand keine Gewähr dafür, daß die Beschwerdeführerin sich im erforderlichen Ausmaß kooperativ verhalten werde.
3.1. Die Beschwerde meint, in Ansehung der Sicherung der Abschiebung könne dem bekämpften Bescheid die Voraussetzung der Notwendigkeit der Schubhaft "nicht entnommen werden". Diese unter dem Titel inhaltlicher Rechtswidrigkeit vorgetragene Rüge ist dahin zu verstehen, daß nach Ansicht der Beschwerdeführerin die Schubhaft zur Sicherung ihrer Abschiebung nicht notwendig gewesen sei. Dies deshalb, weil - wie der koorespondierenden Verfahrensrüge zu entnehmen ist - die Beschwerdeführerin ohnehin die Absicht gehabt habe, "unverzüglich und freiwillig selbst den durch die Abschiebung beabsichtigten Zustand" herzustellen - ein Umstand, den die belangte Behörde in die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes einzubeziehen gehabt hätte.
3.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Im vorliegenden Fall war davon auszugehen, daß die Überwachung der Ausreise der Beschwerdeführerin aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit notwendig erschien (Abschiebungsgrund gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG). Dies mit Rücksicht darauf, daß das der strafgerichtlichen Verurteilung der Beschwerdeführerin zugrunde liegende Verhalten unmittelbar im Anschluß an ihre Einreise unter Gebrauch von Waffen und im Zusammenwirken mit drei weiteren Personen gesetzt worden war, was das Begehen weiterer Straftaten besorgen ließ. Zur Sicherung der solcherart zulässigen Abschiebung der Beschwerdeführerin war aber ihre fortdauernde Anhaltung in Schubhaft (ab 8. April 1993) notwendig.
4. Was den Beschwerdevorwurf anlangt, es habe für die am 6. April 1993 behauptetermaßen etwa um 13.00 Uhr erfolgte Festnahme keine Rechtsgrundlage bestanden, so ist der Gerichtshof - ausgehend von dem diesbezüglichen Vorbringen in der Gegenschrift der belangten Behörde über den konkreten Geschehensablauf, der in der Gegenäußerung der Beschwerdeführerin unbestritten blieb - der Ansicht, daß die für den Beschwerdefall insoweit charakteristische Situation in örtlicher und zeitlicher Hinsicht - Festnahme unmittelbar im Anschluß an die Urteilsverkündung vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien, Übergabe des Schubhaftbescheides an Ort und Stelle ca. 45 Minuten danach - einen derart engen Konnex begründet, daß jedenfalls vorliegend die Festnahme und die Erlassung des Bescheides als Einheit zu begreifen sind, mithin die Festnahme zum Zweck der Schubhaft nicht der erforderlichen rechtlichen Deckung entbehrt.
5. Im Hinblick auf die Ausführungen unter II.2.2. und 3.2. ist den Verfahrensrügen in bezug auf das Erfordernis der Notwendigkeit der Schubhaft i.S. des § 41 Abs. 1 FrG der Boden entzogen.
6. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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