Normen
AVG §13a;
AVG §45 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs2;
AVG §13a;
AVG §45 Abs3;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Volksrepublik China, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 6 FrG ein bis zum 26. Mai 1998 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet erlassen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin sei aufgrund eines am 10. März 1992 erteilten und bis 17. Mai 1992 gültigen Sichtvermerkes des österreichischen Generalkonsulates in New York in das Bundesgebiet eingereist. Im Sichtvermerksantrag sei als Reiseziel Schwechat und als Zweck "Besuchsreise" angegeben worden. Bei dieser Antragstellung sei eine US-Beschäftigungsbewilligung als Nachweis zum Aufenthalt und zur berechtigten Arbeitsaufnahme in den USA vorgelegt worden. Nachträchlich habe sich herausgestellt, daß es sich um eine gefälschte Arbeitsbewilligung gehandelt habe. Deshalb sei von der österreichischen Vertretungsbehörde die Sichtvermerksversagung ausgeschrieben worden. Anläßlich einer niederschriftlichen Befragung der Beschwerdeführerin am 14. Jänner 1993 sei bekannt geworden, daß nicht sie, sondern ein Freund von ihr, der sich in Jugoslawien aufhalte, den Sichtvermerk in New York besorgt habe. Dies sei insofern glaubwürdig, als die Unterschrift der Beschwerdeführerin auf der Niederschrift mit der Unterschrift auf dem Sichtvermerksantrag nicht übereinstimme. Die Beschwerdeführerin habe sich somit nicht in den USA aufgehalten; der Sichtvermerk sei auch nicht von ihr beantragt worden. Offensichtlich sei es der Beschwerdeführerin nur um irgendeine Einreisebewilligung für Österreich gegangen. Dies ergebe sich auch aus der Niederschrift vom 14. Jänner 1993. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, daß sie ihren nunmehrigen Gatten noch während des Aufenthaltes in China über eine Briefbekanntschaft kennengelernt und über die Möglichkeit einer Eheschließung Kenntnis erlangt habe. Die Beschwerdeführerin sei sohin bereits in der Absicht nach Österreich eingereist bzw. habe sich in dieser Absicht um eine Aufenthaltsbewilligung bemüht, hier zu heiraten und längere Zeit Aufenthalt zu nehmen. Den Behauptungen, wonach die Beschwerdeführerin erst nach ihrer Einreise und ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet ihren nunmehrigen Gatten kennen und lieben gelernt habe, könne die belangte Behörde keinen Glauben schenken. Das Verschweigen des wahren Grundes der Einreise (des weiteren Aufenthaltes) stelle eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG dar. Wenngleich die Beschwerdeführerin unmittelbar mit der Fälschung der US-Beschäftigungsbewilligung nichts zu tun gehabt habe bzw. hievon keine Kenntnis erlangt habe, so habe sie es offensichtlich in Kauf genommen, durch wen und wie auch immer eine Einreisebewilligung zu erlangen. Eine völlige Unkenntnis darüber, wie sie in den Besitz des Sichtvermerkes der österreichischen Vertretungsbehörde gelangt sei, sei jedoch nicht glaubhaft.
Die Beschwerdeführerin habe auch nicht an der auf dem Sichtvermerksantrag angegebenen Adresse in Schwechat Unterkunft genommen, sondern in Krems. Am 29. April 1992 habe sie beim Magistrat der Stadt Krems um die Erteilung eines Sichtvermerkes angesucht. Im Antrag habe sie einen chinesischen Staatsangehörigen als jene Person angegeben, die die Kosten für ihren Aufenthalt übernehme. Als Gegenleistung dafür sollte die Beschwerdeführerin auf dessen Kinder aufpassen. Daraufhin sei ihr ein Sichtvermerk bis 30. August 1992 erteilt worden. Am 18. August 1992 habe sie einen indischen Staatsangehörigen, der in Österreich seinen Wohnsitz habe, geheiratet. Bei der Sichtvermerksbeantragung am 28. August 1992 habe sie dem Magistrat der Stadt Krems bereits diese Heiratsurkunde vorgelegt. Die Aufenthaltsbewilligung habe die Beschwerdeführerin aufgrund der Vorlage einer falschen Urkunde erhalten bzw. sei sie aufgrund von falschen Angaben, sei es unmittelbar bei der österreichischen Vertretungsbehörde oder nach der Einreise beim Magistrat der Stadt Krems an der Donau, erteilt worden.
Die Erstbehörde habe sohin zu Recht dieses Verhalten unter den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG subsumiert und somit sei auch die im § 18 Abs. 1 angeführte Annahme gerechtfertigt.
Die Beschwerdeführerin habe mit ihrem Ehegatten ein Gasthaus gepachtet und sei Mehrheitseigentümerin (75 %) der mit ihrem Gatten gegründeten Gesellschaft m.b.H. Eine Schwester und zwei Brüder der Beschwerdeführerin lebten ebenfalls in Österreich. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle einen erheblichen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin dar. Die Einreise und die daran anschließende Sichtvermerkserteilung hätten sich auf wahrheitswidrige Angaben gestützt; sie habe daher bei einer genaueren Kontrolle mit der Ergreifung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen rechnen müssen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung) dringend geboten. Die privaten Interessen der Beschwerdeführerin hätten gegenüber den öffentlichen Interessen keine erhebliche Berücksichtigung finden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Der Verwaltungsgerichtshof vermag der rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde, wonach der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG dadurch verwirklicht sei, daß die Beschwerdeführerin die Aufenthaltsbewilligung aufgrund der Vorlage einer gefälschten Urkunde erhalten habe, nicht beizupflichten. Die belangte Behörde ging nämlich davon aus, daß die Beschwerdeführerin mit der Fälschung der US-Beschäftigungsbewilligung nichts zu tun gehabt bzw. keine Kenntnis davon gehabt habe. Die Verwirklichung dieses Tatbestandes hätte indes das positive Wissen der Beschwerdeführerin über die Vorlage einer solchen Urkunde vorausgesetzt.
Die belangte Behörde ging aber auch davon aus, daß die Beschwerdeführerin den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG dadurch verwirklicht habe, daß sie entgegen der - in der Beschwerde nicht bestrittenen - Angabe des Reisezweckes (Besuchsreise) im Sichtvermerksantrag vom 10. März 1992 bereits zum Zeitpunkt dieser Antragstellung die Absicht gehabt habe, in Österreich zu heiraten und längere Zeit Aufenthalt zu nehmen. Aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin bei ihrer Einvernahme am 14. Jänner 1993 konnte die belangte Behörde zutreffend davon ausgehen, daß der - als Vertreter handelnde - Freund der Beschwerdeführerin bei der Antragstellung auf Erteilung eines Sichtvermerkes mit dem Einverständnis der Beschwerdeführerin den wahren Grund ihrer Einreise verschwiegen habe. Wenn die belangte Behörde - unter der Annahme des positiven Wissens der Beschwerdeführerin über die Unrichtigkeit der Angabe des Reisezweckes - zu dem Ergebnis gelangte, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG verwirklicht sei, ist dies nicht rechtswidrig.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Feststellung, die Erteilung des Sichtvermerkes habe sich auf die wahrheitswidrigen Angaben über den Reisezweck gestützt, mit der bereits im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptung, daß im Zeitpunkt der Einreise lediglich ein Besuch zur Debatte gestanden sei. Die belangte Behörde interpretiere den Inhalt der Niederschrift vom 14. Jänner 1993 falsch. Diesbezüglich sei sie, obwohl sie zum damaligen Zeitpunkt nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, in keiner Weise befragt worden. Die belangte Behörde sei in bezug darauf ihrer Manuduktionspflicht nicht nachgekommen. Da die belangte Behörde sie - die Beschwerdeführerin - nicht neuerlich einvernommen habe, sei sie in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden. Auch die Einvernahme des Gatten der Beschwerdeführerin sei zu Unrecht unterblieben, obwohl diese erstens von Amts wegen hätte durchgeführt werden müssen und zweitens in der Stellungnahme vom 13. Mai 1993 ausdrücklich beantragt worden sei. Die belangte Behörde hätte daher feststellen müssen, daß die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Einreise keineswegs die Absicht gehabt habe, länger in Österreich zu bleiben.
Der Beschwerdeführerin ist zunächst zu entgegnen, daß sich die Manuduktionspflicht der Behörde auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten beschränkt und sich nicht auf die Belehrung in der Sache selbst bezieht.
Unberechtigt ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin, es liege darin, daß sie nicht neuerlich einvernommen worden sei, eine Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs. Es ist nämlich nicht erforderlich, den Parteien zu jenen Sachverhaltselementen, die sie selbst geliefert haben, das Parteiengehör (nochmals) zu gewähren; die Würdigung des Beweismittels selbst und die darauf gestützte rechtliche Schlußfolgerung ist nicht als "Ergebnis der Beweisaufnahme" im Sinne des § 45 Abs. 3 AVG zu verstehen und muß daher auch der Partei nicht zur Kenntnis gebracht werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Februar 1986, Zl. 85/11/0025).
Die belangte Behörde konnte sich bei Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes auf die Angaben der Beschwerdeführerin bei der Vernehmung am 14. Jänner 1993 stützen. Wenn sie auf der Grundlage von in dieser Hinsicht ausreichenden Beweisergebnissen zu der Annahme gelangte, daß die Beschwerdeführerin bereits im Zeitpunkt der Antragstellung nicht die Absicht gehabt habe, bloß zu Besuchszwecken nach Österreich zu kommen, stellt es keinen relevanten Verfahrenmangel dar, wenn die Behörde von weiteren amtwegigen Erhebungen Abstand nahm.
Die Beschwerdeführerin bekämpft die Annahme der belangten Behörde, sie habe unrichtige Angaben über den Zweck ihres Aufenthaltes gemacht, des weiteren mit der Behauptung, daß sie ihren nunmehrigen Gatten nicht persönlich gekannt habe und es daher zu keinem konkreten Gespräch über eine Eheschließung gekommen sei.
Dazu ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde diese Sachverhaltsannahmen ausschließlich aufgrund der Angaben der Beschwerdeführerin getroffen hat. Die Einvernahme der Beschwerdeführerin erfolgte unter Beiziehung eines Dolmetschers, die Angaben wurden von der Beschwerdeführerin als der Wahrheit entsprechend unterfertigt.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann auch die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG angesichts der Gefährdung der öffentlichen Ordnung (konkret: eines geordneten Fremdenwesens) durch den Aufenthalt der Beschwerdeführerin nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0020).
Mit Rücksicht auf das gewichtige öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, das Aufenthaltsverbot sei im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: zum Schutz der öffentlichen Ordnung) dringend geboten.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist auch die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet. Im Hinblick auf die nach dieser Bestimmung wesentlichen Kriterien der Dauer des Aufenthaltes und des Ausmaßes der Integration ist die Beschwerdeführerin darauf zu verweisen, daß ihr etwa einjähriger Aufenthalt in Österreich noch keinen hohen Integrationsgrad zu bewirken vermag. Der Aufenthalt der drei Geschwister der Beschwerdeführerin in Österreich ist - weil sie nicht gemeinsam mit der Beschwerdeführerin leben und daher nicht vom Schutzbereich des § 20 Abs. 1 FrG umfaßt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0491) - im Rahmen der Interessenabwägung ohne entscheidendes Gewicht. Bei dieser Abwägung hat der Umstand, daß die Beschwerdeführerin Mehrheitsgesellschafterin einer mit Sitz in Österreich gelegenen Gesellschaft m.b.H. ist, unter dem Gesichtspunkt des damit angesprochenen Aspektes des beruflichen Fortkommens außer Betracht zu bleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0525). Daß die belangte Behörde angesichts des großen Gewichtes der maßgeblichen öffentlichen Interessen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten gegenüber den nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung nicht als schwerer wiegend erachtet hat, begegnet keinen Bedenken. Die (behauptete) bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin vermag die Gewichtung der persönlichen Interessen nicht entscheidend zu beeinflußen.
Was die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes anlangt, ist sie darauf zu verweisen, daß nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0516) - unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 FrG - ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf in vorhersehbarer Weise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit zu erlassen ist, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Wenn sich die belangte Behörde im Beschwerdefall nicht imstande sah, den Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes vor Ablauf der festgesetzten Frist anzunehmen, so begegnet dies auf dem Boden der dargestellten Rechtslage keinem Einwand.
Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1991.
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