VwGH 93/18/0159

VwGH93/18/01593.5.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll,

Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 29. Oktober 1992, Zl. III 370-23483/92, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §27 Abs1;
VwRallg;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
EheG §27;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §27 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der BH Dornbirn (der belangten Behörde) vom 29. Oktober 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 30. April 1992 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 1 und 3 lit. d des Paßgesetzes 1969 (PG) abgewiesen.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer mit einem für die Bundesrepublik Deutschland gültigen Sichtvermerk in Österreich eingereist sei und am 13. April 1992 die österreichische Staatsbürgerin Petra S. geehelicht habe. Am 14. April 1992 sei ihm auf Antrag ein Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erteilt worden. In seinem Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes habe der Beschwerdeführer auf seine Ehe sowie darauf hingewiesen, daß er von seiner Frau, bis sie eine gemeinsame Wohnung fänden, getrennt lebe. Vor der BH Bludenz als zur Einvernahme ersuchter Behörde habe die Ehegattin des Beschwerdeführers am 9. Oktober 1992 angegeben, daß es sich bei der zwischen ihr und dem Beschwerdeführer geschlossenen Ehe um eine sogenannte "Scheinehe" handle, für deren Eingehung ihr S 100.000,-- bis S 150.000,-- versprochen worden seien; ihren Ehegatten habe sie bisher nur zweimal gesehen; die Ehe sei zu dem Zweck geschlossen worden, um dem Beschwerdeführer den Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen. Die Glaubwürdigkeit dieser Aussage werde noch durch die Tatsache unterstrichen, daß der Beschwerdeführer nur mit einem für die Bundesrepublik Deutschland gültigen Sichtvermerk in Österreich eingereist sei und das Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeitsdauer dieses Sichtvermerkes hätte verlassen müssen. Ohne diese Eheschließung hätte dem Beschwerdeführer bei Abwägung der öffentlichen und der persönlichen Interessen gemäß § 25 Abs. 2 PG ein Sichtvermerk nicht erteilt werden können. Die Eingehung einer Ehe nur zum Zweck, um sich eine Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen, stelle einen evidenten Rechtsmißbrauch dar. Dies rechtfertige die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung gefährde.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, es sei ihm nicht ausreichend Parteiengehör gewährt worden, sei darauf hinzuweisen, daß der Rechtsvertreter keine konkreten Gründe genannt habe, warum er innerhalb der von der belangten Behörde gewährten Frist von einer Woche mit seinem Mandanten (dem Beschwerdeführer) keinen Kontakt habe aufnehmen können. Die Behörde erachte die einwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme - auch wenn dazu noch in den Akt Einsicht genommen werde - für ausreichend bemessen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 25 Abs. 1 PG kann einem Fremden ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt.

Nach § 25 Abs. 3 lit. d leg. cit. ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

2. Die belangte Behörde hat diesen zwingenden gesetzlichen Versagungstatbestand unter Hinweis auf den dem Beschwerdeführer zur Last fallenden evidenten Rechtsmißbrauch durch Eingehung der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin ausschließlich zum Zweck der Erlangung einer Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet als erwiesen angenommen.

Vorbehaltlich der Ermittlung des dieser rechtlichen Beurteilung zugrundeliegenden Sachverhaltes in einem mängelfreien Verfahren begegnet die Auffassung der belangten Behörde keinen Bedenken. Denn wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0096, und seither in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa jüngst das Erkenntnis vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0151) zum Ausdruck gebracht hat, stellt die Eingehung der Ehe durch einen Fremden zwecks Beschaffung einer Aufenthaltsberechtigung einen evidenten Rechtsmißbrauch und solcherart ein Verhalten dar, das als gravierende Beeinträchtigung des geordneten menschlichen Zusammenlebens die Annahme rechtfertigt, der weitere Aufenthalt des Fremden in Österreich würde die öffentliche Ordnung gefährden. (Daß, worauf die Beschwerde hinweist, aus einem derartigen Mißbrauch eine "allgemeine Gefahr u.a. für das Leben und die Sicherheit anderer nicht abgeleitet werden (kann)", liegt auf der Hand, wurde indes von der belangten Behörde auch nicht behauptet.)

3. Was nun die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes anlangt, so rügt die Beschwerde als Verfahrensmangel, daß dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, zum Verfahrensergebnis, insbesondere zur Zeugenaussage seiner Ehegattin, in angemessener Frist Stellung zu nehmen.

Der Gerichtshof vermag diesem Vorbringen nicht beizupflichten. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend bemerkte, wurde im Verwaltungsverfahren vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht konkret dargetan, weshalb es ihm nicht möglich sei, mit dem Beschwerdeführer innerhalb der eingeräumten Frist von einer Woche ab Bekanntgabe des Beweisergebnisses "Kontakt aufzunehmen und eine entsprechende Äußerung zu erstatten". Dem dazu in der Beschwerde erstatteten Vorbringen, "daß es für den Rechtsanwalt im Verkehr mit ausländischen Klienten schwerer ist, Informationen aufzunehmen", mag grundsätzlich zutreffen, ist aber infolge seiner Allgemeinheit ohne Aussagekraft für den konkreten Beschwerdefall. Wenn die Beschwerde dazu noch darauf hinweist, der Vertreter des Beschwerdeführers "mußte" in weiterer Folge mit der Zeugin (Ehegattin des Beschwerdeführers) Kontakt aufnehmen, um die unterschiedlichen Darstellungen des Sachverhaltes auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und sich ein Bild von der Glaubwürdigkeit der Zeugin zu machen, so war ihm diese Vorgangsweise unbenommen; sie stellte freilich keinen Grund dar, um die von der belangten Behörde eingeräumte Frist von einer Woche als zu kurz bemessen anzusehen, da in concreto sich das rechtliche Gehör - zutreffend - auf nicht mehr erstreckte als auf die Gelegenheit, zur (belastenden) Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers Stellung zu nehmen. Schließlich ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß er bei der belangten Behörde keinen (mit ausreichender Begründung versehenen) Antrag auf Erstreckung der eingeräumten einwöchigen Frist stellte, folglich für jene kein Hindernis bestand, ohne Fristerstreckung ihre Entscheidung zu treffen.

4. Da nach dem Gesagten der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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