VwGH 93/17/0367

VwGH93/17/03676.8.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des R in E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L in B, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. September 1993, Zl. R/1 V 92232/00, betreffend Vorstellung i. A. Aufschließungsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §14 Abs5 idF 8200-6;
BauO NÖ 1976 §14 Abs5 idF 8200-6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Marktgemeinde E Aufwendungen in der Höhe von S 4.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchpunkt II des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. April 1992 wurde das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Grundstück Nr. 595/5 der KG E zum Bauplatz erklärt. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom gleichen Tag schrieb dieser dem Beschwerdeführer aus diesem Anlaß für das genannte Grundstück gemäß § 14 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung der Niederösterreichischen Landesregierung, LGBl. 8200-0 (im folgenden: NÖ BauO 1976), ausgehend von einer Berechnungslänge von 158,4929 m, dem Bauklassenkoeffizienten von 1,25 und dem Einheitssatz gemäß der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 2. Dezember 1988 von S 3.300,--, eine Aufschließungsabgabe von S 653.783,-- vor. Die beiden Bescheide wurden dem Beschwerdeführer am 22. April 1992 zugestellt.

Gegen den Abgabenbescheid vom 17. April 1992 erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er ausführt, er nehme in Eigenregie Leistungen, wie Befestigung von Straße und Gehsteig, Oberflächenentwässerung, Straßenbeleuchtung und Kanalanschluß ab Grundstücksgrenze vor, sodaß der mitbeteiligten Marktgemeinde keine Kosten entstünden.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. Juli 1992 wurde diese Berufung abgewiesen. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, die vom Beschwerdeführer "dargebotenen" Eigenleistungen beträfen dessen eigenes Grundstück und nicht die an diesen Bauplatz angrenzende öffentliche Verkehrsfläche.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er behauptet, in seiner Berufung vorgebracht zu haben, es seien bereits die oben wiedergegebenen Leistungen erbracht worden. Die Berufungsbehörde habe ihm die von ihr getroffene Tatsachenannahme, er habe für die öffentliche Verkehrsfläche keine Eigenleistungen erbracht, nicht vorgehalten. Wäre ein solcher Vorhalt erfolgt, so wäre der Beschwerdeführer in der Lage gewesen, dieses Argument zu entkräften. Die Berufungsbehörde habe es unterlassen, genauere Erhebungen über die konkreten Eigenleistungen des Vorstellungswerbers vorzunehmen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers ab. Eine Anrechnung von Arbeits- oder Materialleistungen setze voraus, daß diese Leistungen bereits tatsächlich erbracht worden seien. Der Beschwerdeführer habe im Verwaltungsverfahren nicht behauptet, die in der Berufung angeführten Leistungen bereits erbracht zu haben. Aus diesem Grund scheide eine Anrechnung jedenfalls aus.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Anrechnung von Eigenleistungen gemäß § 14 Abs. 5 NÖ BauO 1976 verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete eine Gegenschrift mit dem gleichen Antrag, in der sie unter anderem darauf verweist, daß die Anrechenbarkeit von Arbeits- oder Materialleistungen die Zustimmung der Gemeinde zu ihrer Erbringung voraussetzte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 14 Abs. 5 NÖ BauO 1976 in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. 8200-6 lautet:

"(5) Leistungen für den Ausbau der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung einer an den Bauplatz grenzenden Straße sind auf die Aufschließungsabgabe anzurechnen, wenn sie erbracht wurden:

a) als Geldleistung aufgrund einer Vereinbarung mit der Gemeinde oder

b) als Arbeits- oder Materialleistung mit Zustimmung der Gemeinde.

Durch eine Verordnung des Gemeinderates können Pauschalsätze in Prozenten der Aufschließungsabgabe für einzelne dieser Leistungen festgelegt werden."

Der Beschwerdeführer bestreitet die Rechtsansicht der belangten Behörde, eine Anrechnung von Eigenleistungen komme nur dann in Betracht, wenn diese bereits erbracht worden seien. Auch zukünftig zu erbringende Arbeitsleistungen seien im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung anrechenbar.

Zwar sollte in der Berufung auf erst zukünftig zu erbringende Leistungen hingewiesen werden, die Berufungsbehörde habe jedoch nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides zu entscheiden. Der Beschwerdeführer habe zwischen Berufung und Entscheidung der Berufungsbehörde Leistungen im Gegenwert von S 639.100,80 erbracht und bezahlt. Die Berufungsbehörde habe es unterlassen, die für die Höhe der Abgabe maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse zu ermitteln. Diese Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sei von der Vorstellungsbehörde zu Unrecht nicht aufgegriffen worden, wodurch diese ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet habe.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut (arg.: ..., wenn sie erbracht WURDEN: ...) stehende Auffassung der belangten Behörde, wonach eine Anrechnung von Arbeits- und Materialleistungen im Abgabenbemessungsverfahren jedenfalls voraussetzt, daß diese Leistungen im Zeitpunkt der Erlassung des Abgabenfestsetzungsbescheides bereits erbracht wurden. Für einen vom Gesetzeswortlaut abweichenden Willen des Niederösterreichischen Landesgesetzgebers bieten die Materialien zur Novelle der NÖ BauO, LGBl. 8200-6 (vgl. Ltg-77/B-21/a-1988) keinen Anhaltspunkt. Die vom Beschwerdeführer vertretene Interpretation, schon die Absicht des Abgabepflichtigen, derartige Leistungen in Zukunft zu erbringen, sei als anspruchsmindernd zu berücksichtigen, verbietet sich schon deshalb, weil der Abgabenbehörde keine Mittel zur Verfügung stünden, die spätere Erbringung der im Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung erst geplanten Arbeits- und Materialleistungen durch den Abgabenpflichtigen auch zwangsweise durchzusetzen.

Die Frage, ob § 14 Abs. 5 NÖ BauO 1976 die Anrechnung von Arbeits- oder Materialleistungen, welche nach Verwirklichung des Abgabentatbestandes (Erklärung des Grundstückes zum Bauplatz), jedoch vor Abgabenbemessung, erbracht wurden, anordnet, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Ohne Bedeutung für die Lösung des gegenständlichen Rechtsfalles ist es auch, ob die Anrechnung solcher Arbeits- oder Materialleistungen im Zuge des Abgabenbemessungsverfahrens zu erfolgen hat oder ob der Behauptung, nach Verwirklichung des Abgabentatbestandes anrechenbare Leistungen erbracht zu haben, lediglich die Bedeutung eines Tilgungseinwandes zukommt.

Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes ist es unzweifelhaft, daß eine Anrechnung erbrachter Arbeits- oder Materialleistungen unabhängig von ihrer sonstigen Zulässigkeit jedenfalls die Zustimmung der Gemeinde zu ihrer Erbringung voraussetzt. Daß die Bemessung der Abgabe erst zulässig wäre, wenn eine solche Zustimmung von der Gemeinde (endgültig) verweigert wurde, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Da der Beschwerdeführer weder im Verfahren vor den Gemeindebehörden, noch in seiner Vorstellung einen Sachverhalt vortrug, aus dem eine Zustimmung der Gemeinde (wobei in diesem Zusammenhang offenbleiben kann, ob eine solche Zustimmung eine im Rahmen der Privatautonomie der Gemeinde liegende Erklärung oder aber eine in Bescheidform zu erlassende Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde zu sein hätte) zu den nach den Beschwerdebehauptungen zwischen Berufungserhebung und Entscheidung der Berufungsbehörde erbrachten Arbeits- und Materialleistungen abzuleiten wäre, wäre er im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gehalten gewesen, die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels durch Unterlassung der seines Erachtens gemäß § 93 Abs. 1 NÖ AO 1977 gebotenen amtwegigen Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Höhe der Abgabe wesentlich sind, darzulegen. Ein solches - eine Zustimmung der Gemeinde behauptendes - Vorbringen ist jedoch der Beschwerde nicht zu entnehmen, sodaß die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht erkennbar ist.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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