VwGH 93/14/0119

VwGH93/14/011921.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der Stadtgemeinde X, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat III) vom 13. Mai 1993, Zl. 50.187-5/93, betreffend Erbschaftssteueräquivalent ab 1. Jänner 1988 und ab 1. Jänner 1989, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AVG §62 Abs4;
BAO §293 Abs1;
BAO §93 Abs2;
ErbStÄquG §1;
HGB §17 Abs1;
VermStG §1 Abs1 Z2 lite;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
AVG §1;
AVG §62 Abs4;
BAO §293 Abs1;
BAO §93 Abs2;
ErbStÄquG §1;
HGB §17 Abs1;
VermStG §1 Abs1 Z2 lite;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Gemeinde betreibt ein Elektrizitätswerk als Unternehmen. Sie ist mit ihrem Ortsnamen unter Voranstellung des Wortes "Stadtwerke" als Firma hinsichtlich dieses Unternehmens in das Firmenbuch (früher Handelsregister) eingetragen und scheint dort als Inhaberin des Unternehmens auf.

Das Finanzamt setzte mit Bescheiden vom 4. März 1991 unter anderem Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner der Jahre 1988 und 1989 fest und adressierte die Bescheide an die genannte "Firma" zu Handen des Direktors der Stadtwerke.

Dagegen erhob der Adressat durch eine Steuerberatungsgesellschaft Berufung. Vom Berufungswerber wurde geltend gemacht, daß die Stadtwerke als solche keine juristische Person seien, § 1 Erbschaftssteueräquivalentgesetz aber nur juristische Personen steuerpflichtig mache.

Infolge einer Aufforderung des Vorsitzenden des Berufungssenates der belangten Behörde, wonach die Bescheide des Finanzamtes fälschlich an die Stadtwerke und nicht an die Stadtgemeinde mit dem Zusatz "Stadtwerke" ergangen seien, erließ das Finanzamt am 25. Februar 1993 "gemäß § 293 BAO berichtigte", an die "Stadtgemeinde ...-Stadtwerke" zu Handen des Bürgermeisters adressierte, im übrigen gleichlautende Bescheide.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, an die "Stadtgemeinde ...-Stadtwerke" zu Handen des Bürgermeisters gerichteten Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der "Stadtgemeinde ...-Stadtwerke"" als unbegründet ab. In der Begründung des Bescheides verwies die belangte Behörde auf die Berichtigung der Bescheide des Finanzamtes und vertrat die Ansicht, daß gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. e Vermögensteuergesetz, anders als nach § 1 Abs. 2 Z. 2 KStG (1988) nicht der Betrieb gewerblicher Art der Körperschaft öffentlichen Rechts Steuersubjekt sei, sondern die Körperschaft öffentlichen Rechts selbst. Die unrichtige Bezeichnung des Steuersubjektes durch das Finanzamt sei durch die Berichtigungsbescheide beseitigt worden.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf mängelfreie Benennung des Bescheidadressaten, Unterbleiben eines Parteienwechsels im Berufungsverfahren, verfassungskonforme Gesetzeshandhabung und Freiheit von der Steuerpflicht nach dem Erbschaftssteueräquivalentgesetz verletzt. Sie behauptet Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung der Stadtwerke als unbegründet abgewiesen, ist ebenso unrichtig, wie ihre Behauptung, sie sei erstmals im angefochtenen Bescheid zum Subjekt des Erbschaftssteueräquivalents erklärt worden.

Im angefochtenen Bescheid wird nicht die Berufung der Stadtwerke, sondern die Berufung der

"Stadtgemeinde ...-Stadtwerke" abgewiesen.

Zum Subjekt des Erbschaftssteueräquivalents wurde die Beschwerdeführerin unter der Bezeichung

"Stadtgemeinde ...-Stadtwerke" (spätestens) durch die oben erwähnten Berichtigungsbescheide vom 25. Februar 1993 erklärt. Die belangte Behörde hat die Berichtigungsbescheide in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich angeführt. In der Beschwerde wird nicht bestritten, daß diese Berichtigungsbescheide vom Finanzamt erlassen wurden. Durch einen Berichtigungsbescheid, der selbst rechtsmittelfähig ist, wird der berichtigte Bescheid ergänzt, weshalb die belangte Behörde von dem solcherart berichtigten Bescheid auszugehen hatte und auch der Verwaltungsgerichtshof seiner Prüfung den berichtigten Inhalt des Bescheides des Finanzamtes zugrunde zu legen hat (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung Handbuch, 695 f; VwSlg. 12329 A/1986), solange der Berichtigungsbescheid nicht aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, daß dergleichen der Fall wäre. Da sich die Beschwerde nicht gegen einen letztinstanzlichen Bescheid im Berichtigungsverfahren richtet, ist dem Verwaltungsgerichtshof auch die Beurteilung der Frage entzogen, ob die Berichtigung zu Recht erfolgt ist oder nicht.

Geht man aber vom berichtigten Bescheidinhalt aus, so hat das Finanzamt bereits in der Steuerfestsetzung die Stadtgemeinde, also die Beschwerdeführerin, als Steuerpflichtigen bezeichnet und nicht erstmals die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid.

Im Hinblick auf den Berichtigungsbescheid und die damit übereinstimmende, eindeutige Bezeichnung des Bescheidadressaten im angefochtenen Bescheid, kommt der Anführung der Steuernummer der "Stadtwerke ..." in allen Bescheiden, auch dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, für die Auslegung der Bescheide hinsichtlich des Bescheidadressaten keine Bedeutung zu.

Die Begründung der Beschwerdeführerin für die von ihr behauptete Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde ist daher verfehlt.

Zutreffend ist die Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde insofern, als - auch nach der Lage der vorgelegten Verwaltungsakten - (allein) die "Stadtwerke ..." Berufung erhoben haben. Ein im Verwaltungsverfahren erstatteter Schriftsatz, in dem sich die "Stadtgemeinde" als Berufungswerber bezeichnete, ist den Verwaltungsakten nicht entnehmbar.

Es ist daher zu prüfen, ob die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid nicht aus einem anderen als von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Grund, nämlich deshalb anhaftet, weil eine Berufung der Stadtgemeinde, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde, von der Stadtgemeinde nie erhoben wurde:

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich aber aus der Bezeichnung des Steuerpflichtigen mit "Firma Stadtwerke ..." im vorliegenden Fall keineswegs, daß damit ein Unternehmen, dem Rechtspersönlichkeit nicht zukommt, als Bescheidadressat gemeint war und nicht der Rechtsträger dieses Unternehmens. Die Berufungswerberin "Stadtwerke ..." entnahm diese Bezeichnung nämlich den Bescheiden des Finanzamtes vom 4. März 1991, in denen der Steuerpflichtige als "Firma Stadtwerke ..." bezeichnet war. Unter dieser Firma ist die Stadtgemeinde (Beschwerdeführerin) mit ihrem Unternehmen im Firmenbuch (früher Handelsregister) eingetragen. Die Firma ist gemäß § 17 HGB der Name des Kaufmanns, unter dem dieser im Handel sein Geschäft betreibt und unter dem er klagen und verklagt werden kann. Wenn auch die betreffende Steuerangelegenheit kein "Geschäft im Handel" sein mag, so brachte das Finanzamt durch die Wahl der Adreßbezeichnung "Firma Stadtwerke ..." doch zum Ausdruck, daß es in Wahrheit den Kaufmann meint, der im Handelsregister unter diesem Namen mit seinem Unternehmen eingetragen ist, also den Inhaber des Unternehmens und damit die Gemeinde. Wenn die Berufungswerberin nun diese Bezeichnung in ihrem Berufungsschriftsatz übernommen hat, darf davon ausgegangen werden, daß sie mit dieser Bezeichnung ebenso wie das Finanzamt die Stadtgemeinde als Inhaber des Unternehmens meinte.

Folglich durfte die belangte Behörde auch davon ausgehen, daß hier eine Berufung der Stadtgemeinde und nicht die Berufung eines Unternehmens ohne Rechtspersönlichkeit vorlag. Die belangte Behörde hat daher durch ihre Erledigung einer Berufung der Stadtgemeinde ihre funktionelle Zuständigkeit nicht deshalb überschritten, weil eine Berufung der Stadtgemeinde gar nicht vorgelegen wäre (vgl. das Erkenntnis vom 4. April 1990, 89/13/0190).

Eine Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.

Der Beschwerdeführerin ist jedoch hinsichtlich des Beschwerdegrundes inhaltlicher Rechtswidrigkeit beizupflichten:

Die Steuerpflicht nach dem Erbschaftssteueräquivalentgesetz trifft gemäß dessen § 1 nur juristische Personen, die nach dem Vermögensteuergesetz 1954 vermögensteuerpflichtig sind. Auch Körperschaften des öffentlichen Rechts sind juristische Personen.

Entscheidend ist daher, ob die Steuerpflicht nach dem Vermögensteuergesetz die Gemeinde (Körperschaft des öffentlichen Rechts) trifft oder ihr Unternehmen, das selbst keine juristische Person ist.

Ein dem letztgenannten Fall vergleichbarer ergibt sich für die Körperschaftsteuerpflicht der Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 KStG 1988 und § 1 Abs. 1 Z. 6 KStG 1966. Erst im KStG 1988 bediente sich der Gesetzgeber der Technik der Fiktion ("als Körperschaften gelten ... Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts"). Der Betrieb gewerblicher Art stellt an sich ein Sondervermögen der Körperschaft des öffentlichen Rechts dar, das keine eigene Rechtsfähigkeit besitzt, und von dem schon auf Grund des § 1 Abs. 1 Z. 6 KStG 1966 davon ausgegangen wurde, daß er und nicht die Körperschaft des öffentlichen Rechts steuerpflichtig ist. Hieß es doch in dieser Gesetzesstelle, daß Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts körperschaftsteuerpflichtig sind (vgl. das Erkenntnis vom 7. Juni 1972, 763/70, und vom 28. Jänner 1976, 1021/74, 2354/75; Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I4, 223; Putschögl-Bauer-Quantschnigg, Die Körperschaftsteuer, Rz 4 zu § 2; Mayr, Wer ist Steuersubjekt zur Körperschaftsteuer bei den Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts? ÖStZ 1977, 82 ff). Der gegenteiligen Meinung des Bundesfinanzhofes ab dessen Urteil vom 17. März 1974, BStBl. 1974 II S 391, hat sich in Österreich bisher weder die Lehre noch die Rechtsprechung angeschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich hiezu auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt. Die Gesetzestechnik der Fiktion im Körperschaftsteuergesetz 1988 ist daher - entgegen der Meinung der belangten Behörde - nicht dafür entscheidend, daß der Betrieb gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts Steuersubjekt ist. Maßgeblich ist vielmehr, daß das Gesetz die Steuerpflicht dem Betrieb gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts zuweist und nicht der Körperschaft des öffentlichen Rechts für ihren Betrieb gewerblicher Art. Die Wortwahl des Gesetzgebers in § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. e Vermögensteuergesetz in der Fassung BGBl. 1987/606

(3. Abgabenänderungsgesetz 1987) ist der Wortwahl in § 1 Abs. 1 Z. 6 KStG 1966 durchaus vergleichbar, heißt es doch in der erstgenannten Vorschrift:

"Unbeschränkt vermögensteuerpflichtig sind ...

folgende ... Vermögensmassen ... Elektrizitäts-, Gas- und

Fernwärmeversorgungsunternehmen von Körperschaften des

öffentlichen Rechts ..."

und in der zuletzt genannten Vorschrift:

"Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind ...

folgende ... Vermögensmassen ... Betriebe gewerblicher Art von

Körperschaften des öffentlichen Rechts ..."

Auch im Vermögensteuergesetz ist keine Rede davon, daß die Steuerpflicht die Körperschaft für ihr Elektrizitätsunternehmen trifft. Die Steuerpflicht wird vielmehr durch den Gesetzgeber dem Unternehmen der Körperschaft auferlegt. Dieses Unternehmen ist daher Steuersubjekt und insofern (zumindest vor den Abgabenbehörden) parteifähig. Ob im Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts in derartigen Fällen - im Hinblick auf § 62 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 9 AVG - die Trägerkörperschaft als Beschwerdeführer aufzutreten hätte (so Mayr, aaO), bedarf im Beschwerdefall keiner Erörterung.

Die Materialien zum 3. AbgÄG 1987 (Regierungsvorlage 277 BlgNR 17. GP, 9 und 10; Bericht des Finanzausschusses 386 BlgNR 17. GP, 2) bieten keinen Anhaltspunkt für eine vom Wortlaut abweichende Absicht des Gesetzgebers. Ist doch auch darin nur von einer Steuerpflicht von Unternehmen die Rede und von der Absicht steuerlicher Gleichstellung von bestimmten Unternehmen, die sich im wesentlichen in öffentlicher Hand befinden, mit privaten Unternehmen. Daß der Gesetzgeber entgegen dem von ihm gewählten Wortlaut des Gesetzestextes - im Interesse der Gleichstellung - zum Steuerpflichtigen nicht das Unternehmen der öffentlichen Hand machen wollte, sondern die Körperschaft des öffentlichen Rechts selbst, ist diesen Erläuterungen nicht entnehmbar. Auch der Gleichheitsgrundsatz zwingt zu keiner vom Wortlaut abweichenden Interpretation.

Die Vermögensteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. e Vermögensteuergesetz trifft daher das Unternehmen der Körperschaft des öffentlichen Rechts und nicht diese selbst. Da die Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht vermögensteuerpflichtig ist, trifft sie auch nicht die Steuerpflicht nach § 1 Erbschaftssteueräquivalentgesetz.

Das Unternehmen seinerseits ist nach dem zuletzt genannten Gesetz nicht steuerpflichtig, weil es keine juristische Person ist.

Die Beschwerdeführerin unterliegt daher nicht der Steuerpflicht nach dem Erbschaftssteueräquivalentgesetz.

Durch ihre gegenteilige Rechtsmeinung verkannte die belangte Behörde die Rechtslage und belastete den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, was zu dessen Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG führen mußte.

Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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