Normen
BAO §115;
BAO §166;
BAO §169;
BAO §307 Abs1;
BAO §115;
BAO §166;
BAO §169;
BAO §307 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Eine von der Beschwerdeführerin betriebene Videothek wurde im Jahre 1986 an einen Heinz M. veräußert. Über diesen Verkauf wurde ein mit 1. September 1986 datierter Vertrag errichtet, in welchem der Kaufpreis mit S 800.000,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer angegeben wurde. Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde dem Prüfer bekannt, daß Heinz M., der Käufer der Videothek, am 15. Mai 1987 als Beschuldigter vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien angegeben hatte, daß der tatsächliche Kaufpreis für die Videothek S 2,000.000,-- betragen habe, was Heinz M. im Zuge seiner Vernehmung durch den Betriebsprüfer am 4. Juli 1991 diesem bestätigte. Der vom Prüfer vernommene Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin bestritt die Angaben des Heinz M. und erklärte, nicht mehr als den im schriftlichen Vertrag angeführten Kaufpreis erhalten zu haben; seine Gattin und sein Sohn, deren zeugenschaftliche Vernehmung der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin anbot, bestätigten dessen Angaben vor dem Prüfer. Die vom Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin aus Anlaß seiner Vernehmung durch den Betriebsprüfer getroffene Aussage, Heinz M. habe seine Aussage über die Bezahlung von S 2,000.000,-- für die Videothek nachträglich widerrufen, wurde von Heinz M. in Abrede gestellt, welcher seine Aussage über die Bezahlung von S 2,000.000,-- für die Videothek bekräftigte. Im Zuge des Prüfungsverfahrens kam hervor, daß Heinz M. am Tage der Bezahlung des ersten Teilbetrages des Kaufpreises für die Videothek nachweislich einen Betrag von S 2,000.000,-- bei einem Geldinstitut behoben hatte und daß Heinz M. im Jahre 1986 insgesamt acht Videotheken erworben hatte, wobei in allen Fällen im Kaufvertrag ein niedrigerer als der tatsächlich bezahlte Kaufpreis angegeben worden war; alle übrigen Videothekenverkäufer gestanden in der Folge ein, daß tatsächlich ein höherer als der in den Kaufverträgen aufscheinende Preis bezahlt worden war, und legten über die Differenzbeträge nachträglich berichtigte Rechnungen vor. Der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin blieb demgegenüber bei der von ihm gegebenen Darstellung, nicht mehr als den im schriftlichen Vertrag enthaltenen Kaufpreis erhalten zu haben.
Der Prüfer schenkte den Angaben des Heinz M. im Zusammenhalt mit den vorliegenden Prüfungsergebnissen mehr Glauben als der Aussage des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin und den Aussagen von dessen Gattin und Sohn und nahm auf der Basis der Annahme eines Veräußerungserlöses für die Videothek von S 2,000.000,-- die daraus resultierenden steuerlichen Hinzurechnungen vor.
Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und erließ gemäß § 303 Abs. 4 BAO Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens, betreffend Umsatzsteuer, Feststellung von Einkünften und Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages, jeweils für das Jahr 1986, und dementsprechende Sachbescheide unter Einschluß eines Verspätungszuschlagsbescheides bezüglich Umsatzsteuer 1986.
Die Beschwerdeführerin erhob mit Schriftsatz vom 10. April 1992 eine Berufung, in deren Betreff ihre Eingabe als "Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1986 und den Bescheid über die Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1986 sowie gegen den Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 1986 sowie gegen den Bescheid über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen" bezeichnet wird und in welcher sie der Beweiswürdigung des Prüfers über die Höhe des Veräußerungserlöses für die Videothek entgegentrat. In einem ergänzenden Schriftsatz an die belangte Behörde vom 22. April 1993 bestritt die Beschwerdeführerin erstmals die Berechtigung der Behörde zur Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Behauptung, daß Wiederaufnahmegründe nach § 303 Abs. 4 BAO nicht vorlägen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Wiederaufnahmebescheide als unzulässig zurück und die gegen die Sachbescheide erhobene Berufung als unbegründet ab. Begründend vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß Berufung gegen die Wiederaufnahmebescheide verspätet erhoben worden sei, während die belangte Behörde bezüglich der Sachbescheide der erstinstanzlichen Beurteilung beitrat, daß von der Beschwerdeführerin für den Verkauf der Videothek tatsächlich nicht bloß der im schriftlichen Kaufvertrag genannte Preis sondern ein Betrag von S 2,000.000,-- vereinnahmt worden sei. Heinz M. habe bei der Einvernahme durch den Untersuchungsrichter eine glaubwürdige Rekonstruktion der Verwendung der ihm von einem Dritten zur Verfügung gestellten Gelder gegeben. Aus welchem Grunde Heinz M. in dem gegen ihn eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren die Unwahrheit gesagt haben sollte, sei nicht einsichtig. Habe sich Heinz M. mit seiner Aussage doch der finanzstrafrechtlichen Verfolgung wegen der Beteiligung an einem Finanzvergehen ausgesetzt. Die Gattin des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin habe zu einem späteren Zeitpunkt die Videothek vom nachmaligen Masseverwalter des am Unternehmen des Heinz M. beteiligten Dritten zu einem Preis von S 1,500.000,-- inklusive Umsatzsteuer wieder zurückgekauft. Sämtliche Verkäufer der übrigen sieben im Jahre 1986 von Heinz M. angekauften Videotheken hätten den Erhalt höherer als der in den schriftlichen Verträgen angegebenen Kaufpreise zugestanden. Der Sohn des Geschäftsführers der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin habe nach eigenen Angaben Wahrnehmungen über den Abschluß gar nicht gemacht, sondern sich nur auf Informationen durch seinen Vater bezogen. Die von Heinz M. im Detail bei seiner niederschriftlichen Aussage dargestellte Zahlungsabwicklung erscheine durchaus glaubhaft, weil sie mit der Tatsache der Behebung eines Betrages von S 2,000.000,-- am Tage der Leistung der ersten Kaufpreisrate in Einklang zu bringen sei und die von Heinz M. gegebene Darstellung, einen Betrag von S 200.000,-- zunächst zurückbehalten zu haben, auch mit den im schriftlichen Vertrag festgehaltenen Zahlungsmodalitäten insoweit übereinstimme. Der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Beschwerdeführerin habe zudem im Zuge des Ermittlungsverfahrens in einem Punkt nachgewiesenermaßen die Unwahrheit insofern gesagt, als er behauptet habe, nicht zu wissen, wer die Videothek zurückgekauft habe; tatsächlich sei sie von seiner Frau zurückgekauft worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt; ihrem Vorbringen nach erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten darauf als verletzt, daß ihre Berufung gegen die Wiederaufnahmebescheide nicht zurückgewiesen und daß der Besteuerung der Streitjahre nicht die Annahme eines Veräußerungserlöses von S 2,000.000,-- für die verkaufte Videothek zugrunde gelegt werde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 307 Abs. 1 BAO ist mit dem die Wiederaufnahme verfügenden Bescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheids die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Auch wenn die zitierte Gesetzesbestimmung die Verbindung des Wiederaufnahmebescheides mit dem neuen Sachbescheid anordnet, so ist doch jeder dieser beiden Bescheide für sich einer Berufung zugänglich, wie auch jeder dieser Bescheide für sich der Rechtskraft teilhaftig werden kann (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 1995, 93/15/0119, und vom 20. September 1995, 95/13/0011).
Im Beschwerdefall brachten die erstinstanzlichen Sammelbescheide deutlich und unmißverständlich auch die Verfügung der Wiederaufnahme des jeweiligen Verfahrens als eigenständige Entscheidungen zum Ausdruck. Die von einem berufsmäßigen Parteienvertreter eingebrachte Berufung wurde entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ausdrücklich nur gegen die Sachbescheide erhoben und hat die Wiederaufnahmebescheide nicht erwähnt. Auf Grund dieser dem § 250 Abs. 1 BAO entsprechenden klaren und deutlichen Bezeichnung der angefochtenen Bescheide in der Berufung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde diese Rechtsmittel zutreffend als ausschließlich gegen die Sachentscheidungen gerichtet angesehen und dementsprechend die erst außerhalb der Frist des § 245 Abs. 1 BAO unternommene Bekämpfung auch der Wiederaufnahmebescheide durch den Schriftsatz vom 22. April 1993 gemäß § 278 BAO zurückgewiesen.
Im Umfang der Bekämpfung der Sachbescheide ficht die Beschwerdeführerin die behördliche Beweiswürdigung an. Diese ist jedoch der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nur dahin unterworfen, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind, was dann der Fall ist, wenn sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen, ohne daß es dem Gerichtshof zukäme, die vorgenommene Beweiswürdigung der belangten Behörde darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom 6. April 1995, 93/15/0077, vom 20. Juni 1995, 91/13/0063, und vom 27. September 1995, 90/13/0054).
Daß die behördliche Beweiswürdigung gegen die Denkgesetze oder gegen allgemein menschliches Erfahrungsgut verstieße, zeigt das Beschwerdevorbringen ebensowenig auf wie eine Unzulänglichkeit des behördlichen Ermittlungsverfahrens. Wenn die Beschwerdeführerin es den "starken Persönlichkeitsmerkmalen" des Heinz M. zuschreibt, daß es diesem gelungen war, zahlreiche "redliche Verkäufer zu einer verpönten steuerschonenden Handlungsweise zu verleiten", dann verkennt sie offensichtlich die wirtschaftliche Interessenlage an der Leistung schwarz bezahlter Kaufpreisanteile, weil regelmäßig nicht der Käufer, sondern der Verkäufer es ist, der aus nicht deklarierten Kaufpreisanteilen wirtschaftlichen Vorteil zieht. Der von der Beschwerdeführerin im gegebenen Zusammenhang behauptete Erfahrungssatz, "das Normale bei einem Menschen" sei "seine Steuerehrlichkeit", findet in der forensischen Praxis der mit Abgabensachen befaßten Senate des Verwaltungsgerichtshofes keine rechte Bestätigung. Konnte sich die belangte Behörde auf den unbestrittenen Umstand der Behebung eines Betrages von S 2,000.000,-- durch Heinz M. am Tage der Leistung der ersten Kaufpreisrate stützen, dann reicht das Gewicht dieses Indizes im Zusammenhalt mit den übrigen von der belangten Behörde ins Treffen geführten Umständen dazu aus, die behördliche Beweiswürdigung über den von der Beschwerdeführerin lukrierten Veräußerungserlös für die Videothek dem Vorwurf der Unschlüssigkeit nicht auszusetzen. Angesichts des Vorliegens gerichtlicher Vernehmungsprotokolle begründete es auch keine relevante Mangelhaftigkeit des Verfahrens, daß Heinz M. im abgabenbehördlichen Verfahren als Auskunftsperson und nicht als Zeuge vernommen wurde, wozu noch kommt, daß die Beschwerdeführerin, wie die belangte Behörde ihr in der Gegenschrift zutreffend erwidert, einen dahingehenden Beweisantrag gar nicht gestellt hatte. Gleiches gilt für die von der Beschwerdeführerin vermißte Vernehmung des am Unternehmen des Heinz M. beteiligten Dritten und für die von der Beschwerdeführerin vermißte Gegenüberstellung des Heinz M. mit dem Geschäftsführer ihrer Komplementärgesellschaft, wozu noch kommt, daß eine solche Gegenüberstellung Divergentes bekundender Personen in den Abgabenverfahrensgesetzen gar nicht vorgesehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 1995, Zl. 95/13/0030). Weshalb die belangte Behörde schließlich verpflichtet gewesen sein sollte, die Verkäufer anderer Videotheken im Beschwerdefall zu vernehmen, bleibt vollends dunkel, nachdem auch die Beschwerdeführerin nicht bestreitet, daß diese anderen Verkäufer nicht deklarierte Kaufpreisanteile lukriert hatten.
Soweit das Beschwerdevorbringen eine Rechtsrüge enthält, geht diese von einem anderen als dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt aus und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
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