VwGH 93/10/0195

VwGH93/10/019522.12.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 22. Juli 1993, Zl. 67.039/1-VI/B/7b/93, betreffend Entziehung des Rechtes zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer gemäß § 31 Weingesetz 1985, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13a;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
AVG §52;
WeinG 1985 §31 Abs9 Z1;
WeinG 1985 §39 Abs1;
WeinG 1985 §47;
AVG §13a;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
AVG §52;
WeinG 1985 §31 Abs9 Z1;
WeinG 1985 §39 Abs1;
WeinG 1985 §47;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 13. Mai 1993 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die staatliche Prüfnummer E xxxx/92 für 10.000 l Qualitätswein der Sorte Welschriesling (Herkunft: Neusiedlersee/Seewinkel/Burgenland).

Am 26. April 1993 wurde bei einer Nachschau durch den Bundeskellereiinspektor eine Probe dieses Weines gezogen und dieser mit der Begründung, daß er "kostmäßig" nicht einem Qualitätswein entspreche, beanstandet. Der Beschwerdeführer erklärte (dem Inhalt der über die Amtshandlung aufgenommenen Niederschrift zufolge), mit dem Ergebnis der Probenziehung nicht einverstanden zu sein; er beabsichtige, die amtliche Gegenprobe untersuchen zu lassen.

Im Zuge der Untersuchung des Weines durch die Bundesanstalt für Weinbau wurde dieser einer kommissionellen Sinnenprobe unterzogen. Die amtliche Weinkostkomission beurteilte den Wein als fehlerhaft und nicht den sensorischen Anforderungen an Qualitätswein mit der oben wiedergegebenen Bezeichnung entsprechend. Das Produkt sei daher, weil es kostmäßig nicht der Eigenart eines Qualitätsweines mit dieser Bezeichnung entspreche, als falsch bezeichnet (§§ 29 Abs. 3 Z. 4, 65 Abs. 3 Z. 2 WeinG) zu beurteilen.

Mit dem am 21. Juni 1993 zugestellten Vorhalt teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer unter Anschluß des Untersuchungszeugnisses mit, die Untersuchung des Weines habe ergeben, daß dieser entgegen § 29 Abs. 1 Z. 4 WeinG nicht die der Bezeichnung entsprechende und typische Eigenart aufweise; er entspreche sensorisch nicht den Anforderungen an einen Qualitätswein. Unter Hinweis darauf, daß der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 31 Abs. 1 WeinG das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer zu entziehen hat, wenn sich nachträglich herausstellt, daß der Wein den Voraussetzungen für die Erteilung einer staatlichen Prüfnummer nicht oder nicht mehr entspricht, räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit ein, binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer äußerte sich gegenüber der belangten Behörde nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid entzog diese gemäß § 31 Abs. 9 Z. 1 WeinG das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer E 7150/92. Begründend vertrat sie unter Hinweis auf das Untersuchungsergebnis die Auffassung, daß der Wein entgegen § 29 Abs. 1 Z. 4 WeinG nicht die der Bezeichnung entsprechende typische Eigenart aufweise; er entspreche sensorisch nicht den Anforderungen an einen Qualitätswein. Innerhalb der gesetzten Frist sei keine Stellungnahme zum Untersuchungsergebnis erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die belangte Behörde hätte ihn - über den Vorhalt des Untersuchungsergebnisses hinaus - "zusätzlich darüber belehren und aufklären müssen, und zwar in der Regel mündlich", daß dieses Untersuchungsergebnis durch Gegengutachten und durch weitere Untersuchungszeugnisse der Bundesanstalt für Weinbau entkräftet werden könne, und daß derartige Gegengutachten und Untersuchungsergebnisse der belangten Behörde und nicht einer anderen Behörde vorzulegen seien. Überdies sei die von der belangten Behörde eingeräumte Frist von 14 Tagen im Hinblick darauf, daß allenfalls ein Untersuchungszeugnis eingeholt werden müsse, unangemessen kurz gewesen. Wäre der Beschwerdeführer vorgeladen und dahingehend belehrt worden, hätte er ein Untersuchungszeugnis vorgelegt, das nachgewiesen hätte, daß der Wein den sensorischen Anforderungen an Spätlesewein mit der verwendeten Bezeichnung entspreche.

Nach § 37 AVG ist es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Sache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.

Der in den zitierten Vorschriften normierten Verpflichtung ist die belangte Behörde durch Übermittlung des Untersuchungszeugnisses an den Beschwerdeführer, die zusammenfassende Mitteilung des Untersuchungsergebnisses und die Einräumung der Gelegenheit zur Stellungnahme unter Fristsetzung nachgekommen. Auch aus § 13a AVG, wonach die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren hat, kann nicht abgeleitet werden, daß die belangte Behörde auf die Möglichkeit der Einholung eines "Gegengutachtens" gesondert hätte hinweisen müssen. Die in § 13a AVG normierte Manuduktionspflicht der Behörde geht nicht soweit, daß die Partei angeleitet werden müßte, Beweisanträge bestimmten Inhaltes zu stellen oder bestimmte Beweismittel beizubringen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 25. April 1990, Zlen. 90/08/0067, 0068, und vom 27. März 1991, Zl. 90/10/0215). Im Beschwerdefall bestand zu der von der Beschwerde vermißten Anleitung überdies deshalb kein Anlaß, weil der Beschwerdeführer bereits bei der Probenziehung am 26. April 1993 angekündigt hatte, er werde die amtliche Gegenprobe untersuchen lassen.

Soweit der Beschwerdeführer die Belehrung vermißt, daß eine Stellungnahme gegenüber der belangten Behörde und nicht gegenüber einer anderen Behörde, insbesondere der Bezirkshauptmannschaft, zu erfolgen habe, ist ihm zu erwidern, daß die Behörde den Parteien (nur) die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen NÖTIGEN Anleitungen zu geben hat. Der Umstand, daß die Stellungnahme, zu der eine Partei aufgefordert wird, bei der auffordernden Behörde und nicht bei einer anderen Behörde einzubringen sei, liegt für jedermann klar auf der Hand. Bei der von der Beschwerde vermißten Belehrung handelte es sich somit nicht um eine zur Vornahme einer Verfahrenshandlung NÖTIGE Anleitung. Die Verfahrensrüge ist im übrigen schon deshalb nicht recht verständlich, weil der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, daß er Beweismittel (wegen des Fehlens einer Anleitung) einer anderen Behörde, insbesondere der Bezirkshauptmannschaft, vorgelegt habe.

Zu seinen Darlegungen, die eingeräumte Frist zur Stellungnahme von 14 Tagen sei unangemessen kurz gewesen, ist der Beschwerdeführer zunächst neuerlich darauf zu verweisen, daß er bereits am 21. April 1992 die Untersuchung der Gegenprobe angekündigt hatte. Er ist weiters auf die (im vorliegenden Fall nicht wahrgenommene) Möglichkeit eines Fristverlängerungsantrages sowie darauf zu verweisen, daß ihm selbst vom Zeitpunkt des Vorhaltes an gerechnet bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am 25. August 1993 tatsächlich ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten zur Beweisantretung zur Verfügung stand. Auch unter dem Gesichtspunkt der Einräumung einer ausreichenden Frist zur Stellungnahme ist somit nicht ersichtlich, daß dem Beschwerdeführer das Parteiengehör nicht ordnungsgemäß eingeräumt worden wäre.

Die Beschwerde macht weiters geltend, die belangte Behörde hätte den Wein keiner kommissionellen Sinnenprobe unterziehen dürfen. Die Entziehung der staatlichen Prüfnummer sei in § 31 WeinG geregelt. Diese Vorschrift sehe die Erstattung eines Gutachtens durch eine Untersuchungsanstalt nicht ausdrücklich vor; diese sei daher nicht zulässig. Auch wenn man dieser Auffassung nicht folge, sei für das Entziehungsverfahren ausschließlich eine analytische oder sonstige wissenschaftliche Untersuchung, nicht aber eine kommissionelle Sinnenprobe zulässig. Dies ergebe sich aus § 50 Abs. 2 WeinG, wonach der Wein nur dann einer kommissionellen Sinnenprobe zu unterziehen sei, wenn zur Durchführung der in Abs. 1 umschriebenen Aufgaben die analytische oder sonstige wissenschaftliche Untersuchung und die Untersuchung durch Sinnenproben durch die Untersuchungsanstalt nicht ausreiche. Das Ergebnis der kommissionellen Sinnenprobe hätte somit für die Beurteilung nicht herangezogen werden dürfen.

Diese Auffassung kann nicht geteilt werden.

§ 29 WeinG regelt, unter welchen Voraussetzungen Wein unter der Bezeichnung "Qualitätswein" in Verkehr gebracht werden darf. Nach § 31 Abs. 1 erster Satz WeinG ist die staatliche Prüfnummer das Zeichen, das dazu bestimmt ist, österreichischen Qualitätswein und Prädikatswein zu kennzeichnen. Nach dem zweiten und dritten Satz der soeben zitierten Vorschrift ist zur Erlangung einer staatlichen Prüfnummer eine Probe des Weines den in der Anlage 1 angeführten Untersuchungen zu unterziehen; es dürfen jedoch weitere erforderliche Untersuchungen durchgeführt werden. Nach § 31 Abs. 9 Z. 1 WeinG hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dem Verfügungsberechtigten das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer zu entziehen, wenn sich nachträglich herausstellt, daß die gemäß Abs. 4 erster Satz erforderlichen Angaben unrichtig waren oder der Wein den Voraussetzungen für die Erteilung einer staatlichen Prüfnummer in sonstiger Weise nicht oder nicht mehr entspricht.

Nach § 39 Abs. 1 WeinG sind die Betriebsinhaber (Stellvertreter, Beauftragte) verpflichtet, auf Verlangen des Bundeskellereiinspektors anläßlich der Nachschau Proben zur Kost oder zur Untersuchung auszufolgen oder dem Bundeskellereiinspektor die Entnahme von Proben zu gestatten.

Gemäß § 47 Abs. 1 bis 4 WeinG hat der Bundeskellereiinspektor die gemäß § 39 entnommenen Proben zur Untersuchung an die Landwirtschaftlich-chemische Bundesanstalt in Wien oder die Bundesanstalt für Weinbau in Eisenstadt unter der von ihm zugeteilten Einlaufnummer einzusenden. Die Bundesanstalt hat die von den Bundeskellereiinspektoren eingesendeten Proben zu untersuchen und innerhalb von sechs Wochen einen Befund und ein Gutachten den Bundeskellereiinspektoren, die die Proben eingesendet haben, abzugeben. Dem Gutachten der Bundesanstalt sind die Ergebnisse der analytischen oder sonstigen wissenschaftlichen Untersuchung des Weines und dessen Untersuchung durch Sinnenprobe zugrunde zu legen (Vollgutachten). Die Untersuchung durch Sinnenprobe darf entfallen, wenn ihre Durchführung nach der Natur der Probe zur Beurteilung des Falles nicht beizutragen vermag. Die Sinnenprobe ist kommissionell vorzunehmen. Hiezu sind bei der Bundesanstalt nach Bedarf amtliche Weinkostkommissionen einzurichten.

Schon die Wiedergabe des Wortlautes jener Vorschriften, die die Tätigkeit des Bundeskellereiinspektors und der Untersuchungsanstalten betreffen, zeigt, daß die oben wiedergegebene Auffassung der Beschwerde im Gesetz keine Grundlage findet. Aus den zitierten Vorschriften folgt sowohl die Zulässigkeit der Probenziehung durch den Bundeskellereiinspektor als auch die Zulässigkeit der Untersuchung durch die Bundesanstalt einschließlich der kommissionell vorzunehmenden Sinnenprobe durch die amtliche Weinkostkommission, auf deren Ergebnis die belangte Behörde bei der Beurteilung der rechtlichen Voraussetzungen der Entziehung des Rechtes zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer Bedacht zu nehmen hatte. Die Auffasssung der Beschwerde, daß ein Verbot der Verwertung von Beweismitteln bestünde, die nicht in der jeweils anzuwendenden materiellen Rechtsvorschrift aufgezählt sind, findet in der Rechtsordnung keine Grundlage. Ebensowenig kann davon die Rede sein, daß § 50 WeinG ein Beweismittelverwertungsverbot - wie die Beschwerde unterstellt - entnommen werden könnte. § 50 WeinG beinhaltet eine Verordnungsermächtigung im Zusammenhang mit der Bestimmung von Untersuchungsanstalten der Gebietskörperschaften und deren Ermächtigung zur Durchführung bestimmter Untersuchungen. Im Beschwerdefall liegt kein Anwendungsfall dieser Vorschrift vor.

Die geltend gemachten Rechtswidrigkeiten liegen somit nicht vor. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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