Normen
AVG §52;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2 impl;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §52;
AVG §69 Abs1 litb;
AVG §69 Abs1 Z2 impl;
AVG §69 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens wurde der 1990 geborene Beschwerdeführer am 5. Oktober 1990 gegen Tuberkulose geimpft. Am 24. Jänner 1992 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz, weil er durch die Impfung einen Schaden mit Dauerfolgen erlitten habe bzw. eine Gesundheitsschädigung von mehr als 24 Tagen eingetreten sei. Infolge der Impfung sei eine Lymphknotenschwellung aufgetreten und der resultierende Lymphknoten sei bislang nicht zurückgegangen.
Mit Bescheid vom 4. Mai 1992 wies das Landesinvalidenamt für Oberösterreich den Antrag gemäß §§ 1, 1b, 2, 2a Impfschadengesetz in der geltenden Fassung ab. Dabei ging die Behörde in der Begründung davon aus, daß infolge der Impfung vom 5. Oktober 1990 eine axilläre Lymphknotenschwellung eingetreten und daraufhin eine sechswöchige INH-Behandlung durchgeführt worden sei. Die Lymphknotenschwellung habe keinerlei funktionelle oder sonstige Benachteiligung verursacht. Nach Stellungnahme des leitenden Arztes des Landesinvalidenamtes habe es sich nur um eine Impfreaktion im verstärkten Ausmaß, nicht jedoch um einen Impfschaden gehandelt. Aufgrund dieses Sachverhaltes habe die Impfung keine schwere Körperverletzung im Sinne des § 84 Abs. 1 StGB bewirkt.
Im folgenden Berufungsverfahren, in dem seitens des Beschwerdeführers schwere Schlafstörungen, wochenlang erhebliche Schmerzen, Lymphknotenschwellung, offene Geschwürsbildung und insgesamt eine Gesundheitsschädigung von mehr als 24 Tagen im Sinn des § 84 Abs. 1 StGB geltend gemacht worden waren (Berufung vom 2. Juni 1992), holte die belangte Behörde zur Beurteilung der Frage, ob ein entschädigungspflichtiger Impfschaden im Sinne des § 2a Impfschadengesetz vorliegt, ein Gutachten des Leiters der interen Abteilung der Landes-Kinderklinik Linz ein. Das Gutachten vom 3. Dezember 1992 hat folgenden Wortlaut:
"Das Kind wurde am 5.10.1990 im Alter von 4 Wochen in der Ordination von Herrn Dr. R, Kinderfacharzt in G, an der Außenseite des linken Oberarmes in Schulterhöhe BCG-geimpft. Der Verlauf war laut Angabe der Mutter zunächst vollkommen unauffällig. Ende Jänner zeigte sich an der Impfstelle eine stärkere Schwellung und Rötung sowie kurze Zeit darauf eine leichte Sekretion (Flüssigkeitsabsonderung) aus dieser Impfstelle, die insgesamt ca. 10 Tage lang genäßt hat. Es war dabei nicht erforderlich, einen Wundverband anzubringen und es wurde deshalb auch kein Arzt konsultiert.
Nachdem anläßlich einer Routineuntersuchung beim Herrn Dr. G, prakt.Arzt in A, eine leichte Lymphknotenschwellung in der linken Achselhöhle aufgefallen war, wurde das Kind am 14.2.1991 in der Ordination von Herrn Dr. R in G vorgestellt. Damals zeigte der altersgemäß entwickelte Säugling eine zarte lokale Impfreaktion an der linken Schulter und in der linken Achselhöhle wurde ein gut verschieblicher ca. 4 mm im Durchmesser messender Lymphknoten getastet. Die Diagnose lautete: Lymphadenitis nach BCG-Impfung und es wurde eine Therapie mit INH 2x25 mg. tgl. eingeleitet.
Das Kind wurde am 25.2.1991 in der Säuglingsambulanz der Landes-Kinderklinik Linz vorgestellt. Hier wurde eine blande BCG-Narbe und eine ca. linsengroßes Lymphknötchen in der linken Achselhöhle gefunden. Röntgenaufnahme der Lunge, BB und C-reaktives Protein waren unauff.
Die nächste ambulante Vorstellung in der Landes-Kinderklinik Linz erfolgte am 23.5.1991. Auch dieses Mal war der interne Befund des Kindes unauff., links in Schulterhöhe eine blande Impfnarbe und in der vorderen Axillarfalte ein gut verschiebliches derbes Lymphknötchen von etwa 8 mm Durchmesser. Die INH-Therapie wurde nach insgesamt 6-wöchiger Dauer wieder abgesetzt. In weiterer Folge blieb das Kind beschwerdefrei.
Im Mai 1992 erfolgte ein 2-tägiger stationärerer Aufenthalt an der Kinderabteilung des Landeskrankenhauses V, nachdem zu Hause 2x Blut in der Windel bemerkt worden war. Eine Woche davor hatte das Kind gefiebert. Die Durchuntersuchung im Krankenhaus V ergab nur mehr wenige rote Blutkörperchen im Harn, die Laborwerte waren sämtliche im Normbereich und das Kind wurde ohne Behandlung entlassen. Die BCG-Impfung wird im Arztbrief nicht erwähnt. Es erfolgte eine weitere ambulante Kontrolle im KH. V am 12.5.1992 und am 20.5.1992 mit ebenfalls normalen Befunden. Eine weitere empfohlene Nachuntersuchung 2 Wochen später wurde von den Eltern nicht mehr wahrgenommen.
Bei der jetzigen Vorstellung des Kindes ist dieses kräftig und altersgemäß entwickelt und es sind in der Zwischenzeit keine Krankheiten aufgetreten. Jetzt berichten die Eltern, daß das Kind ca. 2 Wochen nach der erfolgten BCG-Impfung am 5.10.1990 ca. 2 Wochen an starken Schlafstörungen mit stundenlangem nächtlichen Schreien gelitten hätte. Damals wurde aber deshalb kein Arzt konsultiert und zur Zeit der ersten Nachkontolle am 14.2.1991 waren diese Schreianfälle längst abgeklungen.
Das Kind hat derzeit eine Länge von 90,3 cm und das Gewicht beträgt 13 kg. Es ist freundlich, kontaktbereit, spricht bereits einige Worte, der interne Befund ist unauffällig. Im Bereich der linken Schulter besteht eine ca. 1 cm lange zarte Narbe nach BCG-Impfung, in der linken Achselhöhle ist nach wie vor ein ca. linsengroßer derber gegen die Unterlage und gegen die Haut gut verschieblicher glatt begrenzter Lymphknoten zu tasten. Die übrige Lymphstationen sind frei. Leber und Milz nicht vergrößert, Herz und Lunge klinisch o.B. Nachdem erst im Mai 1992 anläßlich des stationären Aufenthaltes im KH. V alle wichtigen Laboruntersuchungen durchgeführt worden sind, wurden diesmal keine Blutuntersuchungen veranlaßt. Auf Grund der heutigen Untersuchung und der vorliegenden Anamnese und vorausgehender Untersuchungsdaten ist festzuhalten, daß es sich bei der Patientin (richtig wohl: Patient) um eine verstärkte Lokalreaktion nach BCG-Impfung gehandelt hat, wie sie laut Literatur bei 1-10 % aller BCG-Impfungen zu erwarten ist. Auch in dem Standardwerk "Infektious Diseases of Children", Herausgeber: Saul Krugman und Mitarbeiter, 8. Ed. Verlag CV Mosley Comp. St. Lois-Toronto-Princetown 1985 werden Nebenwirkungen mit Geschwürbildung in ca. 0,5-3 % aller Impfungen angegeben und die BCG-Primärkomplex.
Nun zur speziellen Beantwortung der gestellten Fragen:
- 1. Hat die am 5.10.1990 verabreichte BCG-Impfung eine verstärkte Impfreaktion oder einen Impfschaden bewirkt?
Antwort:
Es ist eine verstärkte Impfreaktion mit Flüssigkeitsabsonderung aus der Impfstelle und einer lokalen Lymphdrüsenschwellung eingetreten.
- 2. Ist es wahrscheinlich, daß nach der BCG-Impfung bei D schwere Schlafstörungen aufgetreten sind und dieser erhebliche Schmerzen verspürte (vgl. auch Abl. 3)?
Antwort:
Die Schwellung im Bereich der Impfstelle kann durchaus zu einem Druck- und Spannungsgefühl an dieser Stelle geführt haben. Die im nachhinein angeführten Schlafstörungen mit erheblichem Schreien, die aber nicht so schwer gewesen sind, daß ein Arzt konsultiert werden mußte, sind in dieser Altersstufe auch bei gesunden Kindern nicht ungewöhnlich. Eine gewiße Verstärkung solcher nächtlicher Unruhezustände durch die Entzündung an der Impfstelle sind allerdings nicht auszuschließen.
- 2a) Bejahendenfalls wie lange haben diese Zustände angedauert?
Antwort:
Nach Angabe der Mutter mehrere Wochen.
- 3. Trifft es zu, daß die Impfstelle aufgebrochen war und eine offene Geschwürsbildung vorlag?
Antwort:
Laut Angabe der Mutter hat die Impfstelle ca. 10 Tage genäßt, sie war jedoch nicht so stark, daß ein Wundverband angelegt werden mußte.
- 3a) Bejahendenfalls über welchen Zeitraum?
Antwort:
Über 10 Tage
- 4. Ist die durchgeführte INH-Therapie komplikationslos verlaufen oder sind Nebenwirkungen aufgetreten, gegebenenfalls welche?
Antwort:
Die durchgeführte INH-Therapie wurde komplikationslos vertragen. Auf genaueres Befragen gibt die Mutter an, daß das Kind in den ersten Tagen nach Tablettenverabreichung mehrere Male erbrochen hat, was aber nicht als Komplikation dieser Therapie angesprochen werden kann.
- 4a) Falls Nebenwirkungen aufgetreten sind, wie lange haben diese angedauert?
Antwort:
Mehrmaliges Erbrechen in den ersten Tagen der Medikamentenverabreichung.
- 5. Für den Fall, daß Nebenwirkungen im Sinne der Punkt 2. bis 4. oder sonstige aufgetreten sind, handelt es sich hiebei um Zustände mit Krankheitswert im medizinischen Sinn?
Antwort:
Die auch bei gesunden Kindern in den ersten Monaten auftretenden nächtlichen Unruhezustände könnten durch die Impfung verstärkt worden sein. Das Erbrechen am Beginn der Tabletteneinnahme ist nicht als Komplikation zu werten. Beide Zustände haben im medizinischen Sinn keinen nennenswerten Krankheitswert.
- 6. War bzw. wie lange war bei D aufgrund der Impfung Anstaltsbedürftigkeit gegeben? Nach dem Impfschadengesetz ist dieser Zustand auch dann anzunehmen, wenn trotz Anstaltsbedürftigkeit eine häusliche Pflege des Impfgeschädigten erfolgte.
Antwort:
Auf Grund der Impfung war bei D keine Anstaltsbedürftigkeit gegeben und auch die oben erwähnten Nebenwirkungen waren nicht so gravierend, daß deswegen ein Arzt konsultiert werden müßte."
Nachdem der Beschwerdeführer zu diesem Gutachten am 2. Februar 1993 eine Stellungnahme abgegeben hatte, wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 10. März 1993 die Berufung des Beschwerdeführers ab. Dabei erachtete die belangte Behörde das eingeholte Gutachten vom 3. Dezember 1992 als schlüssig und legte es im Rahmen der freien Beweiswürdigung ihrer Entscheidung zugrunde. Es sei zu prüfen gewesen, ob die Impfung eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung zur Folge gehabt habe. Als Gesundheitsschädigung im Sinne des StGB gelte die Herbeiführung oder Verschlimmerung einer Krankheit. Dabei kämen neben körperlichen auch geistig-seelische Leiden in Betracht. Voraussetzung sei aber, daß es sich um Zustände handle, die Krankheitswert im medizinischen Sinne besäßen. Die sechswöchige INH-Therapie sei komplikationslos vertragen und die angegebenen Schlafstörungen hätten aus medizinischer Sicht nicht objektiviert werden können. Auch wenn man die in dieser Altersstufe generell nicht ungewöhnlichen Schlafstörungen als durch die verabreichte BCG-Impfung verstärkt ansehen wolle, so komme diesen dennoch kein nennenswerter Krankheitswert zu. Da auch das leichte Nässen der Impfstelle nur etwa 10 Tage angedauert habe, sei das Vorliegen einer durch die Impfung verursachten länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung im Sinne des § 84 Abs. 1 StGB zu verneinen. Die INH-Therapie an sich könne auch nicht als Gesundheitsschädigung von mehr als 24 Tagen gewertet werden. Da somit keine schwere Körperverletzung vorliege, seien die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 2a Impfschadengesetz (auf einen Pauschalentschädigungsbetrag von S 10.000,--) nicht erfüllt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers seien nicht geeignet gewesen, zu einer anderen Beurteilung zu gelangen.
Mit Schriftsatz vom 26. März 1993 stellte der Beschwerdeführer beim Landesinvalidenamt für Oberösterreich den Antrag auf Wiederaufname des mit Bescheid vom 10. März 1993, Zl. 745.039/2-8/93, abgeschlossenen Verfahrens. Der Beschwerdeführer habe aufgrund des durch die Impfung vom 5. Oktober 1990 erlittenen Schadens gegenüber dem Haftpflichtversicherer Dris. R, der X-Versicherungs-AG, Schadenersatzansprüche geltend gemacht. Zur außergerichtlichen Bereinigung der Schadenersatzansprüche habe die Versicherungs-AG ein medizinisches Gutachten durch einen Universitätsprofessor eingeholt, das dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben der Versicherungs-AG vom 11. März 1993, zugestellt am 15. März 1993, zur Kenntnis gebracht worden sei. Der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag erfolge daher innerhalb offener Frist. Der Gutachter komme in diesem Gutachten vom 22. Februar 1993 zu einer Schmerzbelastung von 40 Tagen leichter Schmerzen. Ausgehend von dieser Schmerzbelastung liege unter Berücksichtigung der Praxis der Strafgerichte zweifelsfrei "eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung" im Sinne des § 84 Abs. 1 StGB und damit die Voraussetzung für einen pauschalierten Schadenersatz nach § 2a Impfschadengesetz vor. Die Vorlage dieses Beweismittels sei im Hinblick auf die Kenntniserlangung durch den Rechtsvertreter erst am 15. März 1993 ohne Verschulden des Beschwerdeführers nicht möglich gewesen. Das Gutachten vom 22. Februar 1993 sei ein Beweismittel, das geeignet gewesen wäre, im abgeschlossenen Verfahren eine anders lautende Entscheidung herbeizuführen. Bei der Beweiswürdigung sei insbesondere zu berücksichtigen, daß es sich bei diesem Gutachten um ein nicht vom Beschwerdeführer eingeholtes Privatgutachten, sondern um eine vom Haftpflichtversicherer, also vom Anspruchsgegner bei den zivilrechtlichen Schadenersatzsansprüchen, in Auftrag gegebenes Gutachten handle.
Das dem Wiederaufnahmeantrag in Ablichtung angeschlossene Gutachten vom 22. Februar 1993 hatte - auszugszweise - folgenden Wortlaut:
"Die Vorgeschichte ist als bekannt vorauszusetzen. Die Impfung wurde durch Dr. R durchgeführt. Es kam ein für die BCG-Impfung nicht zugelassener Impfstoff zur Anwendung, der die Bezeichnung "Immun-BCG-Pasteur-F" und die Chargennr. 5057 getragen hat. Dieser Impfstoff hat eine wesentlich höhere Aktivität als der für die BCG-Impfung zugelassene Impfstoff und wird in der Krebsbehandlung angewendet. Aufgrund bakteriologischer Kriterien wäre die Virulenz mit dem Faktor 10-100 gegenüber dem üblichen BCG-Impfstoff anzugeben. Dieser erhöhten Aktivität entspricht auch die insgesamt beobachtete hohe Komplikationsrate von etwa 50 %. Durchführung der Impfaufklärung und Impftechnik stehen nicht zur Diskussion. Gegenstand des Gutachtens ist nur die durch die fehlerhafte Impfung hervorgerufene Krankheit beim Kind und ihre Bewertung im Sinne der Schmerzbelastung.
D ist am 05.10.90 auf der linken Seite mit dem fehlerhaften Impfstoff geimpft worden. Es entstand eine Impfpustel, welche längere Zeit nicht abheilte. Anfang Feber 91 ist in der linken Achselhöhle ein bohnengroßer Lymphknoten festgestellt worden. Der Lymphknoten ist durch 6 Wochen mit INH behandelt worden. Damals kam es ebenfalls zu einer Konsultation meiner Person und es ist die Behandlung abgesetzt worden, da die Lymphknotenschwellung gering war und die Behandlung bislang wirkungslos geblieben war. Zum jetzigen Zeitpunkt findet sich eine Impfnarbe von 5 mm im Durchmesser und ein knapp bohnengroßer indolenter Lymphknoten in der Mitte der linken Axilla. In den ersten Wochen der Erkrankung hat das Kind auffallend viel geschrieen und war auch nachts unerklärlicher Weise weinend wach.
Aufgrund der geschilderten Situation halte ich folgende
Schmerzbelastung für gegeben:
40 Tage leichte Schmerzen.
Die 2. Frage betrifft die möglichen Spätfolgen dieser Impfung. ..."
Ein ebenfalls dem Wiederaufnahmeantrag angeschlossenes Schreiben des Haftpflichtversicherers an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nimmt auf das Gutachten vom 22. Februar 1993 Bezug und führt hiezu aus, daß sich aus der vom Gutachter vorgenommenen Einschätzung der Schmerzperioden eine Schmerzengeldentschädigung von S 40.000,-- rechtfertige. Eine Abfindungserklärung über S 40.000,-- zur Vorlage an das zuständige Pflegschaftsgericht werde unter einem übermittelt.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag gemäß "§ 69 Abs. 1 lit. b AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991)" abgelehnt. Das vom Antragssteller nunmehr vorgelegte Gutachten enthalte keine Befunde, die nicht schon im abgeschlossenen Verwaltungsverfahren bekannt gewesen und auch berücksichtigt worden wären. So seien auch im Gutachten vom 3. Dezember 1992, das im Rahmen des zweitinstanzlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG dem Beschwerdeführer übermittelt worden sei, sowohl die Impfpustel (bzw. Schwellung und Rötung der Impfstelle und leichte Sekretion aus dieser), der Lymphknoten in der linken Achselhöhle und die sechswöchige INH-Therapie als auch die Schlafstörungen des Beschwerdeführers diagnostiziert worden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könnten nur neue Befundergebnisse einen Wiederaufnahmegrund darstellen, nicht jedoch neue Schlußfolgerungen eines Sachverständigen. Da das im Wiederaufnahmeantrag herangezogene Gutachten keine neuen Tatsachen feststelle und die medizinische Schlußfolgerung über die Schmerzbelastung keinen Wiederaufnahmegrund begründe, sei mangels neuer Befundergebnisse der Wiederaufnahmetatbestand des § 69 Abs. 1 lit. b AVG nicht erfüllt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Bei den neuen Tatsachen und Beweismitteln kann es sich immer nur um den Sachverhalt betreffende Tatsachen und Beweismitteln handeln, die im durchgeführten Verfahren, wenn sie schon damals hätten berücksichtigt werden können, zu einer anderen Feststellung des Sachverhaltes und voraussichtlich zu einem anders lautenden Bescheid geführt hätten (siehe dazu insbesondere mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Lehre das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juni 1982, 81/13/0151).
Es können daher immer nur neue Befundergebnisse (die konkreten sachverständigen Tatsachenfeststellungen) in einem Gutachten und nicht auch die sachverständigen Schlußfolgerungen (das Gutachten im engeren Sinn) einen Wiederaufnahmegrund bilden (siehe dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1991, 91/03/0101). Bezogen auf den Beschwerdefall bedeutet dies, daß lediglich neue Feststellungen im Befundbereich durch das Gutachten vom 22. Februar 1993 eine Verfahrenswiederaufnahme nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG hätten rechtfertigen können. Im entscheidungswesentlichen Sachverhalt unterscheidet sich das Gutachten vom 22. Februar 1993 aber nicht von den Angaben im Gutachten vom 3. Dezember 1992. In beiden Gutachten wird von dem Zustandsbild einer längere Zeit nicht abheilenden Impfstelle, einer Lymphknotenschwellung und Lymphknotenbildung sowie durchgeführter sechswöchiger INH-Therapie nach einer Tuberkuloseimpfung ausgegangen. Nur die Richtung der Schlußfolgerungen (im Gutachten vom 22. Februar 1993 wird "aufgrund der geschilderten Situation" eine Schmerzbelastung von 40 Tagen leichten Schmerzen als gegeben erachtet; im Gutachten vom 3. Dezember 1992 werden insbesondere die in der dortigen Fragenbeantwortung angeführten Schlüsse gezogen) ist eine jeweils verschiedene. Damit enthält aber das Gutachten vom 22. Februar 1993 keine neuen Befundergebnisse, sodaß es schon deshalb keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund bildet. Nicht von Bedeutung, weil für den konkreten Befund der Impffolgen irrelevant, ist, ob - wie in der Beschwerde geltend gemacht wird - der Gutachter vom 22. Februar 1993 eine andere Wahrscheinlichkeitsrate für das Auftreten der Impffolgen angenommen hat als der im Berufungsverfahren herangezogene Gutachter. Inhaltliche Kritik am Gutachten vom 3. Dezember 1992, insbesondere an dessen Fragenkatalog, kann der Beschwerde ebenfalls zu keinem Erfolg verhelfen, zumal dadurch für die für die Verfahrenswiederaufnahme allein entscheidende Frage des Hervorkommens von neuen Tatsachen und Beweismitteln nichts gewonnen werden kann.
Damit erweist sich die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde als nicht rechtswidrig, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG i.V. mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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