Normen
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z2 lita idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z2 idF 1990/450;
AuslBG §4 Abs6 Z2 lita idF 1990/450;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 3. Februar 1993 beim Arbeitsamt Krems den Antrag auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung zur Anwerbung der tschechischen Staatsangehörigen G. als Küchengehilfin. Der monatliche Bruttolohn sollte bei der beabsichtigten Saisonbeschäftigung S 10.500,-- betragen.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 2. März 1993 "gemäß § 66 Abs. 4 AVG" und § 20 Abs. 1 iVm § 11 Abs. 2 Z. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab. Der Vermittlungsausschuß habe befunden, daß aus arbeitsmarktpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Erwägungen die Neuhereinnahme von Ausländern in das Bundesgebiet nicht mehr vertretbar sei. Eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage habe ergeben, daß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG nicht vorlägen.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, das Arbeitsamt habe ihm eine inländische Arbeitskraft nicht vermitteln können; auch sei es ihm nicht möglich gewesen, durch eigene Aktivitäten eine inländische Arbeitskraft zu bekommen. Er könne seinen gastgewerblichen Betrieb nur dann ordnungsgemäß führen, wenn in der Küche mindestens drei Leute (ein Koch und zwei Küchengehilfinnen) beschäftigt seien. Derzeit sei ausschließlich er als Koch tätig, wobei er niemanden habe, der ihm in der Küche behilflich sei. Da er bisher weder eine inländische Küchengehilfin gefunden habe und ihm auch G. abgelehnt worden sei, stelle sich die Frage, ob er überhaupt rechtzeitig seinen gastronomischen Betrieb zu Saisonbeginn werde eröffnen können. Ein gastronomischer Betrieb könne in einer Fremdenverkehrsregion nur dann seine Gäste zufrieden stellen, wenn er auch über das nötige Personal verfüge. Gerade in der Wachau seien die Gäste durch Jahre hindurch gut betreut und bestens verpflegt worden, sodaß sie auch in Zukunft eine ausgezeichnete Betreuung und Verpflegung erwarteten. Er wäre sogar bereit, die ausländische Küchengehilfin weit über den Kollektivvertrag (dieser betrage S 10.360,--), nämlich mit S 12.000,-- brutto monatlich, zu entlohnen. Die Beschäftigung der beantragten Ausländerin liege somit sicherlich im Interesse der Öffentlichkeit und der Gesamtwirtschaft, und zwar auch deshalb, weil er seinen Betrieb nicht nur in seinem Interesse, sondern auch im Interesse der Gäste führe.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 31. März 1993 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG und § 20 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 2 Z. 1 AuslBG keine Folge. Begründend stellte die belangte Behörde die Rechtslage dar und traf die Feststellung, daß die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales für Niederösterreich festgesetzte Landeshöchstzahl für 1993 seit Jänner überschritten sei. Im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung sei nicht nur eine Prüfung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zum Zeitpunkt der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung, sondern eine solche auch unter Bedachtnahme auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes erforderlich, sodaß der Entscheidung auch Erwägungen für einen überschaubaren zukünftigen Zeitraum zugrunde gelegt werden müßten. Dabei sei nicht der bei einem Arbeitgeber auftretende individuelle Arbeitskräftebedarf allein maßgeblich. Im Verfahren der ersten Instanz habe der - paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammengesetzte - Unterausschuß des Vermittlungsausschusses aus arbeitsmarktpolitischen und volkswirtschaftlichen Erwägungen keine einhellige Befürwortung zur Ausstellung der Sicherungsbescheinigung ausgesprochen. Zur Berufung des Beschwerdeführers sei der Unterausschuß für Ausländerangelegenheiten des Verwaltungsausschusses angehört worden. Auch dieser Unterausschuß habe befunden, daß aus arbeitsmarktpolitischen und gesamtwirtschaftlichen Erwägungen die Neuhereinnahme von Ausländern in das Bundesgebiet nicht mehr vertretbar sei. Die belangte Behörde habe nach eingehender Prüfung der Sach- und Rechtslage befunden, daß im Sinne des § 11 Abs. 2 Z. 1 AuslBG die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG nicht vorlägen. Somit hätten die Einwände des Beschwerdeführers in der Berufung keine andere Entscheidung herbeiführen können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erteilung der beantragten Sicherungsbescheinigung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Beabsichtigt ein Arbeitgeber, Ausländer für eine Beschäftigung im Bundesgebiet im Ausland anzuwerben, so ist ihm gemäß § 11 Abs. 1 AuslBG auf Antrag eine Sicherungsbescheinigung auszustellen. Sie hat zu enthalten, für welche Ausländer oder welche Anzahl von Ausländern bei Vorliegen der Voraussetzungen die Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen in Aussicht gestellt wird.
Gemäß § 11 Abs. 2 AuslBG darf die Sicherungsbescheinigung nur ausgestellt werden, wenn
1. die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1, 2 oder 6 und Abs. 3 Z. 1, 4, 6, 8 und 12 gegeben sind und
2. auf Grund der Angaben des Antragstellers angenommen werden kann, daß für den Ausländer eine ortsübliche Unterkunft im Sinne des § 4 Abs. 3 Z. 5 zur Verfügung stehen wird.
Die belangte Behörde hat die Ablehnung des Antrages des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG gestützt.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahl (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
- 1. bei Kontingentüberziehungen und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
- 2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
- a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
- b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
- c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
- d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
- 3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
- 4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Die belangte Behörde ist - wie bereits das Arbeitsamt - davon ausgegangen, daß die Landeshöchstzahl überschritten ist und daß der Vermittlungsausschuß der beantragten Sicherungsbescheinigung nicht zugestimmt hat. Der Beschwerdeführer hat diese Annahme der Anspuchsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht bestritten. Mit Rücksicht darauf wäre es an ihm gelegen gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG hätten maßgebend sein können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Februar 1993, Zl. 92/09/0302, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Damit ein "besonders wichtiger Grund" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG vorliegt bzw. das öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interesse die Beschäftigung des Ausländers erfordert (§ 4 Abs. 6 Z. 3 leg. cit), muß nach der ständigen hg. Rechtsprechung ein QUALIFIZIERTES Interesse bestehen, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfs hinausgeht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1993, 93/09/0273, und die dort angeführte Vorjudikatur). Der vom Beschwerdeführer im Hinblick auf seine betriebliche Situation dargestellte dringende Arbeitskräftebedarf ist nur ein eigenwirtschaftliches Interesse, woran auch der Hinweis auf eine erwartete Zunahme des Fremdenverkehrs (lt. Beschwerdevorbringen auf Grund einer Fernsehsendung über die Wachau) nichts ändert (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, 93/09/0308). Ein Arbeitnehmer wäre nur dann als Schlüsselkraft nach § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG anzusehen, wenn diesem auf Grund seiner besonderen Qualifikation und/oder der vorgesehenen Stellung im Betriebsgeschehen (z.B. Entscheidungsverantwortung) eine - besondere - arbeitsplatzerhaltende Position zukäme. Dafür ergibt sich hinsichtlich der lediglich als Küchengehilfin beantragten Ausländerin kein Anhaltspunkt. Der Umstand allein, daß jeder Arbeitnehmer notwendigerweise in Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben zur Erreichung der Unternehmensziele und damit - unabhängig von der Betriebsgröße - zur Sicherung des Bestandes des Unternehmens seinen Beitrag leistet, macht ihn noch nicht zur "Schlüsselkraft" i.S. des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a AuslBG. Die in der Beschwerde vertretene Auffassung, in einem kleinen Betrieb seien grundsätzlich "alle" Arbeitnehmer als Schlüsselkräfte anzusehen, vermag der Verwaltungsgerichtshof daher nicht zu teilen; abgesehen davon stellt das offenbar auf Arbeitsplatzerhaltung im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a abzielende Vorbringen (im Betrieb seien derzeit zwei inländische und ein ausländischer Arbeitnehmer beschäftigt) eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar.
Die Beschwerde zeigt damit keine inhaltliche Rechtswidrigkeit und keinen wesentlichen Verfahrensmangel des angefochtenen Bescheides auf und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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