VwGH 93/09/0144

VwGH93/09/014421.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des F und der E H in K, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 13. November 1992, Zl. IIId-6702 B/ABB-Nr. 851112, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §13;
AuslBG §14;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3;
AuslBG §4 Abs6;
AuslBG §4 Abs8;
B-VG Art18 Abs1;
VwRallg;
AuslBG §13;
AuslBG §14;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §3 Abs1;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3;
AuslBG §4 Abs6;
AuslBG §4 Abs8;
B-VG Art18 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens beantragten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 1. September 1992 beim Arbeitsamt Perg die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die am 22. Jänner 1973 geborene ausländische Staatsbürgerin M. für die berufliche Tätigkeit als "Au-Pair-Mädchen" mit einer Entlohnung von S 700,-- netto pro Woche.

Diesen Antrag lehnte das Arbeitsamt (zunächst hatte das Arbeitsamt Perg in seinem ersten ablehnenden Bescheid vom 15. September 1992 unrichtigerweise die "Fa. H GesmbH" als Bescheidadressat angegeben; dieser Bescheid wurde letztlich vom Landesarbeitsamt Oberösterreich mit Bescheid vom 15. Oktober 1992 aufgehoben) mit Bescheid vom 24. September 1992 gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ab. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach Wiedergabe dieser Gesetzesstelle aus, auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der "Au-Pair-Mädchen" Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Wegen Annäherung an die Bundeshöchstzahl stünden einer weiteren Bewilligungserteilung wichtige öffentliche Interessen entgegen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer im wesentlichen vor, sämtliche inhaltliche Voraussetzungen des § 4 AuslBG für die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung lägen vor. Durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 13. Dezember 1991, BGBl. Nr. 633/91, sei auf Grund des § 12 Abs. 2 AuslBG eine Kontingentierung erfolgt. Da also Kontingente festgesetzt seien, habe gemäß § 4 Abs. 5 AuslBG die Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG zu entfallen gehabt. Wie auch die belangte Behörde ausführe, sei bisher die Bundeshöchstzahl noch nicht überschritten, sondern es bestehe nur eine "Annäherung an die Bundeshöchstzahl". Da also im Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung des Arbeitsamtes Perg keine Kontingentüberschreitung vorgelegen sei, sei auch § 4 Abs. 7 AuslBG der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht entgegengestanden. § 4 Abs. 6 AuslBG sei nur bei Kontingentüberschreitung anzuwenden; diese Bestimmung sei daher im gegenständlichen Fall bedeutungslos. Da die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gegeben gewesen seien, hätte die beantragte Beschäftigungsbewilligung erteilt werden müssen. § 4 Abs. 1 AuslBG bringe eindeutig zum Ausdruck, daß die Bestimmungen des AuslBG dem Schutz des heimischen Arbeitsmarktes dienten. Bei verfassungskonformer, insbesondere gleichheitskonformer Auslegung hätte die belangte Behörde aber nicht zum Ergebnis gelangen dürfen, daß die Lage am Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung spreche. Au-Pair-Kräfte würden vom Verwaltungsgerichtshof definiert als "junge Ausländer, die für einen gewissen Zeitraum gegen Kost und Quartier und allenfalls einem regelmäßigen Taschengeld im Haushalt beschäftigt sind" (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 1989, Zl. 88/09/0161). Ein Au-Pair-Verhältnis könne somit begrifflich nur von Ausländern eingenommen werden. Die Anwendung des Schutzgedankens für den heimischen Arbeitsmarkt sei denkunmöglich. Vom Wesen eines Au-Pair-Verhältnisses her könne es keinen Österreicher geben, der in Österreich ein Au-Pair-Dienstverhältnis erfülle; es gebe einfach keine vermittelbaren Inländer. Eine Heranziehung des Schutzgedankens verbiete sich daher bei verfassungskonformer Interpretation des § 4 Abs. 1 AuslBG.

Mit Schreiben vom 4. November 1992 teilte die belangte Behörde den Beschwerdeführern als Ergebnis der Beweisaufnahme mit, die maßgebliche Landeshöchstzahl für Oberösterreich (33.000) sei laut Statistik der Arbeitsmarktverwaltung zum Stichtag Ende September 1992 um 29,9 % überzogen. Die Bundeshöchstzahl sei nach dieser Statistik zu diesem Zeitpunkt zu 92,4 % ausgeschöpft. Die noch zur Verfügung stehenden Plätze seien - falls eine Ersatzkraftvermittlung von im Sinne des § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Personen nicht möglich sei - für (im folgenden genannte) bestimmte Branchen bzw. Personengruppen zu vergeben, zu denen aber die beantragte Ausländerin nicht gehöre; auch sei der Betrieb der Beschwerdeführer nicht dem Gesundheits- und Wohlfahrtsbereich zuzurechnen. Der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung stünden auf Grund des großen "Überziehungsgrades" der Landeshöchstzahl und der hohen Ausschöpfung der Bundeshöchstzahl wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG entgegen.

In ihrer Stellungnahme vom 9. November 1992 verwiesen die Beschwerdeführer auf das in ihrer Berufung enthaltene Vorbringen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 13. November 1992 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 und Abs. 1 AuslBG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die vom Bundesminister für Arbeit und Soziales zur Sicherung der Bundeshöchstzahl für Oberösterreich festgesetzte Landeshöchstzahl (33.000) sei laut Statistik der Arbeitsmarktverwaltung zum Stichtag Ende Oktober 1992 um 29,6 % überzogen gewesen. Die Bundeshöchstzahl sei nach dieser Statistik zu diesem Stichtag zu 91,3 % ausgeschöpft gewesen. Die noch zur Verfügung stehenden Plätze seien, falls eine Ersatzkraftvermittlung von im Sinne des § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Personen nicht möglich sei, für folgende Branchen bzw. Personengruppen zu vergeben:

Nach dem Stand des Ermittlungsverfahrens handle es sich bei der beantragten Ausländerin nicht um eine wie oben angeführte bevorzugte Person bzw. sei der Betrieb der Beschwerdeführer nicht dem Gesundheits- und Wohlfahrtsbereich zuzurechnen.

Im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG dürften nach der Überschreitung der Landeshöchstzahl Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn unter anderem die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 3 leg. cit. vorlägen.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG dürfe eine Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulasse und wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstünden.

Ein wichtiges öffentliches Interesse an der bevorzugten Behandlung von Ausländern mit hohem Integrationsgrad lasse sich vor allem aus § 4b Z. 3 lit. a AuslBG ableiten. Darin werde Ausländern, bei denen berücksichtigungswürdige Gründe vorlägen, wie längerer rechtmäßiger Aufenthalt naher Familienangehöriger (Ehegatten und minderjähriger Kinder) von Inländern, von gleichgestellten (§ 4b Z. 1 AuslBG) oder von begünstigten Ausländern (§ 4b Z. 2 AuslBG) klar eine bevorzugte Stellung vor jenen Ausländern eingeräumt, bei denen solche Gründe nicht vorlägen.

Das wichtige gesamtwirtschaftliche Interesse an der bevorzugten Behandlung von Fachkräften und minderjährigen Lehrlingen ergebe sich aus dem schon längere Zeit bestehenden allgemein bekannten Mangel an Facharbeitern bzw. Lehrlingen.

Die Bevorzugung der Schlüsselkräfte sowie des Bereiches der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege lasse sich aus § 4 Abs. 6 AuslBG ableiten. Auf Grund des großen Überziehungsgrades der Landeshöchstzahl und der hohen Ausschöpfung der Bundeshöchstzahl stünden der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung daher wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG entgegen.

Entgegen der von den Beschwerdeführern in ihrer Berufung geäußerten und in der Stellungnahme vom 9. November 1992 bekräftigten Rechtsansicht seien die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG sehr wohl zu prüfen. § 4 Abs. 5 AuslBG normiere, daß bei festgesetzten Kontingenten die Prüfung der Voraussetzungen des Abs. 1 entfalle. Soweit jedoch Landeshöchstzahlen festgelegt seien, entfalle diese Prüfung nur bis zum Erreichen von 80 % dieser Höchstzahl. In der angeführten Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 13. Dezember 1991, BGBl. Nr. 633/1991, sei zwar eine Kontingentierung gemäß § 12 Abs. 2 AuslBG erfolgt, jedoch nur für die sich aus der Anlage ergebenden Bereiche. Für den Bereich der Beschäftigung von Au-Pair-Mädchen durch Privathaushalte sei kein Kontingent festgelegt worden. Schon deshalb seien daher die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG zu prüfen. Überdies sei die festgelegte Landeshöchstzahl für Oberösterreich wie oben angeführt um 29,9 % überzogen, weshalb § 4 Abs. 1 AuslBG anzuwenden sei. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage seien die Einwände der Beschwerdeführer in der Berufung nicht geeignet gewesen, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluß vom 22. März 1993, B 2109,2110/92-3, ablehnte und diese Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß zur Entscheidung abtrat.

In ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für ein Au-Pair-Mädchen bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen gemäß § 4 AuslBG verletzt, und machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnis beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Unter Au-Pair-Kräften versteht man junge Ausländer, die für einen gewissen Zeitraum gegen Kost und Quartier und allenfalls ein regelmäßiges Taschengeld im Haushalt beschäftigt werden. Da es sich dabei jedenfalls um eine Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis (§ 2 Abs. 2 lit. b AuslBG) und damit um eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG handelt, bedarf es auch für solche Au-Pair-Verhältnisse auf Seite des Beschäftigenden einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Gesetz (vgl. dazu schon das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 1989, Zl. 88/09/0161). Die belangte Behörde hat die Ablehnung des Antrages der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die ausländische Staatsbürgerin M. für die berufliche Tätigkeit als "Au-Pair-Mädchen" im Spruch des angefochtenen Bescheides auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

§ 4 Abs. 3 AuslBG regelt abschließend, unter welchen (weiteren) Voraussetzungen die Beschäftigungsbewilligung erteilt werden darf.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

  1. 1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
  2. 2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
    1. a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
    2. b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
    3. c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
    4. d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
  1. 3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
  2. 4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

    Im Beschwerdefall erübrigen sich weitere Erwägungen zur Berechtigung der Ablehnung des Antrages der Beschwerdeführer im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG: die belangte Behörde zitiert diese Bestimmung zwar im Spruch, geht aber in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht näher auf die Z. 2 bis 4 dieser Gesetzesstelle ein. Die belangte Behörde hat sich dazu offenbar deshalb nicht veranlaßt gesehen, weil ihrer Auffassung nach bereits wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen im Sinne des § 4 Abs. 1 (zweiter Tatbestand) AuslBG der beantragten Beschäftigungsbewilligung entgegenstehen. Es ist daher im Beschwerdefall ausschließlich zu prüfen, ob die Versagung auf § 4 Abs. 1 zweiter Tatbestand AuslBG (Entgegenstehen wichtiger öffentlicher oder gesamtwirtschaftlicher Interessen) gestützt werden konnte oder nicht.

    Die belangte Behörde begründete das Vorliegen dieses Versagungstatbestandes im wesentlichen damit, auf Grund des großen Überschreitungsgrades der Landeshöchstzahl und der hohen Ausschöpfung der Bundeshöchstzahl könnten bis zu deren Erreichen Beschäftigungsbewilligungen für Ausländer - sofern eine Ersatzkraftstellung von nach § 4b AuslBG bevorzugt zu behandelnden Ausländern nicht möglich sei - nur für bestimmte Personengruppen bzw. Branchen erteilt werden. Weder gehöre die beantragte Ausländerin zu diesen Personengruppen noch zähle das Unternehmen der Beschwerdeführer zu den genannten Branchen.

    Damit geht die belangte Behörde davon aus, im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 könnten ab einem bestimmten (hohen) Auslastungsgrad der Bundeshöchstzahl die bis zu deren Erreichen zu erteilende Beschäftigungsbewilligung für bestimmte Personengruppen (sowohl von ausländischen Arbeitnehmern als auch von Arbeitgebern) reserviert werden. Die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung außerhalb der begünstigten Gruppen stünden wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen entgegen.

    Für eine derartige Einschränkung der Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen, die im Ergebnis auf zwei Typen von erschwerten Verfahren bei Landeshöchstzahlüberschreitungen hinausläuft, fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Insbesondere ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, ab welchem "Auslastungsgrad" der Bundeshöchstzahl eine derartige Einschränkung Platz greifen sollte. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kann dieses Regelungsregime auch nicht auf § 4 Abs. 1 zweiter Tatbestand gestützt werden.

    Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals - beginnend mit seinem Erkenntnis vom 8. September 1987, Zl. 87/09/0029 = Slg. Nr. 12518/A - nur Leitsatz - ausgesprochen hat, ist bei der Ermittlung der im § 4 Abs. 1 verwendeten unbestimmten Gesetzesbegriffe "wichtige öffentliche Interessen" und "gesamtwirtschaftliche Interessen" vornehmlich auf jene normativ konkretisierten Tatbestände des AuslBG zurückzugreifen, die mit § 4 Abs. 1 im Zusammenhang stehen. Dabei handelt es sich vor allem um § 4 Abs. 3, §§ 13 und 14. In diese Richtung deuten auch die EB zu § 4 (1451 Blg. NR XIII. GP, Seite 22, linke Spalte), wonach die besonderen im Abs. 3 vorgesehenen Einzelerfordernisse "konkrete Maßnahmen dar(stellen), welche helfen sollen, die im Abs. 1 allgemein formulierten Schutzinteressen zu wahren". Aus dem Regelungszusammenhang ist zu schließen, daß es sich bei den angesprochenen allgemeinen Schutzinteressen um solche handeln muß, die in jedem Verfahren (also unabhängig davon, ob es sich um ein "Normalverfahren" oder ein Kontingent-Landeshöchstzahlüberschreitungsverfahren oder ein Verfahren nach § 4 Abs. 8 handelt) von Bedeutung sein können. Interessenlagen, die nur bei einem bestimmten Verfahrenstypus (hier: Landeshöchstzahlüberschreitungsverfahren) und auch hier nur bei einer bestimmten Konstellation (im - wie auch immer zu bestimmenden - "Grenzbereich" zur Bundeshöchstzahl) auftreten, mangelt es dieser Eigenschaft von vornherein, sodaß im Beschwerdefall die belangte Behörde ihre ablehnende Entscheidung nicht auf den einzigen von ihr aufgegriffenen Versagungsgrund (nach § 4 Abs. 1 zweiter Tatbestand AuslBG) stützen konnte. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit dem Katalog der für diesen Fall von der belangten Behörde als bevorzugt angesehenen Personengruppen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1993, Zl.92/09/0362).

    Aus diesem Grunde belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes; der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG i.V.m. Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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