VwGH 93/06/0220

VwGH93/06/022016.12.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kratschmer und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der O in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. September 1993, Zl. 03 - 12 - Le 73 - 93/13, betreffend einen Antrag auf Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 70a Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung (mitbeteiligte Parteien: 1. G in P, 2. Marktgemeinde P, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Stmk 1968 §21 Abs1;
BauO Stmk 1968 §21;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 lith;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
BauO Stmk 1968 §70a Abs2;
BauRallg;
BauO Stmk 1968 §21 Abs1;
BauO Stmk 1968 §21;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2 lith;
BauO Stmk 1968 §61 Abs2;
BauO Stmk 1968 §70a Abs2;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdefalles ist den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Dezember 1989, Zl. 87/06/0137, und vom 11. Februar 1993, Zl. 92/06/0206, zu entnehmen. Daraus ist für den vorliegenden Beschwerdefall noch von Bedeutung, daß die von der Beschwerdeführerin (als übergangene Partei) gegen den Baubewilligungsbescheid vom 30. Dezember 1954 erhobene Berufung mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 12. November 1986 abgewiesen wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung blieb erfolglos; die gegen den Vorstellungsbescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem zuletzt erwähnten Erkenntnis vom 11. Februar 1993, Zl. 92/06/0206, als unbegründet abgewiesen. In diesem Verfahren war zuletzt ausschließlich noch die Frage der Zulässigkeit zweier Fenster in der hofseitigen Wand des Gebäudes der erstmitbeteiligten Partei strittig. Die dafür maßgebende Rechtsfrage, ob diese Wand eine Feuermauer im Sinne des § 60 der Bau-Ordnung für Steiermark 1857 (dieses Gesetz war im Baubewilligungsverfahren noch anzuwenden) sei, wurde in diesem Verfahren (zuletzt vom Verwaltungsgerichtshof) verneint.

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beigeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführerin am 9. Juli 1992 bei der Baubehörde einen Antrag gemäß § 70a Abs. 1 und 2 der Steiermärkischen Bauordnung auf Beseitigung "der vorschriftswidrigen Fenster in den hofseitigen Feuermauern" gestellt hat, und zwar mit der Begründung, daß zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 21 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 "diese Mauern sehr wohl als Feuermauern ex lege definiert" seien. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 8. Jänner 1993 abgewiesen; die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin blieb erfolglos. Die gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Vorstellung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen und dieser Bescheid damit begründet, daß im Sinne des § 70a Abs. 1 Satz 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) ein Bauwerk nur dann vorschriftswidrig sei, wenn sowohl im Zeitpunkt der Bauausführung als auch im Zeitpunkt der Auftragserteilung iSd § 70a BO eine Baubewilligung erforderlich gewesen, eine solche jedoch nicht erteilt worden sei. den Nachbarn stehe gemäß § 70a Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung das Recht zu, die Baueinstellung und die Beseitigung zu verlangen, wenn die Bauarbeiten nach Abs. 1 seine Interessen (§ 61 Abs. 2) verletzen würden. Der Nachbar habe demnach bei konsensloser oder bescheidwidriger Bauführung und Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte einen Rechtsanspruch auf Erlassung einer Einstellungs- oder Beseitigungsverfügung. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf Herstellung des baubewilligungsgemäßen Zustandes durch Beseitigung eines konsenslos errichteten dritten Fensters könne der Bestimmung des § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung jedoch nicht entnommen werden, zumal es sich nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Februar 1993, Zl. 92/06/0206, um keine Feuermauer handle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 (hier) in der Fassung der Novellen LGBl. Nr. 14/1989 und 42/1991, ist bei Maßnahmen, die ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, die Baueinstellung zu verfügen; erforderlichenfalls sind die Bauten oder Teile derselben zu schließen. Vorschriftswidrige Bauten, bei denen eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, sind zu beseitigen. Mündlich verkündete Verfügungen sind schriftlich auszufertigen.

Gemäß § 70a Abs. 2 steht den Nachbarn das Recht zu, die Baueinstellung und die Beseitigung zu verlangen, wenn die Bauarbeiten nach Abs. 1 ihre Interessen (§ 61 Abs. 2) verletzen. Dem Nachbarn kommt somit ein Rechtsanspruch auf Beseitigung eines konsenslosen Bauwerks (einer konsenslosen Baumaßnahme) unter der Voraussetzung zu, daß er die Verletzung eines Nachbarrechtes im Sinne des § 61 Abs. 2 lit. a bis i oder k BO geltend macht (vgl. den hg. Beschluß vom 21. Mai 1992, Zl. 92/06/0091, und das Erkenntnis vom 9. März 1993, Zl. 93/06/0028).

Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin - ihrem mit der Begründung des angefochtenen Bescheides übereinstimmenden Vorbringen zufolge - geltend gemacht, daß eines der Fenster an der hofseitigen Wand des Gebäudes der erstmitbeteiligten Partei konsenslos sei. Eine Verletzung von Nachbarrechten erblickt die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang darin, daß es sich bei dieser Wand um eine Feuermauer im Sinne des § 21 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 handle, weshalb ein konsensloses Fenster in dieser Wand ihre Interessen als Nachbarin verletze.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag dieser Argumentation nicht beizupflichten:

Daß es sich bei der hofseitigen Wand der erstmitbeteiligten Partei um keine Feuermauer handelt, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom

11. Feruar 1993, Zl. 92/06/0206, im Zusammenhang mit der von der Beschwerdeführerin gegen die Baubewilligung erhobenen Beschwerde ausgesprochen.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin wurde diese Wand auch nicht dadurch zur Feuermauer, daß die Steiermärkische Bauordnung 1968 (und damit deren § 21) die Bauordnung 1857 mit Wirkung vom 1. Jänner 1969 ersetzt hat. § 21 BO regelt nämlich nicht, welche Mauern als Feuermauern anzusehen sind, sondern ausschließlich, unter welchen Voraussetzungen Außenwände als Feuermauern ausgestaltet werden müssen. Sie enthält daher eine Bauvorschrift für jene Bauwerke, die unter der Geltung der Steiermärkischen Bauordnung 1968 errichtet wurden. § 21 BO enthält aber keine Vorschrift, wonach bestimmte Außenwände bestehender Gebäude ab Inkrafttreten der Bauordnung 1968 nunmehr als Feuermauern gelten würden.

Die Beschwerdeführerin kann daher ihre Einwände gegen das - ihren Behauptungen zufolge - konsenslose Fenster nicht auf einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Feuer- und Brandmauern im Sinne des § 21 Abs. 1 (iVm § 61 Abs. 2 lit. g) BO stützen. Eine solche Stütze findet ihr Anliegen auch nicht in § 61 Abs. 2 lit. h BO, wonach auch die Bestimmungen über "die Vermeidung einer Brandgefahr, sonstigen Gefährdung und unzumutbaren Belästigungen (§ 39 Abs. 1)" dem Interesse der Nachbarn dienen. Durch die Verweisung auf § 39 Abs. 1 BO ist klargestellt, daß es sich dabei nur um Regelungen im Zusammenhang mit Rauchfängen und Abgasfängen, nicht aber im Zusammenhang mit Fenstern handelt.

Der Beschwerdeführerin steht daher weder aus dem Titel des Feuer- und Brandschutzes, noch aufgrund einer sonstigen Bestimmung der Steiermärkischen Bauordnung ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im Zusammenhang mit der Zulässigkeit von Fenstern in Außenwänden von Nachbargebäuden zu. Es kann daher aus dem Blickwinkel der vorliegenden Beschwerdeausführungen unerörtert bleiben, ob die an der hofseitigen Wand des Nachbargebäudes ausgebildeten Fenster hinsichtlich der Anzahl und der Abmessung konsensgemäß sind, da eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin dadurch nicht bewirkt worden sein könnte.

Da somit schon die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

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