VwGH 93/06/0110

VwGH93/06/011018.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kratschmer und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 16. April 1993, Zl. 96 205/27-IX/6/92, betreffend eine Angelegenheit des Vermessungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §62 Abs4;
VermG 1968 §17;
VermG 1968 §39;
VermG 1968 §8;
AVG §62 Abs4;
VermG 1968 §17;
VermG 1968 §39;
VermG 1968 §8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist bücherlicher Eigentümer der Grundstücke 772/1 und 772/5, KG L, die östlich des neugeschaffenen Grundstückes Nr. 772/18 KG L liegen. Mit Bescheid des Vermessungsamtes Feldbach vom 31. August 1990, GZ P 96/90, wurde gemäß § 20 Abs. 1 des Vermessungsgesetzes hinsichtlich des Grundstückes Nr. 772/18 KG L die Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster unter der Bedingung verfügt, daß der Plan des Dipl.Ing. D.Sch. vom 5. März 1990, GZ 988/5, im Grundbuch durchgeführt wurde. In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, eine Eintragung des Grundstückes Nr. 772/18 in den Grenzkataster habe zur Voraussetzung, daß eine Zustimmungserklärung hinsichtlich aller an dieses Grundstück angrenzenden Liegenschaftseigentümer vorliege, sohin auch eine Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers. Eine solche

Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers liege aber nicht vor. Das Vermessungsamt Feldbach habe in Kopien zwei Zustimmungserklärungen vorgelegt und zwar eine datiert vom 9. Juli 1987, unterfertigt vom Beschwerdeführer, die oben rechts eine Geschäftszahl 988/1, aufweise sowie eine Zustimmungserklärung vom 19. Juni 1989, unterfertigt von Dr. B. für das Land Steiermark und Herrn Mag. P. für XY-Gesellschaft, auf der oben rechts eine Geschäftszahl 988/5 vermerkt sei. Auffällig sei, daß im angefochtenen Bescheid das Datum des Vermessungsplanes des Dipl.Ing. D.Sch. mit 5. März 1990 angegeben werde, die beiden Zustimmungserklärungen aber aus dem Jahre 1987 bzw. 1989 stammten. Der Bescheid sei unter anderem auch deshalb rechtswidrig, weil die Zustimmungserklärungen ein bis drei Jahre vor der Planerrichtung des Dipl.Ing. D.Sch. zur Geschäftszahl 988/5 unterfertigt wurden.

Da über diese Berufung des Beschwerdeführers nicht entschieden wurde, hat er an die belangte Behörde einen dort am 21. Oktober 1992 eingelangten Devolutionsantrag gerichtet. Aufgrund dieses Devolutionsantrages hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid das Verfahren über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Vermessungsamtes Feldbach vom 31. August 1990, GZ P 96/9, gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz zu 3C 1685/90 und beim Bezirksgericht Fürstenfeld zu 1C 823/90 anhängigen Verfahren ausgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Eintragung des Grundstückes in den Grenzkataster habe zur Voraussetzung, daß Zustimmungserklärungen der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenzen dieses Grundstückes vorlägen. Wie das bisherige Ermittlungsverfahren ergeben habe, seien derzeit beim Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz ebenso wie beim Bezirksgericht Fürstenfeld Gerichtsverfahren betreffend die Grundstücke Nr. 772/1, 772/5 u.a. der KG L anhängig. Diese Grundstücke grenzten an das neu entstehende Grundstück Nr. 772/18 an. Da die Entscheidungen in den obigen Rechtssachen Vorfragen dieses Verwaltungsverfahrens beträfen, werde gemäß § 38 AVG das Verfahren bis zur Entscheidung der Vorfragen ausgesetzt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten - teilweise - vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Z. 1 des Bundesgesetzes vom 3. Juli 1968, BGBl. Nr. 306 über die Landvermessung und den Grenzkataster (Vermessungsgesetz-VermG) in der Fassung BGBl. Nr. 238/75, und 480/1980, ist der nach Katastralgemeinden angelegte Grenzkataster zum verbindlichen Nachweis der Grenzen der Grundstücke bestimmt. Nach § 17 leg. cit. erfolgt die Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster u.a. auf Antrag eines Eigentümers oder aufgrund eines Beschlusses des Grundbuchsgerichtes hinsichtlich der Grundstücke, deren Grenzen zur Gänze von der Grenzvermessung erfaßt sind, und für die eine Zustimmungserklärung der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenze beigebracht wird. § 18a normiert, daß die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke, für die keine Zustimmungserklärung beigebracht worden ist, von der beabsichtigten Umwandlung gemäß § 17 Z. 1 oder 3, unter Anschluß einer Belehrung über die Rechtsfolgen der Umwandlung in Kenntnis zu setzen sind. Werden innerhalb von vier Wochen keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Umwandlung erhoben, so gelten die im Plan dargestellten Grenzen als anerkannt und ist die Umwandlung vorzunehmen. Werden solche Einwendungen erhoben, so ist der Antrag des Eigentümers zurückzuweisen, im Fall des Vorliegens eines Beschlusses des Grundbuchsgerichtes (§ 17 Z. 3) ist die Eintragung im Grundsteuerkataster vorzunehmen. Nach § 20 Abs. 1 leg. cit. ist die Umwandlung gemäß § 17 Z. 3 und 4 gemeinsam mit einer Bescheinigung gemäß § 39 mit Bescheid unter der Bedingung zu verfügen, daß der Plan im Grundbuch durchgeführt wird. Aus § 43 Abs. 6 des Vermessungsgesetzes ergibt sich schließlich, daß das Vorliegen der Zustimmungserklärungen der Eigentümer der angrenzenden Grundstücke zum Verlauf der Grenzen dieses Grundstückes Voraussetzung für die Eintragung dieses Grundstückes in den Grenzkataster ist.

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheide zugrundezulegen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Gegenstand des Bescheides des Vermessungsamtes Feldbach vom 31. August 1990, GZ P 96/90, war die Umwandlung des Grundsteuerkatasters in einen Grenzkataster hinsichtlich des Grundstückes Nr. 772/18 aufgrund des Planes des Dipl.Ing. D.Sch. vom 5. März 1990, GZ 988/5. Auf diesen Bescheid bezog sich die Berufung des Beschwerdeführers, und, infolge dessen Devolutionsantrages, auch der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid. Das Grundstück Nr. 772/18 grenzt nach der Aktenlage im Osten an die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücke Nr. 772/1 und 772/5 und im Norden an das Grundstück Nr. 772/12. Die vorgelegte Klage des Landes Steiermark, protokolliert beim Bezirksgericht Fürstenfeld unter 1C 823/90, betrifft nach dem Urteilsbegehren die Entfernung eines auf dem Grundstück Nr. 772/11 der KG L entlang der Grundstücke 772/5 und 772/1 KG L errichteten Zaunes. Das Grundstück 772/11 grenzt nördlich an das Grundstück Nr. 772/18 an. Der Ausgang eines Rechtsstreites betreffend die Entfernung eines Zaunes auf einem Grundstück, das nördlich des Grundstückes 772/12 liegt, kann in keinem Fall zur Lösung der hier strittigen Frage beitragen, ob der Beschwerdeführer eine Zustimmungserklärung zum Verlauf der Grenzen östlich des Grundstückes 772/18 zu den Grundstücken 772/1 und 772/5 abgegeben hat.

Aber auch der Rechtsstreit, der dem Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 12. Februar 1991, mit dem der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Oktober 1990, 3C 1685/90 Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen wurde, zugrundeliegt, hat keinen unmittelbaren Bezug zum Spruch des Bescheides des Vermessungsamtes Feldbach vom 31. August 1990. Grundlage dieses Bescheides war, wie bereits mehrfach ausgeführt, der Plan des Dipl.Ing. D.Sch. vom 5. März 1990, GZ 988/5. Das Feststellungsverfahren des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz 3C 1685/90 (daß die belangte Behörde die Geschäftszahl des Landesgerichtes mit jener des Bezirksgerichtes verwechselte, würde nicht schaden, da der Beschwerdeführer selbst in der Lage war, diesen Mangel zu erkennen und es sich daher um einen berichtigungsfähigen Fehler handelte - vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1990, Zl. 89/06/0104) bezog sich, wie dem vorgelegten Beschluß des Landesgerichtes vom 12. Februar 1991 zu entnehmen ist, auf eine Zustimmungserklärung des Beschwerdeführers vom 9. Juli 1987 zur Vermessungsurkunde GZ 988/1 des Dipl.Ing. D.Sch. Selbst wenn das Zivilgericht zur Ansicht gelangt, daß der Beschwerdeführer die Zustimmungserklärung am 9. Juli 1987 aufgrund eines Irrtums unterfertigte, hätte der Ausgang dieses Verfahrens keinen Einfluß auf den Ausgang des vermessungsamtlichen Berufungsverfahrens, denn die Anordnung des Vermessungsamtes Feldbach laut dessen Bescheid vom 31. August 1990 bezog sich ja auf einen Plan des Dipl.Ing. D.Sch. vom 5. März 1990, GZ 988/5. Unabhängig davon, wie die Entscheidung des Zivilgerichtes ausfällt, wird daher die belangte Behörde aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers zu beurteilen haben, ob der Beschwerdeführer eine Zustimmungserklärung zum Grenzverlauf zwischen den Grundstücken 772/18 und 772/1 und 772/5, im Plan des Dipl.Ing. D.Sch. vom 5. März 1990, GZ 988/5, abgegeben hat.

Da der Ausgang der beim Bezirksgericht Fürstenfeld und beim Landesgericht bzw. Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz anhängigen Rechtsstreitigkeiten keinen Einfluß auf die im Verwaltungsverfahren strittige Rechtsfrage entfalten kann, handelt es sich um keine Vorfragen im Zusammenhang mit dem Bescheid des Vermessungsamtes Feldbach vom 31. August 1990. Es war der angefochtene Bescheid daher schon aus diesem Grunde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Beschwerdeausführungen bedurfte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da in der zitierten Verordnung im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits die Mehrwertsteuer enthalten ist.

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