VwGH 93/05/0153

VwGH93/05/015327.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des E in X, BRD, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 28. Mai 1993, Zl. BauR-011004/1-1993 Ki/Vi, betreffend einen baubehördlichen Entfernungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §68;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litb;
BauO OÖ 1976 §41 Abs3;
BauO OÖ 1976 §41 Abs4 litd;
BauO OÖ 1976 §49 Abs2;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;
AVG §56;
AVG §68;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 lita;
BauO OÖ 1976 §41 Abs2 litb;
BauO OÖ 1976 §41 Abs3;
BauO OÖ 1976 §41 Abs4 litd;
BauO OÖ 1976 §49 Abs2;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 13. April 1993 wurde dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 61 der Oö Bauordnung 1976 der Auftrag erteilt, die "trotz Vorliegens der Bewilligungspflicht nach der Oö Bauordnung ohne Baubewilligung" auf dem Grundstück Nr. 1187/2 des Grundbuches über die Katastralgemeinde Y errichtete bauliche Anlage ("vollständig aus Holz errichtetes Objekt im Ausmaß von

6,00 m x 3,00 m x 3,00 m auf einer Betonplatte aufgestellt und mit Satteldach ausgeführt") innerhalb von acht Wochen nach Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen.

Mit Bescheid der OÖ. Landesregierung vom 28. Mai 1993 wurde der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß er durch diesen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt werde.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, so hat sie gemäß § 61 Abs. 1 der Oö Bauordnung 1976 - unbeschadet der Bestimmungen des § 56 - dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

Gemäß § 41 Abs. 1 leg. cit. bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung):

  1. a) der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;
  2. b) die Errichtung sonstiger Bauten über oder unter der Erde, die geeignet sind, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen;

    ...

    d) die nicht unter lit. a fallende Änderung oder die Instandsetzung von Gebäuden sowie die Änderung oder die Instandsetzung von Bauten, deren Errichtung gemäß lit. b bewilligungspflichtig ist; in diesen Fällen ist eine Bewilligung jedoch nur erforderlich, wenn die Änderung oder die Instandsetzung von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse oder das Orts- und Landschaftsbild ist oder das äußere Aussehen des Baues wesentlich verändert.

    Zufolge Abs. 2 lit. b dieser Gesetzesstelle ist im Sinne des Abs. 1 unter Gebäude ein überdachter Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Meter zu verstehen.

    Auch wenn dem Vorbringen des Beschwerdeführers entsprechend davon auszugehen wäre, "daß die Baracke keinesfalls auf der behaupteten Betonplatte aufgestellt" worden ist, "sondern lediglich auf Holzbalken ruht", läge keine Rechtswidrigkeit des erteilten Beseitigungsauftrages vor, weil auch eine auf Holzbalken ruhende Baracke als Gebäude im Sinne der wiedergegebenen baurechtlichen Bestimmung zu qualifizieren wäre, für deren Neubau eine baubehördliche Bewilligung erforderlich ist. Im Lichte des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG kann daher auch dahingestellt bleiben, ob in bezug auf die diesbezügliche Sachverhaltsannahme Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Im übrigen ist es für die Bewilligungspflicht zufolge § 41 Abs. 3 leg. cit. ohne Belang, ob eine feste Verbindung eines Bauvorhabens mit dem Boden geschaffen werden soll oder nicht. Ferner handelt es sich bei dieser Baracke schon deshalb um keine von der Bewilligungspflicht ausgenommene Baustelleneinrichtung, weil derartige Einrichtungen zufolge § 41 Abs. 4 lit. d leg. cit. nur für die Dauer der Bauausführung nicht bewilligungspflichtig sind, wobei der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 15. April 1986, Zl. 86/05/0029, BauSlg. Nr. 661, die Auffassung vertreten hat, daß Baustelleneinrichtungen nur unmittelbar vor Baubeginn (und während der Bauausführung) errichtet werden dürfen, sofern außerdem eine allenfalls erforderliche Baubewilligung für jenes Bauvorhaben rechtskräftig erteilt worden ist, welchem die Baustelleneinrichtung dienen soll. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür und wurde vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet, daß er über eine rechtskräftige Baubewilligung für ein Bauvorhaben verfügt, für welches die vom vorliegenden Beseitigungsauftrag erfaßte Baracke als Baustelleneinrichtung gebraucht wird.

    Der Beschwerdeführer kann auch mit seinem Hinweis darauf, daß der Bebauungsplan eine geschlossene Verbauung zuließe, für seinen Standpunkt nichts gewinnen, weil die für Gebäude aus Holz geltenden speziellen Abstandsvorschriften des § 95 Abs. 1 lit. a der seit dem Landesgesetz LGBl. Nr. 37/1989 auf Gesetzesstufe stehenden Oö Bauverordnung als lex specialis durch die Regelungen eines Bebauungsplanes über die Bauweise nicht außer Kraft gesetzt werden können. Angesichts dieser Abstandsvorschriften kommt auch eine nachträgliche Baubewilligung nicht in Betracht.

    Die belangte Behörde hat mit Recht angenommen, daß der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Umstand, wonach er "die Hütte vor zirka 13 Jahren durch eine andere gebrauchte Hütte ersetzt" hat, nichts daran zu ändern vermag, daß es sich um einen Neubau im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. a der Oö Bauordnung 1976 handelt, weil der Altbestand offensichtlich zur Gänze entfernt und ein anderes Gebäude im Sinne des § 41 Abs. 2 lit. b leg. cit. hergestellt worden ist. Der Beschwerdeführer kann sich daher auch nicht auf die Regelung der lit. c dieser Gesetzesstelle berufen, weil die Herstellung eines Gebäudes auch dann als Neubau anzusehen ist, wenn nach Abtragung bestehender baulicher Anlagen alte Fundamente oder Kellermauern ganz oder teilweise wieder benützt werden. Da demnach im Beschwerdefall von einem Neubau im Sinne des § 41 Abs. 1 lit. h leg. cit. auszugehen ist, liegt auch keine nicht unter lit. a fallende Änderung oder Instandsetzung im Sinne der lit. d dieser Gesetzesstelle vor, weshalb auch auf die daran anknüpfenden Erwägungen des Beschwerdeführers nicht eingegangen zu werden braucht.

    Es bedarf, wie die belangte Behörde richtig erkannte, keiner weiteren Erörterung, ob "die Errichtung des Bauwerkes vom zuständigen Beamten der Baubehörde mündlich gestattet" worden ist, weil die Baubehörde über ein Bauansuchen gemäß § 49 Abs. 1 leg. cit. einen schriftlichen Bescheid zu erlassen hat, sodaß sich der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang mit Erfolg nur auf einen schriftlichen Baubewilligungsbescheid berufen könnte. Auch wenn der Beschwerdeführer auf Grund einer Auskunft eines Organwalters der Baubehörde der Meinung gewesen sein sollte, für das in Rede stehende bauliche Vorhaben keiner Baubewilligung zu bedürfen, so vermag dies nichts an dem Umstand zu ändern, daß ihm die dafür erforderliche schriftliche Baubewilligung bisher nicht erteilt worden ist.

    Selbst wenn die Baubehörden davon auszugehen gehabt hätten, daß die "Hütte nicht fest mit dem Boden verbunden ist", wäre ein - mit der schon erwähnten Vorschrift des § 95 Abs. 1 lit. a der Oö Bauverordnung übereinstimmender - Auftrag, diese "Hütte derart zu plazieren, daß dieselbe in jeder Richtung einen 5-m-Abstand zum Nachbargebäude aufweist" in der vorstehend wiedergegebenen Vorschrift des § 61 Abs. 1 der Oö Bauordnung 1976 nicht gedeckt gewesen, weil darin ausdrücklich vorgesehen ist, daß die Baubehörde den Auftrag zu erteilen hat, nicht bewilligte bauliche Anlagen zu BESEITIGEN. An dieser Rechtslage würde sich auch dann nichts ändern, wenn anzunehmen wäre, daß "ein Superädifikat vorliegt".

    Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretene Auffassung, wonach der Frage, ob die ursprünglich bestandene, nun durch einen Neubau ersetzte Baracke nach der damals geltenden Linzer Bauordnung bewilligungspflichtig war, keine Bedeutung zukommt, weil es sich im vorliegenden Fall um einen nach der Oö Bauordnung 1976 bewilligungspflichtigen Neubau handelt, hält der Verwaltungsgerichtshof für zutreffend, weil es im Zusammenhang mit einem Beseitigungsauftrag darauf ankommt, daß die bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages einer Baubewilligung bedurfte und bedarf (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1983, Zl. 82/05/0181, 0182, BauSlg. Nr. 51). Das vom Beseitigungsauftrag erfaßte Gebäude wurde aber unbestritten erst nach dem Inkrafttreten der Oö Bauordnung 1976 errichtet und bedurfte damals entsprechend den vorstehenden Ausführungen einer Baubewilligung nach den Vorschriften dieser Bauordnung, weshalb den im Zusammenhang mit der ehemaligen Linzer Bauordnung angestellten Überlegungen des Beschwerdeführers für den Beschwerdefall keine rechtliche Bedeutung zukommt. An der Bewilligungspflicht hinsichtlich dieses Gebäudes hat sich bis zur Erlassung des vorliegenden Beseitigungsauftrages nichts geändert. Angesichts des sohin noch nicht lange zurückliegenden Zeitpunktes der Errichtung dieses Gebäudes hatte die belangte Behörde auch keine Erwägungen darüber anzustellen, ob dieses Gebäude im Sinne der ständigen hg. Judikatur (vgl. u.a. das hg. Erkenntis vom 1. März 1983, Zl. 82/05/0153, BauSlg. Nr. 17, und die darin zitierte Vorjudikatur) die Vermutung des rechtmäßigen Bestandes für sich hat.

    Der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den im Gegenstande ergangenen Beseitigungsauftrag ist daher zu Recht keine Folge gegeben worden, weshalb die Beschwerde unbegründet ist und daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

    BGBl. Nr. 104/1991.

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