VwGH 93/04/0254

VwGH93/04/025429.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des L in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. Oktober 1993, Zl. MA 63-M 434/93, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §46;
AVG §47;
GewO 1973 §13 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1973 §339 Abs3 idF 1993/029;
GewO 1973 §340 Abs6 idF 1993/029;
GewRNov 1992 Art1 Z23;
StRegG §10 Abs1;
ZPO §292 Abs1;
AVG §46;
AVG §47;
GewO 1973 §13 Abs1 idF 1993/029;
GewO 1973 §339 Abs3 idF 1993/029;
GewO 1973 §340 Abs6 idF 1993/029;
GewRNov 1992 Art1 Z23;
StRegG §10 Abs1;
ZPO §292 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. August 1993 stellte das Magistratische Bezirksamt für den 6./7. Bezirk als Gewerbebehörde erster Instanz gemäß § 340 Abs. 1 und 7 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1973 fest, daß die gesetzlichen Voraussetzung für die Ausübung des vom Beschwerdeführer am 12. Juli 1993 im Standort, S-Gasse 1 angemeldeten Gewerbes: Versicherungsmakler (§ 126 Z. 31 GewO 1973) nicht vorliegen und untersagte die Ausübung des Gewerbes.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei im Zeitraum von 1976 bis 1987 mehrfach strafgerichtlich verurteilt worden, insbesonders sei er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. März 1980 wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146 und 147 Abs. 3 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13. September 1978 zu einer Zusatzstrafe in der Dauer von 14 Monaten verurteilt worden. Darüber hinaus sei er mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. März 1980 (rechtskräftig mit 18. Dezember 1980) wegen des versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt worden. Diese Verurteilungen seien nicht getilgt und unterlägen auch keiner Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972). Da sohin der Beschwerdeführer zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt worden sei, die über ihn verhängten Strafen weder getilgt seien noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterlägen, sei er von der Ausübung des angemeldeten Gewerbes ex lege gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1973 ausgeschlossen. Die Erteilung der Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung setze ein darauf gerichtetes Ansuchen voraus (Hinweis auf § 346 Abs. 2 GewO 1973); entgegen dem Berufungsvorbringen habe der Beschwerdeführer ein solches Ansuchen bei der zuständigen Behörde nicht eingebracht. Ein allenfalls der Behörde erster Instanz unterlaufener Verfahrensmangel durch Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerdeführers sei nunmehr jedenfalls durch das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren geheilt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht "auf Verleihung eines Gewerbescheines für Versicherungsmäkler § 126 Z. 31, § 184 GewO 1973 insofern verletzt, weil die belangte Behörde hinsichtlich des erstinstanzlichen Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für 6./7. Bezirk erkannte, daß die Voraussetzungen für die Ausübung dieses Gewerbes nicht vorliegen und sohin spruchgemäß die Ausübung des Gewerbes zu untersagen ist, bestätigte. Damit zusammenhängend auch in dem Recht auf ein gesetzeskonformes Verwaltungsverfahren."

In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde sei rechtsirrig davon ausgegangen, daß bei Vorliegen der festgestellten Vorstrafen in jedem Fall mit einem Ausschluß vom Gewerbe vorzugehen sei. Richtigerweise hätte sie sich jedoch mit den bezughabenden Verurteilungen auseinandersetzen müssen, d.h. die Gewerbebehörde hätte in jedem Einzelfall zu prüfen gehabt, "ob sich der durch das strafgerichtliche Urteil festgestellte Tatbestand ergibt, daß diese Handlung, wegen der die gerichtliche Verurteilung erfolgte aus Gewinnsucht begangen worden ist". Die belangte Berhörde hätte bezüglich jeder einzelnen festgestellten Verurteilung zu prüfen gehabt, "ob die aus dem Strafregister erkennbaren strafgerichtlichen Tatbestände noch zu Recht bzw. zu Unrecht eingetragen sind.", weil eine Strafregisterauskunft wegen möglicher Fehleintragungen keinesfalls als eine 100 %ig zu wertende Erkenntnisquelle angesehen werden könne. Die belangte Behörde gehe unrichtigerweise davon aus, daß die "Erteilung oder die Nachsicht auf Ausschluß von der Gewerbeausübung ein darauf gerichtetes Ansuchen" voraussetze und der Beschwerdeführer bei der zuständigen Behörde bisher einen solchen Antrag nicht eingebracht habe. Aus der sprachlichen Formulierung der Berufung des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde davon ausgehen müssen, "daß in Wahrheit sehr wohl ein solches Ansuchen vorlag". Bei allenfalls vorliegenden Mängeln dieses Ansuchens wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer zur Beseitigung allfälliger Formgebrechen aufzufordern. Den maßgeblichen Sachverhalt hätte die Behörde nach Vernehmung des Beschwerdeführers in einer mündlichen Verhandlung zu treffen gehabt. Da sie dies unterlassen habe, läge eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerdeführers vor. Durch die Berufung sei der Mangel der Verletzung des Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren nicht saniert worden, da dem Beschwerdeführer das Ermittlungsergebnis völlig unbekannt gewesen sei.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993, ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch die Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister (§ 6 des Tilgungsgesetzes 1972 in der jeweils geltenden Fassung) unterliegt.

Entsprechend der durch die Gewerberechtsnovelle 1992 erfolgten Neufassung des § 13 Abs. 1 GewO 1973 bildet nunmehr eine strafgerichtliche Verurteilung, die mit der Verhängung einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagen verbunden ist, allgemein einen Ausschlußgrund, der den Gewerbeanmelder bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vom Gewerbeantritt ohne Zwischenschaltung eines konstitutiven Verwaltungsaktes ausschließt, sodaß ein Gewerberecht nicht wie bisher zunächst trotz Vorliegens eines zur Ausschließung führenden Hindernisses auf Grund einer Gewerbeanmeldung entstehen kann (vgl. hiezu die Erläuternden Bemerkungen zu Art. I Z. 23 (§ 13) der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates Nr. 635 der XVIII. Gesetzgebungsperiode zur Gewerberechtsnovelle 1992). Da entgegen der früheren Gesetzeslage der Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1973 ex lege wirkt, hat der Gewerbeanmelder nunmehr außer den sonst vorgeschriebenen im § 339 Abs. 3 GewO 1973 aufgezählten Dokumenten und allfälligen Befähigungszeugnissen auch einen aktuellen Strafregisterauszug vorzulegen (§ 339 Abs. 3 Z. 2 GewO 1973), damit die Gewerbebehörde bereits bei der Einreichung der Gewerbeanmeldung allenfalls ausgewiesene gerichtliche Vorstrafen beurteilen kann.

Gemäß § 340 Abs. 1 GewO 1973 hat die Bezirksverwaltungsbehörde nämlich auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Über das Ergebnis ihrer Feststellungen hat die Behörde einen Bescheid zu erlassen, sofern nicht die Bestimmung des Abs. 4 anzuwenden ist. Gemäß Abs. 6 leg. cit. gilt eine Gewerbeanmeldung, die vor der rechtskräftigen Erteilung einer erforderlichen Nachsicht oder einer erforderlichen Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 eingebracht wird, erst ab Rechtskraft der Nachsicht oder der Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 als erstattet. Gemäß Abs. 7 leg. cit. hat die Bezirksverwaltungsbehörde, sofern die im Abs. 1 erwähnten Voraussetzungen nicht vorliegen - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z. 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.

Weder im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden noch in der Beschwerde wurden die festgestellten strafgerichtlichen Verurteilungen in Zweifel gezogen. Unstrittig steht weiters fest, daß diese Verurteilungen weder getilgt sind noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister gemäß § 6 TilgG 1972 unterliegen. Die Strafregisterauskunft ist eine öffentliche Urkunde, welche vollen Beweis dessen begründet, was darin von der Behörde amtlich verfügt oder erklärt oder von der Behörde oder der Urkundsperson bezeugt wird (§ 47 AVG iVm § 292 Abs. 1 ZPO). Den Gegenbeweis ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht angetreten. Das Beschwerdevorbringen, die Strafregisterauskunft enthalte möglicherweise Fehleintragungen, ist daher unbeachtlich.

Entgegen der früheren Rechtslage stellt § 13 Abs. 1 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 nur mehr auf das Ausmaß der im Strafurteil ausgesprochenen Strafe ab, sodaß eine Überprüfung, ob die zur festgestellten strafgerichtlichen Verurteilung führende Handlung aus Gewinnsucht begangen wurde, nicht mehr erforderlich ist.

Entgegen den Beschwerdeausführungen ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer ein Nachsichtsansuchen gestellt hätte, auch aus der sprachlichen Formulierung der Berufungsausführungen kann ein solcher Antrag nicht herausgelesen werden. Im übrigen verlangt der konstitutive Charakter der Gewerbeanmeldung, daß im Fall einer Entscheidung nach § 340 Abs. 6 GewO 1973 im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung zumindest das Verfahren über die Erteilung der Nachsicht bereits eingeleitet war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Februar 1990, Zl. 89/04/0114). Dies ist weder aktenkundig noch den Beschwerdeausführungen zu entnehmen.

Zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde auf Grund der Vernehmung des Beschwerdeführers in einer mündlichen Verhandlung kommen hätte sollen, vermag die Beschwerde nicht aufzuzeigen. Da dem Beschwerdeführer das für die Entscheidung der belangten Behörde maßgebliche Ermittlungsergebnis bereits zum Zeitpunkt der Erhebung der Berufung bekannt war, vermag der Beschwerdeführer eine Verletzung der Bestimmungen des § 45 Abs. 3 AVG durch die belangte Behörde nicht aufzuzeigen.

Die Beschwerde erweist sich somit im Rahmen des dargestellten, für die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof relevanten Beschwerdepunktes als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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