Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 5. November 1992 erließ die Handelskammer Niederösterreich gegenüber der Beschwerdeführerin einen Spruch mit folgendem Wortlaut:
"Gemäß § 57 g HKG wird festgestellt:
Der Bescheidwerber ist in Anwendung der Bestimmungen des § 57 a HKG zur Bezahlung der Grundumlage für das Jahr 1992 für die Landesinnung der Fleischer (1/37) in der Höhe von S 7.000,-- verpflichtet.
Die Höhe der Grundumlage gründet sich auf den Grundumlagenbeschluß der Landesinnungstagung vom 08.09.1991 (genehmigt durch das Präsidium vom 18.12.1991) für die Landesinnung der Fleischer (1/37), welcher in Mitteilungsblatt der Kammer in der Nr. 14 vom 10.04.1992 auf der Seite VI verlautbart ist.
Das Präsidium der Handelskammer NÖ. wurde mit Beschluß des Vorstandes vom 07.11.1990 gem. Par. 53a HKG zur Genehmigung der Beschlüsse der Fachgruppen über die Grundumlage delegiert. Diese Delegierung wurde in der Nr. 37 der NÖ. Wirtschaft vom 07.12.1990 auf Seite 6 verlautbart."
In der Begründung wird ausgeführt:
"Der Bescheidwerber ist zum Zeitpunkt der Vorschreibung im Besitz folgender Berechtigungen:
...."
In der Folge werden sieben "Berechtigungen" der Beschwerdeführerin aufgezählt und ausgeführt, daß diese Berechtigungen gemäß § 1 Z. 37 des Anhanges zur Fachgruppenordnung, BGBl. Nr. 223/47, in den Bereich der Landesinnung der Fleischer (1/37) fallen.
Über Berufung der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erging der Bescheid der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft vom 11. Mai 1993, dessen Spruch wie folgt lautet:
"Die Berufung wird abgewiesen und der Bescheid der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich vom 5.11.1992 mit der Ergänzung bestätigt, daß sich der Spruch des Bescheides der Kammer Niederösterreich im Hinblick auf § 59 Abs. 1 AVG auch auf den von der Vollversammlung der Kammer Niederösterreich gefaßten Beschluß gemäß § 57 Abs. 4 HKG vom 28.11.1990 über die Grundumlagepflicht beim Gemischtwarenhandel, kundgemacht im Mitteilungsblatt der Kammer Niederösterreich am 19.4.1991, Nr. 14, gründet.
Die Anlage dieses Bescheides wird zum integrierenden Bestandteil dieses Spruches erklärt."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es u.a., die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Niederösterreich habe mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 57g Abs. 1 HKG, BGBl. Nr. 182/1946, zuletzt geändert durch die 8. HKG-Novelle, BGBl. Nr. 620/1991, festgestellt, die Berufungswerberin verfüge über die im erstinstanzlichen Bescheid gennannten Berechtigungen an den dort näher bezeichneten Standorten. Aufgrund dieser Berechtigungen sei die Berufungswerberin Mitglied bei den im erstinstanzlichen Bescheid genannten Fachgruppen. Sie sei daher verpflichtet Grundumlagen in der Höhe von insgesamt S 7.000,-- zu entrichten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof durch den angefochtenen Bescheid
"insofern in ihren Rechten verletzt, als
- eine tatsächlich nicht existierende "Berechtigung" einer Grundumlagepflicht festgestellt wird;
- kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und das Parteiengehör der Beschwerdeführerin verletzt wurde;
- weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid dem Erfordernis des § 59 (1) AVG entspricht, wonach der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen hat;
- trotz eines bereits anhängigen Verwaltungsverfahrens über die selbe Sache ein Feststellungsbescheid über die Grundumlagepflicht für das Jahr 1992 erlassen wurde, in eventu, weil der angefochtene Bescheid nicht erkennen läßt, ob Gegenstand dieses Verfahrens die selbe "Sache" ist wie im bereits anhängigen Feststellungsverfahren."
In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf verwaltungsgerichtliche Judikatur u.a. vor, der Spruch des angefochtenen Bescheides entspreche nicht den Anforderungen des § 59 Abs. 1 AVG, weil darin die für die Bemessung der Umlagepflicht maßgebenden Berechtigungen nicht im einzelnen dargestellt seien. Eine entsprechende Darstellung in der Begründung vermöge diesen Mangel nicht zu ersetzen. Die belangte Behörde habe "die Anlage dieses Bescheides" zu einem integrierenden Bestandteil des Spruches erklärt. Mit der Anlage sei offenbar ein zusammengeheftetes Zettelkonvolut gemeint, das dem angefochtenen Bescheid beigelegt, mit diesem jedoch in keiner Weise verbunden sei. Dem Erfordernis der eindeutigen Bestimmbarkeit werde damit zweifellos nicht entsprochen und es bleibe unklar, über welchen Sachverhalt mit dem angefochtenen Bescheid abgesprochen worden sei.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht:
Gemäß § 57g Abs. 1 HKG hat die zur Vorschreibung einer Grundumlage oder Eintragungsgebühr zuständige Körperschaft (bei Vorschreibung der Eintragungsgebühr im Bereich der Sektion Handel diese Sektion) über die Art und das Ausmaß der Umlagepflicht einen Bescheid zu erlassen, wenn dies von der zahlungspflichtigen Person spätestens einen Monat nach Vorschreibung verlangt wird.
Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.
Ausgehend von dieser Gesetzeslage folgt aber, daß sämtliche für Art und Ausmaß der Umlagepflicht maßgebenden Umstände in den normativen Spruchinhalt eines Feststellungsbescheides nach § 57g Abs. 1 HKG aufzunehmen sind, was insbesonders für die danach maßgebenden "Berechtigungen" und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit u.a. zu einer bestimmten Fachgruppe gilt. In diesem Zusammenhang ist auch ein Hinweis auf die Begründung eines Bescheides nicht als ausreichend anzusehen, da der Umstand, daß Spruch und Begründung eines Bescheides als Einheit anzusehen sind, nicht zur Folge hat, daß die Begründung eines Bescheides zur Ergänzung seines Spruches herangezogen werden dürfte (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0213, und die dort bezeichnete weitere hg. Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall enthält der erstbehördliche Bescheid in seinem Spruch keinen Hinweis auf die die Grundumlagepflicht der Beschwerdeführerin begründenden Berechtigungen im Sinne des § 57a Abs. 4 HKG. Lediglich in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides werden die maßgebenden "Berechtigungen" und die sich hieraus ergebende Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fachgruppe festgestellt. Dies vermag nach der soeben dargelegten Rechtslage an der dadurch begründeten Gesetzwidrigkeit des Spruches nichts zu ändern.
Durch die Bestätigung des erstbehördlichen Bescheides erhob die belangte Behörde in Anwendung des § 66 Abs. 4 AVG den Spruch des erstbehördlichen Bescheides - mit im gegebenen Zusammenhang bedeutungsloser Ergänzung - zum Inhalt des angefochtenen Bescheides. Die dem Spruch des erstbehördlichen Bescheides anhaftende Rechtswidrigkeit trifft daher im übernommenen Umfang auch auf den angefochtenen Bescheid zu.
Der Ausspruch im Spruch des angefochtenen Bescheides, es werde "die Anlage dieses Bescheides .... zum integrierenden Bestandteil dieses Spruches erklärt", vermag daran nichts zu ändern, weil es einerseits an jeglicher sprachlicher Verknüpfung des Inhaltes dieser Anlage mit dem Abspruch über die Grundumlagepflicht der Beschwerdeführerin fehlt, und andererseits mangels haltbarer mechanischer Verbindung mit dem angefochtenen Bescheid oder entsprechender erforderlicher Bestimmbarkeitskriterien eine eindeutige Zuordnung eines entsprechenden Schriftstückes nicht möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/04/0135).
Der angefochtene Bescheid war daher in Stattgebung der Beschwerde schon aus den dargestellten Erwägungen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in vollem Umfang aufzuheben, ohne daß sich das Erfordernis der Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens ergab.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 104/1991.
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