VwGH 93/03/0230

VwGH93/03/023016.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des J in T, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. Mai 1993, Zl. 1/7-3/1993, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol und dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 1.517,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Instanzenzug schuldig erkannt, 1. sich zu einem bestimmten Zeitpunkt am Gendarmerieposten Axams gegenüber einem von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert zu haben, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl habe vermutet werden können, daß er sich beim Lenken eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einem näher umschriebenen Straßenstück in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe; 2. zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einem näher umschriebenen Straßenstück mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um ca. 30 km/h überschritten zu haben, wobei 3. am Sattelanhänger hinten links ein dreieckiger Rückstrahler nicht angebracht gewesen sei. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu 1. nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m.

§ 5 Abs. 2 StVO 1960, zu 2. nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 und zu 3. nach § 102 Abs. 1 i.V.m. § 16 Abs. 1 und § 14 Abs. 5 KFG 1967 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden. Gleichzeitig wurde das Strafverfahren hinsichtlich weiterer dem Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren zur Last gelegter Verwaltungsübertretungen gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 und 3 VStG eingestellt.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen, inhaltlich jedoch nur gegen seinen verurteilenden Teil gerichtete Beschwerde ab und trat sie an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ging - soweit es für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist - in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, der Beschwerdeführer sei zunächst am Ort der Anhaltung aufgefordert worden, sich zwecks Ablegung der Atemluftprobe im Streifenwagen zum Gendarmerieposten Axams zu begeben, da am Gendarmerieposten Mutters, in dessen Sprengel die Anhaltung erfolgt sei, kein Atemalkoholmeßgerät zur Verfügung gestanden sei. Am Gendarmerieposten Axams sei jedoch hervorgekommen, daß auch dort ein Atemalkoholmeßgerät nicht zur Verfügung stand, weil dieses zur Kalibrierung versendet gewesen sei. Daraufhin sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, auf den Gendarmerieposten Kematen mitzukommen, wo ein derartigers Gerät zur Verfügung gestanden sei. Diese Aufforderung habe der Beschwerdeführer verweigert. Die Fahrzeit dorthin hätte nur ungefähr vier Minuten betragen.

Ausgehend von diesem unbestritten gebliebenen Sachverhalt vertritt der Beschwerdeführer den Standpunkt, es wäre Sache der Gendarmeriebeamten gewesen, sich zuvor - allenfalls per Funk - darüber zu vergewissern, wo ein Atemalkoholmeßgerät zur Verfügung stehe. "Dies umso mehr, als am nächstgelegenen Gendarmerieposten Mutters ebenfalls kein geeignetes Gerät zur Verfügung stand und somit schon diese erste Aufforderung auf Grund der großen örtlichen Entfernung bereits mit einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand verbunden war." Der Beschwerdeführer sei der Aufforderung, zum Gendarmerieposten Axams mitzukommen, ordnungsgemäß nachgekommen. Daß sich dies letztlich als zwecklos erwiesen habe, sei ausschließlich im Verantwortungsbereich der einschreitenden Gendarmeriebeamten gelegen. Da diese offenbar nicht in der Lage gewesen seien, rechtzeitig für die Bereitstellung eines geeigneten Gerätes Sorge zu tragen, sei es dem Beschwerdeführer keineswegs zuzumuten gewesen, sich mit den einschreitenden Beamten "weiterhin auf die ungewisse Suche nach einem Atemluftalkoholmeßgerät zu begeben".

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, enthält das Gesetz keine Bestimmung darüber, wo die Atemalkoholprobe durchzuführen ist. Dies zu bestimmen ist vielmehr Sache der Straßenaufsichtsorgane. Sie haben die betreffende Person so rasch wie möglich der Untersuchung zuzuführen, um Verfälschungen und Verschleierungen möglichst hintanzuhalten. Den Anordnungen der Straßenaufsichtsorgane ist daher - zumindest im Rahmen der Zumutbarkeit - Folge zu leisten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. April 1989, Zl. 88/18/0368, und vom 11. November 1992, Zl. 92/02/0048).

Es ist daher im vorliegenden Fall lediglich zu prüfen, ob es dem Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen zumutbar war, der am Gendarmerieposten Axams ausgesprochenen Aufforderung, den Gendarmeriebeamten zum Gendarmerieposten Kematen zwecks Ablegung der Atemluftprobe zu folgen. Dafür, daß dies nicht der Fall gewesen wäre, bietet die Aktenlage einerseits im Hinblick darauf, daß die bisherige Amtshandlung - wie sich dies aus den Tatzeitangaben im Spruch des angefochtenen Bescheides ergibt - lediglich 30 Minuten gedauert hatte und andererseits für die Fahrt zum Gendarmerieposten Kematen nur eine Fahrzeit von weiteren vier Minuten zu veranschlagen war, keinen Anhaltspunkt. Auch wurde vom Beschwerdeführer weder im Verwaltungsstrafverfahren noch auch in der Beschwerde dargetan, daß er mit Grund damit rechnen mußte, es werde auch am Gendarmerieposten Kematen ein entsprechendes Meßgerät nicht zur Verfügung stehen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, warum der Beschwerdeführer unter diesen Umständen in einer ein Verschulden ausschließenden Weise nicht in der Lage gewesen sein soll, die Strafbarkeit seines Verhaltens zu erkennen. Er hatte in dieser Situation ja nicht, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, die rechtstheoretische Frage zu klären, "wie vielen Aufforderungen und vergeblichen Fahrten zu verschiedenen Gendarmerieposten der Betroffene nun tatsächlich - ohne rechtswidrig zu handeln -" nachzukommen habe; zu beurteilen war lediglich, ob ihm unter den konkreten Umständen des Einzelfalles eine Atemluftprobe auf dem Gendarmerieposten Kematen zumutbar war.

Die Beschwerde erweist sich somit, soweit sie sich gegen die Verurteilung wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 richtet, als unbegründet. Bezüglich der weiteren dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen enthält die Beschwerde kein Vorbringen, sodaß die Beschwerde insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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