Normen
AVG §42 Abs2;
AVG §43 Abs3;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
LuftfahrtG 1958 §92 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §42 Abs2;
AVG §43 Abs3;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
LuftfahrtG 1958 §92 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 23. November 1992 beantragten die Beschwerdeführer die luftfahrtbehördliche Ausnahmebewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. 75/25, KG. L, das sich - unbestritten - in der für den Flughafen Graz mit Verordnung vom 16. März 1961, Zl. 33.200/7-I/7-1961, in der Fassung der Verordnungen vom 18. Feber 1971, Zl. 33.203/35-I/8-71, und vom 11. Feber 1980, Zl. 33.203/59-I/6-1980, festgelegten Sicherheitszone befindet. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Jänner 1993 wurde den Beschwerdeführern diese Bewilligung unter Zugrundelegung der im Spruch unter Punkt 1 näher ausgeführten Einreichunterlagen mit der Maßgabe von insgesamt 8 Bedingungen bzw. Auflagen erteilt. Darunter finden sich auch folgende Auflagen:
"5. Das Bauvorhaben ist im Hinblick auf seine Lage innerhalb des nördlichen Instrumentenanflugsektors des Flughafens Graz und den damit bedingten Lärmemissionen mit geeigneten Schallschutzmaßnahmen gemäß Ö-Norm B 8115 auszustatten.
...
7. Seitens der Eigentümer bzw. Nutzer des gegenständlichen Einfamilienhauses dürfen keine wie immer gearteten Ansprüche aus dem Titel der Fluglärmbelästigung an die Flughafen Graz Betriebsgesellschaft m.b.H. gestellt werden."
Gegen diesen Bescheid, insofern damit die letztgenannten Auflagen 5. und 7. vorgeschrieben werden, richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes "in den genannten Auflagepunkten" kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
In ihrer ergänzenden Äußerung vom 12. Februar 1996 erklärten die Beschwerdeführer, daß die Beschwerde zur Aufhebung des gesamten angefochtenen Bescheides führen möge.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde wurde "gegen den Bescheid" der belangten Behörde vom 11. Jänner 1993 eingebracht. Wenn im Zuge des Beschwerdevorbringens ausgeführt wird, daß sich die Beschwerde nur gegen die genannten Auflagen 5. und 7. des Bescheides richtet, kann dies nicht bewirken, daß die übrigen Teile des Bescheides unangefochten bleiben, weil Auflagen - als belastende Nebenbestimmungen - mit der Bewilligung, welche an sie geknüpft wird, eine notwendige Einheit bilden. Die Beschränkung der Beschwerde auf die Bekämpfung der vorbezeichneten Auflagen ist jedoch - wie die Beschwerdeführer auch unter der Rubrik "Beschwerdepunkte" und im Ergebnis mit ihrer Äußerung vom 12. Februar 1996 verdeutlichen - als Bezeichnung des Rechtes, in dem sie verletzt zu sein behaupten, im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG zu werten. Im Rahmen dieses Beschwerdepunktes hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1975, Slg. Nr. 8822/A).
Die belangte Behörde begründete, nach Erstellung einer "gutächtlichen Äußerung" vom 11. November 1992, den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß auf Grund der Situierung des Grundstückes im nördlichen Anflugsektor des Flughafens Graz im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt und zum Schutze der Allgemeinheit die Vorschreibung der im Spruch ersichtlichen Auflagen und Bedingungen zu verfügen sei. Bei Einhaltung dieser Nebenbestimmungen erscheine die Sicherheit des Flugbetriebes im Bereiche des Flughafens Graz und seiner Sicherheitszonen nicht beeinträchtigt.
Die Beschwerdeführer wenden dagegen im wesentlichen ein, daß ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung bestehe, wenn durch die Errichtung eines "Luftfahrthindernisses" die Sicherheit der Luftfahrt nicht beeinträchtigt würde. Auflagen seien nur insoweit zu erteilen, als dies im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt oder zum Schutze der Allgemeinheit erforderlich sei. Diesen beiden Schutzzwecken hätten erteilte Auflagen zu dienen. Auf die Auflagen Punkt 5 und 7 des bekämpften Bescheides treffe dies nicht zu. Die Ausstattung des Hauses der Beschwerdeführer mit geeigneten Schallschutzmaßnahmen liege weder im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt, noch sei diese Maßnahme in irgendeiner Form dem Schutze der Allgemeinheit dienlich. Der Einbau von Schallschutzfenstern und Schallschutztüren bzw. anderen Schallschutzvorrichtungen diene einzig den Bewohnern im Hause. Eine Vorschreibung solcher Maßnahmen falle somit nicht in die Kompetenz des Luftfahrtgesetzes. Immissionsüberlegungen hätten außer Betracht zu bleiben. Die Auflage, es dürften keine wie immer gearteten Ansprüche aus dem Titel der Fluglärmbelästigung an die mitbeteiligte Partei gestellt werden, entbehre jeder Rechtsgrundlage. Es sei nicht Ziel der gesetzlichen Bestimmung, die mitbeteiligte Partei vor Ansprüchen seitens der Anrainer aus welchem Titel immer zu schützen.
Nach § 86 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes (LFG) ist Sicherheitszone der Bereich eines Flugplatzes und seiner Umgebung, innerhalb dessen für die Errichtung oder Erweiterung eines Luftfahrthindernisses im Sinne des § 85 Abs. 1 unbeschadet sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich ist (Ausnahmebewilligung). Eine Ausnahmebewilligung ist im Grunde des § 92 Abs. 2 LFG zu erteilen, wenn durch die Errichtung oder Erweiterung eines Luftfahrthindernisses die Sicherheit der Luftfahrt nicht beeinträchtigt wird. Sie ist insoweit bedingt oder mit Auflagen zu erteilen, als dies im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt oder zum Schutze der Allgemeinheit erforderlich ist.
Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, daß die in Rede stehende Grundparzelle, auf welcher der Bau des Objektes beabsichtigt ist, innerhalb der für den Flughafen festgelegten Sicherheitszone (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, Zlen. 93/03/0188, 0189, 0190) gelegen ist und als Luftfahrthindernis (§ 85 Abs. 1 LFG) einer Ausnahmebewilligung im Sinne des § 92 Abs. 2 LFG bedarf.
Die Vorschrift des § 92 LFG zielt darauf ab, die Sicherheit der Luftfahrt in Ansehung konkret bestehender bzw. entstehender Luftfahrthindernisse zu gewährleisten, daneben ist aber auch auf die Abwehr der der Allgemeinheit aus dem Luftverkehr drohenden Gefahren Bedacht zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. April 1974, Slg. Nr. 8599/A). Bei der gebotenen weiten Auslegung des Begriffes der Sicherheit der Luftfahrt gehört zum Luftverkehr nicht allein der eigentliche Flugverkehr, sondern etwa auch der Flugplatzverkehr. Der Schutz erstreckt sich auch auf die Sicherheit der Person und des Eigentums, auf das Leben und die Gesundheit von Dienstnehmern, die Sicherheit des Betriebes von Luftfahrzeugen, Luftfahrtgerät und Luftverkehrsunternehmungen und anderes. Die Sicherheit von Unbeteiligten - Personen und Sachen auf der Erde udgl. - umschließt der Begriff der Sicherheit der Luftfahrt und der Verkehrssicherheit sekundär (vgl. hiezu Halbmayer/Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht II, LFG, 11). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann die Auflage Punkt 5 (geeignete Schallschutzmaßnahmen) nicht als von der Kompetenz des Luftfahrtgesetzes ausgenommen angesehen werden; die Beschwerdeführer übersehen, daß gemäß § 92 Abs. 2 LFG Auflagen insbesondere dann zu erteilen sind, wenn es - nach dem zweiten Fall des zweiten Satzes dieser Bestimmung - zum Schutze der Allgemeinheit erforderlich ist. Hiedurch wird auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit verwiesen, wobei vor allem auf die Sicherheit der Benützer der als Luftfahrthindernis anzusehenden Anlage Bedacht zu nehmen ist (Halbmayer/Wiesenwasser a.a.O., 148). Es kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie zur Erreichung des Schutzes der Allgemeinheit, worunter nicht nur die Beschwerdeführer selbst, sondern auch die in dem von ihnen beabsichtigten Haus verkehrenden Personen, wie Angehörige, Besucher, Lieferanten etc., die Ausstattung des Objektes mit geeigneten Schallschutzmaßnahmen auferlegte. Daß Lärmimmissionen in nicht unerheblichem Ausmaß an der hier in Rede stehenden Örtlichkeit nicht ausgeschlossen werden können, wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Auch gegen die Notwendigkeit der vorgeschriebenen Schallschutzmaßnahmen an sich wenden die Beschwerdeführer nichts ein.
Mit Recht rügen die Beschwerdeführer jedoch, daß die belangte Behörde mit der Erteilung der Auflage Punkt 7 die Rechtslage verkannt hat: Es mag zutreffen, daß bereits in der "gutächtlichen Äußerung" vom 11. November 1992 festgehalten wurde, daß die luftfahrtbehördliche Ausnahmebewilligung im gegenständlichen kritischen Bereich nur unter Vorschreibung auch der Bedingung bzw. Auflage erteilt werden dürfe, daß seitens der Eigentümer bzw. Nutzer des gegenständlichen Einfamilienhauses keine wie immer gearteten Ansprüche aus dem Titel der Fluglärmbelästigung an die mitbeteiligte Partei gestellt werden dürften, und die Beschwerdeführer nach der von der Behörde eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme die Auflagen zur Kenntnis genommen haben. Daraus ist jedoch für den Standpunkt der Behörde nichts gewonnen. Weder in dem genannten "Gutachten" noch im angefochtenen Bescheid findet sich eine konkrete im einzelnen nachvollziehbare Begründung für die Erforderlichkeit dieser Auflage. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß dieser "Anspruchsausschluß aus dem Titel Fluglärm" (so die belangte Behörde in der Gegenschrift) erforderlich ist, um die Sicherheit der Luftfahrt oder den Schutz der Allgemeinheit zu gewährleisten. Da Nebenklauseln einem Verwaltungsakt nur beigefügt werden dürfen, wenn dies im Gesetz vorgesehen ist, und die Auflage zu Punkt 7 in § 92 Abs. 2 LFG keine Deckung findet, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid insoweit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Dem Einwand der belangten Behörde in der Gegenschrift, der (Erst)Beschwerdeführer hätte im Zuge des Verwaltungsverfahrens die Auflagen "zustimmend zur Kenntnis genommen", ist zu entgegnen, daß dies die spätere Bekämpfung der Auflagen aus rechtlichen Gründen nicht ausschließt (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens4, Anm. 57 zu § 42 AVG sowie E. 1 zu § 40 AVG).
Eine (teilweise) Aufhebung nur der von den Beschwerdeführern in Beschwerde gezogenen Auflagen kam deshalb nicht in Betracht, weil die Behörde im Interesse der Abwehr der der Allgemeinheit aus dem Luftverkehr drohenden Gefahren insgesamt ihre Beurteilung zu treffen und daraus bei der Erledigung des von den Beschwerdeführern gestellten Ansuchens die notwendigen Folgerungen zu ziehen hat (vgl. das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 19. April 1974, Slg. Nr. 8599/A). Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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