VwGH 93/01/0626

VwGH93/01/062623.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des I in U, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Mai 1993, Zl. 4.339.494/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 24. Juni 1992 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger, der am 20. Mai 1992 den Asylantrag gestellt hat - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Mai 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß von ihr bereits das Asylgesetz 1991 anzuwenden sei, dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz dieses Gesetzes, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war". Diese Auffassung trifft aber - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf welches des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführlich dargelegt hat - auf Grund der Auslegung der genannten Bestimmung sowie der des § 25 Abs. 1 erster Satz Asylgesetz 1991 nicht zu. Dies führt zwar noch nicht zwangsläufig dazu, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt wurde, ist doch die belangte Behörde zu ihrer abweislichen Entscheidung deshalb gelangt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 verneint hat, und stellt diese Bestimmung keine inhaltliche Änderung gegenüber dem nach § 1 Asylgesetz (1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention geltenden Flüchtlingsbegriff dar. Die unrichtige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde wirkte sich aber dahingehend aus, daß sie der Auffassung war, sie habe gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen, zumal keiner der Fälle des § 20 Abs. 2 leg. cit. vorliege, und sie es ausschließlich aus diesem Grunde unterlassen hat, auch das (nach der von ihr anzuwendenden Rechtslage zu beachtende) Berufungsvorbringen einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen. Dieser (sekundäre) Verfahrensmangel ist wesentlich, weil die belangte Behörde bei dessen Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 21. Mai 1992 hinsichtlich seiner Fluchtgründe angegeben, am 25. April 1992 an einer - mit dem "Kommen des Ex-Königs" in Zusammenhang stehenden - Versammlung teilgenommen zu haben, die von der Polizei aufgelöst worden sei. Man habe die Teilnehmer, so auch den Beschwerdeführer, in eine andere Ortschaft verbracht und dort freigelassen. Nach einiger Zeit habe ihn die Polizei gesucht und seiner Mutter mitgeteilt, daß er sich bei der Polizei melden solle. Da er Angst gehabt habe, habe er seine Heimat verlassen. Insofern ist der belangten Behörde im Ergebnis darin beizupflichten, daß aus diesem Sachverhalt für sich allein eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung aus einem der maßgeblichen Gründe nicht abgeleitet werden kann, was auch in der Beschwerde gar nicht geltend gemacht wird.

Anders verhält es sich aber mit dem (in der Begründung des angefochtenen Bescheides unvollständig wiedergegebenen) Teil seines Berufungsvorbringens, daß er, wie andere auch, nach der Teilnahme an einer Sympathiekundgebung für den rumänischen "Exilkönig" am 26. April 1992 "während der Verhaftung" von der Polizei geprügelt und mit Zwangsarbeit bedroht worden sei, wobei er hinzufügte, daß auch er an einem namentlich genannten Ort "zur Zwangsarbeit verlegt werden sollte" und dies einem Todesurteil gleichkomme. Auf dem Boden dieser Sachverhaltsgrundlage könnte nicht mehr davon die Rede sein, daß sich der Beschwerdeführer nicht aus wohlbegründeter Furcht, wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befinde.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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