VwGH 92/18/0189

VwGH92/18/018917.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des K in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 28. April 1992, Zl. III 40-3/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z2;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
EheG §23;
EheG §27;
FrPolG 1954 §2 Abs1 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
MeldeG 1972 §1;
MeldeG 1991 §6;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §27 Abs1;
VwRallg;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
EheG §23;
EheG §27;
FrPolG 1954 §2 Abs1 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
MeldeG 1972 §1;
MeldeG 1991 §6;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §27 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 28. April 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, ein auf § 3 Abs. 1, Abs. 3 und § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 idF BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) gestütztes, bis zum 5. Februar 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.

Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe sich nach Ablauf der damals noch geltenden "sichtvermerksfreien 3-Monats-Frist" von Oktober 1989 bis Jänner 1990 ohne den erforderlichen Sichtvermerk, somit rechtswidrig, in Österreich aufgehalten und hier am 6. Dezember 1989 die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zum Zweck der Erlangung einer Beschäftigungs- und einer Aufenthaltsbewilligung, mithin mißbräuchlich, geschlossen. Darüber hinaus weise der Beschwerdeführer zwei rechtskräftige Bestrafungen aus dem Jahr 1990 wegen Übertretung des Art. IX EGVG und des § 11 Tiroler Landes-Polizeigesetz und wegen Übertretung des Meldegesetzes (Unterlassung der Anmeldung) auf. Dieser Sachverhalt in seiner Gesamtheit zeige, daß der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle.

Der Beschwerdeführer halte sich seit Juli 1989 in Österreich auf. Seine österreichische Ehefrau und seine frühere (türkische) Ehefrau hielten sich in Österreich auf; mit letzterer lebe der Beschwerdeführer zusammen. Von einer ausgeprägten Integration des Beschwerdeführers und seiner türkischen Ehefrau und jetzigen Lebensgefährtin (die sich seit Oktober 1989 im Bundesgebiet aufhalte) und einer besonderen Intensität der Bindung der beiden Genannten an das Bundesgebiet könne schon aufgrund der relativen Kürze des Aufenthaltes keine Rede sein. Eine Beeinträchtigung des Ehe- bzw. Familienlebens der österreichischen Ehefrau sei nicht gegeben, da diese mit dem Beschwerdeführer nicht (mehr) zusammenlebe. Eine aller Voraussicht nach eintretende wirtschaftliche Schlechterstellung des Beschwerdeführers und seiner fünf Kinder in der Türkei im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in dieses Land müsse angesichts des maßgebenden öffentlichen Interesses an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kauf genommen werden. Zur Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens des Beschwerdeführers sei noch zu bemerken, daß er in Österreich als Hilfsarbeiter im Gastgewerbe tätig sei und er diese nicht qualifizierte Tätigkeit auch in einem anderen Land ausüben könne.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Aufenthaltsverbot ausschließlich auf § 3 Abs. 1 FrPolG (unter Bedachtnahme auf § 3 Abs. 3 leg. cit.) gestützt werden, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der in § 3 Abs. 2 leg. cit. angeführten Fälle aufweisen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die im § 3 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. Juni 1992, Zl. 92/18/0099, und vom 30. Juli 1992, Zl. 92/18/0158).

2. Die belangte Behörde hat unter Zugrundelegung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers geprüft, ob die im § 3 Abs. 1 FrPolG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Sie ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß aufgrund des Mißbrauches des Rechtsinstituts der Ehe durch den Beschwerdeführer, seiner rechtskräftigen Bestrafungen nach Art. IX EGVG und § 11 Tiroler Landes-Polizeigesetz (Ordnungsstörung, Anstandsverletzung) einerseits und nach dem Meldegesetz anderseits sowie seines Verstoßes gegen das Fremdenpolizeigesetz durch einen mehrmonatigen rechtswidrigen Aufenthalt in Österreich der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde.

Der Verwaltungsgerichtshof ist in seinem die Ungültigerklärung des dem Beschwerdeführer erteilten Sichtvermerkes durch die BH Kitzbühel betreffenden Erkenntnis vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0096, (mit dem die Beschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen wurde) zu dem Ergebnis gelangt, daß das dem Beschwerdeführer vorgeworfene und von ihm gar nicht bestrittene Verhalten, die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deshalb geschlossen zu haben, um sich eine Aufenthaltsberechtigung und einen Befreiungsschein gemäß § 15 Abs. 1 Z. 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz zu verschaffen, die Annahme rechtfertige, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ordnung, und hat dazu festgehalten, daß das Verhalten des Beschwerdeführers einen evidenten Rechtsmißbrauch darstelle. Damit stimmt die im angefochtenen Bescheid getroffene Beurteilung überein. Die in der Beschwerde nicht in Abrede gestellten vorerwähnten rechtskräftigen Bestrafungen und der gleichfalls unwidersprochen gebliebene Verstoß gegen das Fremdenpolizeigesetz - letzterer wie auch die Übertretung des Meldegesetzes sind keineswegs als unbedeutend zu werten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0351) - ergeben zusammen mit der rechtsmißbräuchlichen Eingehung der Ehe zwecks Beschaffung fremdenpolizeirechtlich bedeutsamer Berechtigungen ein Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers, das die belangte Behörde, ohne rechtswidrig zu handeln, in die Lage versetzte, unter direkter Gebrauchnahme von § 3 Abs. 1 FrPolG die dort umschriebene Annahme für gerechtfertigt halten zu können.

3. Auch die im Grunde des § 3 Abs. 3 FrPolG vorgenommene Interessenabwägung begegnet keinen rechtlichen Bedenken: Die belangte Behörde hat insoweit alle für und gegen den Beschwerdeführer sprechenden Umstände in unbedenklicher Weise gewürdigt. Die Beschwerde vermochte dem nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.

4. Was schließlich den behaupteten Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung des Parteiengehörs anlangt, so ist der Beschwerde entgegenzuhalten, daß es eines Vorhaltes der erwähnten Übertretungen nicht bedurfte, da diese dem Beschwerdeführer bekannt sein mußten und die von der Behörde insoweit ins Auge gefaßte rechtliche Beurteilung nicht dem Parteiengehör unterliegt (vgl. § 45 Abs. 3 AVG).

5. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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