VwGH 92/18/0136

VwGH92/18/013612.6.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. G in X, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 4. März 1992, Zl. Ge-50.360/3-1992/Pan/W, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, zu Recht erkannt:

Normen

AAV §46 Abs6;
AAV §93 Abs5;
BArbSchV §1;
BArbSchV §19 Abs4;
BArbSchV §2;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AAV §46 Abs6;
AAV §93 Abs5;
BArbSchV §1;
BArbSchV §19 Abs4;
BArbSchV §2;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a litb;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. März 1992 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer bestimmten Ges.m.b.H., die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin einer näher angeführten Kommanditgesellschaft sei, als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß am 23. Oktober 1990 auf einer näher angeführten Baustelle ein namentlich genannter Arbeiter mit Verputzarbeiten auf einem Metallrohrgerüst beschäftigt gewesen sei, obwohl der Gerüstbelag, auf dem er gestanden sei, sich in einer Höhe von ca. 4 m über dem Erdboden befunden habe und das Gerüst nur mit Brustwehren ausgestattet gewesen sei; Gerüstbeläge, von denen Arbeitnehmer mehr als zwei Meter abstürzen könnten, müßten durch Brust-, Mittel- und Fußwehren gesichert sein. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 46 Abs. 6 AAV begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Zur Einrede der Verfolgungsverjährung genügt es auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/18/0135, zu verweisen, mit welchem ein gleichartiges Vorbringen des Beschwerdeführers als unberechtigt erachtet wurde.

Hingegen ist der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsrüge in Hinsicht auf die Subsumtion des ihm vorgeworfenen Verhaltens im Ergebnis im Recht: Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24. September 1990, Zl. 90/19/0184, zum Ausdruck gebracht, daß bei den unter den Geltungsbereich der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 267/1954 (BV), fallenden Arbeiten grundsätzlich die einschlägigen Vorschriften der AAV zusätzlich zu denen der BV anzuwenden seien; dieser Grundsatz stehe unter dem Vorbehalt, daß im nachstehenden, d.h. in den weiteren, dem § 2 BV folgenden Bestimmungen dieser Verordnung nicht anderes bestimmt, also die Anwendung "auch" der AAV ausgeschlossen werde; Gerüstlagen (Gerüstbeläge), bei denen eine Absturzgefahr aus mehr als zwei Meter bestehe, müßten insgesamt mit einer Brustwehr und einer Fußwehr, dies nach § 19 Abs. 4 BV, sowie mit einer Mittelwehr, dies nach § 46 Abs. 6 AAV, versehen sein.

Im vorliegenden Beschwerdefall hat nun die belangte Behörde, wie sich aus der im Instanzenzug aufrecht erhaltenen Tatumschreibung ergibt, dem Beschwerdeführer das Fehlen der Mittel- und Fußwehr angelastet. Allerdings war es entsprechend der oben zitierten hg. Judikatur rechtswidrig, diesen Sachverhalt zur Gänze dem § 46 Abs. 6 AAV zu subsumieren. Vielmehr hätte es die Rechtslage erfordert, (allein) das Fehlen der Mittelwehr als Verstoß gegen § 46 Abs. 6 AAV zu werten und dem Beschwerdeführer als weitere Verwaltungsübertretung das Fehlen der Fußwehr als Verstoß gegen § 19 Abs. 4 BV anzulasten. Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage insoweit verkannt, als sie einerseits teilweise gegen die Vorschrift des § 44a lit. b VStG 1950 verstieß und andererseits den Beschwerdeführer anstelle zweiter Verwaltungsübertretungen nur einer solchen für schuldig befand und hiefür auch nur eine Strafe verhängte (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 826 unter Z. 32 zitierte hg. Vorjudikatur).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß in das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Stempelgebühren war abzuweisen, weil zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung als Beilage zur Beschwerde nur der angefochtene Bescheid vorzulegen war.

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