VwGH 92/17/0128

VwGH92/17/01284.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der T F in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den mit 7. Mai 1986 datierten Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds, Zl. Ia/DR.K./r., betreffend Zuerkennung der Milchlieferverzichtsprämie, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art140 Abs7;
MOG 1985 §75 idF 1986/183;
MOGNov 1985 Art3;
B-VG Art140 Abs7;
MOG 1985 §75 idF 1986/183;
MOGNov 1985 Art3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der geschäftsführende Ausschuß des Milchwirtschaftsfonds erließ den mit 7. Mai 1986 datierten Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Der von den Eigentümern des milcherzeugenden Betriebes, in P Nr. 38, JK, EK, TF, diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R in L und AK am 30. September 1985 gestellte Antrag auf Zuerkennung der Milchlieferverzichtsprämie wird gemäß Art. III Abs. 1 Marktordnungsgesetz-Novelle 1985 (BGBl. Nr. 291/1985) wegen Unvollständigkeit ABGEWIESEN."

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, das Antragsformular auf Zuerkennung der Milchlieferverzichtsprämie sei Gesetzesbestandteil des Art. III der Marktordnungsgesetz-Novelle 1985. Wesentlicher Bestandteil dieser Bestimmung sei, daß der Verfügungsberechtigte im Antragszeitpunkt den Antrag habe unterfertigen müssen. Damit ergebe sich zwingend aus dem Gesetz, daß nicht nur alle Eigentümer unterschreiben müßten, sondern vor allem die im Antragszeitpunkt über den milcherzeugenden Betrieb Verfügungsberechtigte (H S) hätte unterschreiben müssen. Da die Unterschrift der Verfügungsberechtigten nicht vorliege, sei der Antrag der Eigentümer unvollständig ausgefüllt. Es werde darauf hingewiesen, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. II Z. 18 und VI der MOG-Novelle 1986 ein neuerlicher Antrag auf Rückkauf der Einzelrichtmenge gestellt werden könne.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid "wegen Rechtswidrigkeit" (offenbar gemeint: wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften) aufzuheben.

Die belangte behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Mit Erkenntnis vom 8. März 1991, G 227-231/90-9 u.a. (hier: G 60-61/91-7), hat der Verfassungsgerichtshof auf Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles unter anderem ausgesprochen, daß Art. III Abs. 4 erster Satz, Abs. 5 zweiter bis letzter Satz, die Bezeichnung "zehn" in Abs. 6 erster Satz, Abs. 7 zweiter Satz, und Abs. 8 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1985, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1985), BGBl. Nr. 291, sowie Art. II Z. 18 des Abschnittes I des Bundesgesetzes vom 20. März 1986 über Änderungen des Marktordnungsgesetzes 1985 (Marktordnungsgesetz-Novelle 1986) und des Bundesfinanzgesetzes 1986, BGBl. Nr. 183, verfassungswidrig waren. Ferner hat der Verfassungsgerichtshof unter anderem Art. III Abs. 1 bis 3, Abs. 4 zweiter Satz, Abs. 5 erster Satz, Abs. 6 (mit Ausnahme des Wortes "zehn" im ersten Satz), Abs. 7 (mit Ausnahme des zweiten Satzes) und Abs. 9 bis 14 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1985, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1985), BGBl. Nr. 291, als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. III der Marktordnungsgesetz-Novelle 1985, BGBl. Nr. 291, bot die Möglichkeit, gegen Entgelt auf die Einzelrichtmenge zu verzichten ("Milchlieferverzicht", sogenannte erste Rückkaufsaktion). Eine Erhöhung von Einzelrichtmengen nach § 73 Abs. 4 (vorher § 57e Abs. 4 MOG 1967) wurde nach Art. III Abs. 12 erst dann vorgenommen, wenn und insoweit die Summe der neu zu verteilenden Einzelrichtmengen die Summe der nach diesen Bestimmungen erloschenen Einzelrichtmengen überstieg.

Art. III Abs. 1 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1985 bestimmte unter anderem, daß Verfügungsberechtigte über milcherzeugende Betriebe beim Milchwirtschaftsfonds an dessen Sitz in Wien schriftlich unter Verwendung des in der Anlage angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Formulars die Zuerkennung einer Milchlieferverzichtsprämie zu beantragen haben.

Durch Art. II Z. 18 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1986 wurde § 75 MOG neu gefaßt. Hiebei wurde die - bereits in Art. III der Novelle 1985 - vorgesehene Möglichkeit, daß der Milchwirtschaftsfonds Einzelrichtmengen von den Berechtigten gegen Entgelt erwirbt, in das Marktordnungsgesetz eingebaut.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides so vorzugehen, als ob bei desssen Erlassung die mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 1991 auf Grund des in vorliegender Rechtssache gestellten Antrages des Verwaltungsgerichtshofes als verfassungswidrig festgestellten und als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmungen nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätten (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 5. April 1991,

Zlen. 90/17/0011, 90/17/0012, und vom selben Tage,

Zlen. 90/17/0031 bis 0034). Daher konnte die Begünstigungsvorschrift des Art. III der Marktordnungsgesetz-Novelle 1985 der Beschwerdeführerin rechtens nicht zugute kommen. Schon aus diesem Grunde ist aber auch ausgeschlossen, daß etwa die Begünstigungsvorschrift des Art. II Z. 18 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1986 im Beschwerdefall Anwendung finden könnte.

Im Ergebnis erweist sich daher der angefochtene Bescheid, der den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Milchlieferverzichtsprämie abwies, als nicht rechtswidrig.

Die Beschwerde mußte daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin einzugehen war. Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere auch auf deren Art. III Abs. 2.

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