VwGH 92/16/0046

VwGH92/16/00469.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 20. Dezember 1991, Zl. Jv 1753-33/91, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GGG 1984 §9 Abs2;
VwRallg;
ZPO §461;
ZPO §502;
ZPO §514;
ZPO §529;
ZPO §530;
GGG 1984 §9 Abs2;
VwRallg;
ZPO §461;
ZPO §502;
ZPO §514;
ZPO §529;
ZPO §530;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist allein die Beantwortung der Frage streitentscheidend, ob die in einem zivilgerichtlichen Verfahren aufgrund der bewilligten Verfahrenshilfe gegebene Gebührenfreiheit nach § 9 Abs. 2 GGG auch für eine mit dem Verfahren im Zusammenhang stehende Wiederaufnahmsklage gilt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Gebührenfreiheit aufgrund der Verfahrenshilfe gilt gemäß § 9 Abs. 2 GGG nur für das Verfahren, für das sie bewilligt wurde, und für das Rechtsmittelverfahren. Auf das Exekutionsverfahren erstreckt sie sich nur dann, wenn zwischen dem Abschluß des Verfahrens und der Einleitung der Exekution nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. Die Gebührenfreiheit im Exekutionsverfahren gilt auch für die im Laufe und aus Anlaß des Exekutionsverfahrens sich ergebenden Streitigkeiten.

Nach Aufbau und Gliederung der Zivilprozeßordnung ergibt sich, daß Rechtsmittel im Sinne der Zivilprozeßordnung nur die im Vierten Teil dieses Gesetzes genannten Parteianträge, nämlich Berufung, Revision und Rekurs sind. Daher sind u.a. keine Rechtsmittel im Sinne der geltenden Zivilprozeßordnung die im Fünften Teil der Zivilprozeßordnung geregelten Institute der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage, weil mit diesen Klagen ein selbständiger Rechtsschutzanspruch auf Einleitung und selbständiger Entscheidung dieses neuen Verfahrens gewährt wird (Fasching, Kommentar ZPO IV Anm 1 vor §§ 461 bis 602).

Wenn die Wiederaufnahmsklage in der Literatur auch als "Rechtsmittelklage" bezeichnet wird (Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 2032) so wird gleichzeitig auch klargestellt, daß eine solche Klage sich sehr wohl von einem Rechtsmittel unterscheidet (Fasching, aaO, Rz 2034).

Wenn der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, sollte die Wiederaufnahmsklage nicht unmittelbar unter dem Begriff Rechtsmittelverfahren subsumierbar sein, so empfehle sich jedenfalls die analoge Anwendung der Bestimmung des § 9 Abs. 2 GGG auch auf die Wiederaufnahmsklage, dann übersieht er, daß eine analoge Anwendung der Gebührenfreiheit nur im Falle einer echten (planwidrigen) Lücke zulässig wäre. Eine Lücke im Rechtssinn ist dann gegeben, wenn die Regelung eines Sachbereiches keine Bestimmung für eine Frage enthält, die im Zusammenhang mit dieser Regelung an sich geregelt werden müßte. Eine Lücke ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist, und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Die bloße Meinung des Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt also die Annahme einer Gesetzeslücke noch nicht (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I, Seite 24). Das Vorliegen einer planwidrigen Lücke wurde vom Beschwerdeführer weder behauptet, noch liegen Anhaltspunkte für eine solche allenfalls im Wege der Analogie zu schließende Lücke vor (vgl. auch OLG Wien vom 26. Juni 1947, EvBl 1947/547).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG durch den aufgrund des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG zuständigen Dreiersenat als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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