VwGH 92/14/0152

VwGH92/14/015221.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der G GmbH & Co KG in H, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat I, vom 29. Juni 1992, 30.347-3/92, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften und Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages für die Jahre 1981 bis 1985 sowie Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens jeweils zum 1. Jänner 1981 bis 1986, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §5;
EStG 1972 §5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der Beschwerdeführerin, einer GmbH & Co KG, die den Handel mit und die Erzeugung von Armaturen betreibt, waren in den Streitjahren Ing. Gustav S als Kommanditist und die Gustav S GmbH als Komplementärin (ohne Vermögenseinlage) beteiligt. Einziger Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin war Ing. Gustav S, der eine große Menge Silber besaß.

Im April 1980 erwarb die Beschwerdeführerin, die in den Streitjahren insgesamt Gewinne von rund 286 Mio S erklärt hatte, in drei Tranchen Silber um (netto) rund 13 Mio S, verbuchte dieses zunächst auf dem Konto Wareneinkauf und zog die dementsprechende Vorsteuer ab. Am 27. Juni 1980 buchte die Beschwerdeführerin das Silber auf das Konto Sonstige Vorräte um. Am 24. September 1980 erfolgte eine neuerliche "Umbuchung des Silbers und zwar auf das Verrechnungskonto" des Ing. Gustav S (in der Folge: Entnahmebuchung). Bei der Bilanzerstellung für das Jahr 1980 im Frühjahr 1982 wurde das Silber wiederum auf dem Konto Vorräte verbucht. Da der Wert des Silbers in den Folgejahren fiel, nahm die Beschwerdeführerin in den Jahren 1981 und 1985 Teilwertabschreibungen von rund 6,2 Mio S und 2,7 Mio S vor.

Im Zug einer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof von Relevanz - festgestellt, im Zeitpunkt der Entnahmebuchung sei das Silber am wertvollsten gewesen. Obwohl bei der Bilanzerstellung für das Jahr 1980 im Frühjahr 1982 bereits festgestanden sei, das Silber habe erheblich an Wert verloren, sei es mit dem ursprünglichen Anschaffungspreis wieder in das Betriebsvermögen eingelegt worden, um so in der Folge Teilwertabschreibungen vornehmen zu können. Der Prüfer vertrat daher im gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht die Ansicht, die bei der Bilanzerstellung rückwirkend erfolgte Einlage des Silbers in den Betrieb der Beschwerdeführerin könne nicht anerkannt werden, weil die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum Betriebsvermögen nur dann rechtens sei, wenn die dementsprechende Buchung zeitfolgerichtig als laufender Geschäftsvorfall erfolge. Überdies könne die neuerliche Einlage des bereits mit 24. September 1980 entnommenen Silbers zum gewillkürten Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin nicht anerkannt werden, weil hiebei allein drohende Verluste aus der Abwertung dieses Wirtschaftsgutes von der einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Privatsphäre in den betrieblichen Bereich verlagert werden sollten. Das Silber sei daher aus dem Betriebsvermögen auszuscheiden, weswegen die in den Jahren 1981 und 1985 vorgenommenen Teilwertabschreibungen zu stornieren sowie die Einheitswerte des Betriebsvermögens dementsprechend zu verringern seien. Das Silber sei dem Privatvermögen des Ing. Gustav S zuzurechnen.

Das Finanzamt schloß sich den Ausführungen des Prüfers an und erließ entsprechende Bescheide betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften und Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages für die Jahre 1981 bis 1985 sowie Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens, jeweils zum 1. Jänner 1981 bis 1986, wobei es zur Begründung auf den erstatteten Bericht verwies.

Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, die Entnahmebuchung beruhe auf einem Mißverständnis des Buchhalters, der bis dahin nicht gewußt habe, Ing. Gustav S habe Silber auch für private Zwecke erworben. Der Irrtum des Buchhalters sei sodann bei der Bilanzerstellung berichtigt worden, wodurch der ursprünglich gewollte Zustand wieder hergestellt worden sei. Von einer rückwirkend erfolgten Einlage dieses Wirtschaftsgutes in ihren Betrieb könne daher keine Rede sein, weswegen dieses Wirtschaftsgut gewillkürtes Betriebsvermögen im Streitzeitraum darstelle und daher die von ihr vorgenommenen Teilwertabschreibungen steuerlich anzuerkennen seien. Selbst wenn die Abgabenbehörde zu dem Schluß kommen sollte, das Silber sei erst ab dem Frühjahr 1982 als gewillkürtes Betriebsvermögen anzusehen, seien die sich aus der Abwertung dieses Wirtschaftsgutes ergebenden Teilwertabschreibungen für die Jahre 1983 bis 1985 von rund 1,6 Mio S, 2,1 Mio S und 2,6 Mio S steuerlich anzuerkennen.

Die belangte Behörde ersuchte die Beschwerdeführerin entsprechende Nachweise für ihre erstmals in der Berufung aufgestellte Behauptung, die Entnahmebuchung beruhe auf einem Mißverständnis des Buchhalters, zu erbringen.

In Beantwortung dieses Vorhaltes gab die Beschwerdeführerin nur bekannt, sowohl Ing. Gustav S als auch der (damalige) Buchhalter seien zwischenzeitig verstorben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zunächst die Ansicht vertrat, schon in Anbetracht des Wertes des Silbers sowohl im Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin als auch im Privatvermögen des Ing. Gustav S sowie der Preisentwicklung dieses Wirtschaftsgutes im Jahr 1980, müsse davon ausgegangen werden, Ing. Gustav S habe die Buchungsanweisung vom 24. September 1980 persönlich angeordnet und auch überwacht. Denn der Wert des Silbers sei - wie sich aus den Mitteilungen des Direktoriums der Österreichischen Nationalbank ergebe - im Zeitpunkt der Buchungsanweisung vom 24. September 1980 stark im Steigen begriffen gewesen, jedoch kurz darauf stark gefallen. Der Wert des Silbers sei bis zur Erstellung der Bilanz für das Jahr 1980 im Frühjahr 1982 weiter gefallen und habe im März 1982 nur mehr rund 45 % des Wertes im September 1980 betragen. Aus der Marktentwicklung des Silbers könne daher der Schluß gezogen werden, Ing. Gustav S habe die Buchungsanweisung vom 24. September 1980 auch deswegen persönlich angeordnet, um so die Wertsteigerung des Silbers bei der Beschwerdeführerin nicht gewinnwirksam werden zu lassen. Dem Berufungsvorbringen, die Entnahmebuchung beruhe auf einem Mißverständnis des Buchhalters, werde daher kein Glaube geschenkt. Das Silber sei somit am 24. September 1980 entnommen und erst wieder bei der Bilanzerstellung im Frühjahr 1982 in das Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin eingelegt worden, weswegen dieses Wirtschaftsgut erst ab diesem Zeitpunkt gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen könne. Steuerpflichtige, die wie die Beschwerdeführerin ihren Gewinn gemäß § 5 EStG ermittelten, könnten Wirtschaftsgüter als gewillkürtes Betriebsvermögen in den Betriebsvermögensvergleich einbeziehen. Die so eingeräumte Entscheidungsfreiheit sei jedoch keine schrankenlose. Insbesondere dürften Wirtschaftsgüter nicht nur deswegen in das Betriebsvermögen aufgenommen werden, weil sich im Hinblick auf bevorstehende Wertminderungen günstige steuerliche Ausgangspositionen gewinnen ließen. Bei der Bilanzerstellung für das Jahr 1980 im Frühjahr 1982 habe - wie bereits ausgeführt - der Wert des Silbers nur mehr rund 45 % des Wertes im September 1980 betragen. Es sei daher bereits bei der Bilanzerstellung für das Jahr 1980 klar gewesen, für das Jahr 1981 müsse allein auf Grund des Wertverfalles des Silbers eine Teilwertabschreibung vorgenommen werden. Der Wert des Silbers sei aber auch nach dem Frühjahr 1982 erheblich gefallen, weswegen von einer wertbeständigen Veranlagung von Betriebsmitteln keine Rede sein könne. Selbst wenn davon ausgegangen werde, ab dem Frühjahr 1982 sei das Silber als gewillkürtes Betriebsvermögen anzusehen, sei dieses Wirtschaftsgut mangels Einlagefähigkeit nicht in den Betriebsvermögensvergleich einzubeziehen. Es seien daher Teilwertabschreibungen steuerlich nicht anzuerkennen und gehöre das Silber nicht zum Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin, sondern zum Privatvermögen des Ing. Gustav S.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, die strittigen Sachverhalte als betrieblich veranlaßt anzusehen, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin stellt in Abrede, Ing. Gustav S habe die Buchungsanweisung vom 24. September 1980 angeordnet, um so die Wertsteigerung des Silbers bei der Beschwerdeführerin nicht gewinnwirksam werden zu lassen. Da anläßlich des Einkaufes des Silbers die dementsprechende Vorsteuer abgezogen worden sei, hätte dessen Entnahme eine Eigenverbrauchsbesteuerung zur Folge gehabt, wodurch sich im Verhältnis zum Silberpreis im September 1980 ein höherer Entnahmewert ergeben hätte. Eine derartige Entnahme und damit eine offenkundige Verlustrealisierung im Privatvermögen des Ing. Gustav S wäre wohl die verkehrteste aller Maßnahmen gewesen und hätte daher auch nie in dessen Absicht gelegen sein können. Damit bekämpft die Beschwerdeführerin insoweit die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die die Entnahme des Silbers am 24. September 1980 angenommen hat.

Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden Schlüssigkeitsprüfung (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 548 f) nicht finden, die Beweiswürdigung der belangten Behörde wäre unrichtig. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde primär auf Grund eines handschriftlichen Vermerkes auf dem Buchungsbeleg sowie in Anbetracht der Höhe des Betrages davon ausgegangen ist, die Buchungsanweisung vom 24. September 1980 sei von Ing. Gustav S persönlich angeordnet und überwacht worden, während sie dem Umstand, mit der Entnahme des Silbers sollte eine Gewinnverwirklichung bei der Beschwerdeführerin hintangehalten werden, weniger Bedeutung zugemessen hat (vgl angefochtener Bescheid, 5 und 6), sind die nunmehrigen Ausführungen der Beschwerdeführerin schon deswegen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil in diesen Netto- mit Bruttopreisen verglichen werden. Daß der Preis für Silber im September 1980 seinen Höhepunkt erreicht hatte, ergibt sich aus den aktenkundigen Mitteilungen des Direktoriums der Österreichischen Nationalbank. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie dem Berufungsvorbringen, die Entnahmebuchung beruhe auf einem Mißverständnis des Buchhalters, keinen Glauben geschenkt hat und daher zu dem Schluß gelangt ist, daß das Silber erst wieder bei der Bilanzerstellung im Frühjahr 1982 in das Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin eingelegt hätte werden können.

Unbestritten und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend ist, daß die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum gewillkürten Betriebsvermögen nur dann rechtens ist, wenn die dementsprechende Buchung zeitfolgerichtig als laufender Geschäftsvorfall erfolgt ist. Da das Silber somit im Jahr 1981 noch nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin gehört hat, war dessen Teilwertabschreibung in diesem Jahr zu Recht zu stornieren.

Aber auch die in den Jahren 1983 bis 1985 nach dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin vorzunehmenden Teilwertabschreibungen haben keinen Einfluß auf das jeweilige Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin. Im Frühjahr 1982, somit im Zeitpunkt der wiederum erfolgten Einlage des Silbers in das Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin war nämlich bereits bekannt, daß der Wert des Silbers nur mehr rund 45 % des Wertes im September 1980 betragen hat, wobei auf Grund der Kursentwicklung mit einem weiteren Wertverlust des Silbers zu rechnen war. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 16. Jänner 1973, 629/72, und vom 8. November 1977, 1054/75 und 2175/77, ausgeführt hat, ist die bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG eingeräumte Entscheidungsfreiheit bei der Behandlung von gewillkürtem Betriebsvermögen nicht schrankenlos. Von dieser Entscheidungsfreiheit darf kein so weit gehender Gebrauch gemacht werden, daß Wirtschaftsgüter nur deswegen in das Betriebsvermögen eingebracht werden, um insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Wertminderung einen steuerlichen Vorteil zu erreichen. Die belangte Behörde hat nun sachverhaltsbezogen ausgeführt, es lägen bei Kenntnis des Wertes des Silbers im Frühjahr 1982 und des seit Oktober 1980 stetigen Verfalles des Silberpreises keine betrieblichen, sondern ausschließlich steuerschonende Gründe für die Einlage dieses Wirtschaftsgutes in das gewillkürte Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin vor. Da durch die Einlage des Silbers der Betrieb der Beschwerdeführerin in keiner Weise gefördert worden ist, ist die belangte Behörde nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie dieses Wirtschaftsgut auch in den Jahren 1982 bis 1985 als nicht zum Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin, sondern als zum Privatvermögen des Ing. Gustav S gehörend angesehen und daher auch ab dem Jahr 1983 Teilwertabschreibungen steuerlich nicht anerkannt hat.

Die Beschwerdeführerin führt zu den Einheitswerten des Betriebsvermögens nichts aus und zeigt somit keine diesbezügliche Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid auf.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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