VwGH 92/14/0012

VwGH92/14/001224.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des P in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 3. Dezember 1991, Zl 451/1-5/Ae-1988, betreffend Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte für das Kalenderjahr 1985, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §18 Abs1 Z2;
VwRallg;
EStG 1972 §18 Abs1 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1912 geborene Beschwerdeführer schloß im Jänner 1985 eine Rentenversicherung gegen Zahlung einer Einmalprämie in Höhe von S 515.206,-- ab. Die Versicherungsleistung bestand in einer am 1. Februar 1985 beginnenden und mit dem Tod des Beschwerdeführers endenden monatlichen Rente in Höhe von S 5.124,--.

Der Beschwerdeführer beantragte die Eintragung erhöhter Sonderausgaben gemäß § 18 Abs 1 Z 2 EStG 1972 auf der Lohnsteuerkarte im Ausmaß von je einem Zehntel der Einmalprämie, verteilt auf zehn Jahre, nach Maßgabe des Sonderausgabenhöchstbetrages.

Das Finanzamt wies den Antrag mit der Begründung ab, daß bei Versicherungsverträgen auf den Erlebensfall erforderlich sei, daß zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Zeitpunkt des Anfalles der Versicherungssumme im Erlebensfall ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren liege. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt.

In einer dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, daß es sich bei der gegenständlichen Versicherung um keine Kapitalversicherung bzw Erlebensversicherung, sondern eben um eine Rentenversicherung handle. § 18 Abs 1 Z 2 EStG 1972 fordere aber nur für Versicherungsverträge auf den Erlebensfall bestimmte Mindestbindungsfristen. Bei einer Rentenversicherung handle es sich aber keinesfalls um eine Erlebensversicherung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung von Beiträgen zu einer freiwilligen Rentenversicherung als erhöhte Sonderausgaben und Eintragung eines entsprechenden Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte verletzt und beantragt die Bescheidaufhebung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in der erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs 1 Z 2 EStG 1972 sind Sonderausgaben, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen sind, ua Beiträge und Versicherungsprämien zu einer freiwilligen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung, zu einer Lebensversicherung (Kapital- oder Rentenversicherung) und zu freiwilligen Witwen-, Waisen-, Versorgungs- und Sterbekassen, soweit diese Beiträge und Versicherungsprämien weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Besteht der Beitrag (die Versicherungsprämie) in einer einmaligen Leistung, so kann der Erbringer dieser Leistung auf Antrag ein Zehntel des als Einmalprämie geleisteten Betrages durch zehn aufeinanderfolgende Jahre als Sonderausgabe in Anspruch nehmen. Bei Versicherungsverträgen auf den Erlebensfall ist für die Abzugsfähigkeit außerdem erforderlich, daß zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Zeitpunkt des Anfallens der Versicherungssumme im Erlebensfall ein Zeitraum von mindestens 15 Jahren liegt. Dieser Zeitraum verkürzt sich bei Steuerpflichtigen, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das 50. Lebensjahr vollendet haben, auf 10 Jahre.

Im Beschwerdefall ist die Frage strittig, ob der (unbestrittene) Umstand, daß zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Zeitpunkt des Anfallens der Versicherungssumme kein dem Gesetz entsprechender Zeitraum (auf das Lebensalter des Beschwerdeführers bezogen von 10 Jahren) lag, von entscheidender Bedeutung ist. Dies wiederum hängt allein von der Frage ab, ob es sich beim gegenständlichen Versicherungsvertrag um einen solchen auf den Erlebensfall handelt, denn nur bei solchen Verträgen ist für die Abzugsfähigkeit der genannten Sonderausgaben auch diese Voraussetzung erforderlich.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Versicherungsvertrag auf den Erlebensfall jedenfalls vor, wenn der Versicherungsvertrag auch eine Leistung des Versicherers im Erlebensfall zum Gegenstand hat (vgl das hg Erkenntnis vom 20. November 1989, 88/14/0232).

Da der gegenständliche Versicherungsvertrag

- ausschließlich und gerade - eine Leistung des Versicherers im Erlebensfall zum Gegenstand hat, kann kein Zweifel bestehen, daß er als solcher "auf den Erlebensfall" anzusehen ist. Damit ist die belangte Behörde aber zu Recht davon ausgegangen, daß die unmittelbar nach Vertragsabschluß beginnenden Rentenzahlungen einer Anerkennung der auf 10 Jahre zerteilten Einmalprämie als Sonderausgaben entgegenstehen.

Aus dem Umstand, daß das Versicherungsrecht - ebenso wie § 18 Abs 1 Z 2 EStG - Lebensversicherungen in Kapitalversicherungen einerseits und Rentenversicherungen andererseits unterscheidet, kann der Beschwerdeführer nichts für sich gewinnen. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß Versicherungen auf den Erlebensfall "somit unzweifelhaft" zu der Gruppe der Kapitalversicherungen gehöre, kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die Art der Versicherungsleistung (Kapital- oder Rentenzahlung) nichts über den Zeitpunkt des Versicherungsfalles (Erleben oder Ableben) aussagt. Sowohl im Erlebensfall wie auch im Ablebensfall kann als Versicherungsleistung grundsätzlich sowohl eine Kapital- wie eine Rentenzahlung vereinbart sein.

Der vom Beschwerdeführer gerügte Begründungsmangel, warum die beschwerdegegenständliche Rentenversicherung zu den Versicherungen auf den Erlebensfall gehören soll, kann daher nicht als wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften beurteilt werden. Auch die Frage, ob der Beschwerdeführer in seiner Berufung den gegenständlichen Versicherungsvertrag als "Versicherung sui generis" oder als "Lebensversicherungsvertrag sui generis" bezeichnet hat, ist bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht von tragender Bedeutung.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

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