Normen
GehG 1956 §30a Abs1 Z1;
GehG 1956 §30a Abs1 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Fachoberinspektor in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Vor seiner mit Wirksamkeit vom 30. April 1990 erfolgten Ruhestandsversetzung war er als Fachoberinspektor (Verwendungsgruppe C) in der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland tätig.
Mit Antrag vom 31. Jänner 1990 begehrte der Beschwerdeführer eine Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wies diesen Antrag mit Bescheid vom 23. Juli 1990 ab. In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der Zeit vom 1. Juli 1988 bis zu seiner Pensionierung mit Ablauf April 1990 von insgesamt 474 Arbeitstagen lediglich an 110 Arbeitstagen Dienst versehen. Sein letzter Arbeitstag sei der 7. Juli 1989 gewesen. Es fehle daher für die Bemessung der beantragten Verwendungszulage an der Voraussetzung der dauernden Dienstverrichtung. Für die Zeit, in der ein Beamter nicht tatsächlich Dienst verrichte, stehe ihm auch kein Anspruch auf die im Gesetz als Abgeltung für eine bestimmte besondere Art einer tatsächlichen Verwendung vorgesehene Verwendungszulage zu.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er im wesentlichen vorbrachte, er sei an der Verrichtung des Dienstes im Entschädigungsreferat "Verteilungsgesetz DDR" zunächst infolge Erkrankung an den Augen vorübergehend, später ununterbrochen gehindert gewesen. Wegen dieser Erkrankung sei er pensioniert worden. Es habe sich in seinem Fall um einen nicht bloß vorübergehende, sondern um eine dauernd höherwertige Verwendung gehandelt. Die krankheitsbedingte Abwesenheit vom Dienst sei für die Weitergewährung der Verwendungszulage unschädlich.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers nicht statt. In der Bescheidbegründung wird nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der anzuwendenden Bestimmung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, die Regelung des § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 stelle auf die tatsächlich von einem bestimmten Beamten ausgeübte Tätigkeit ab und sei von der "Dienstpostenbewertung" unabhängig. Maßgebend sei ausschließlich, ob vom Beamten an seinem Arbeitsplatz höherwertige Dienste, als es seiner Einstufung entspreche, verrichtet würden. Überschreite der Anteil der höherwertigen Dienstverrichtung wenigstens 25 v.H. der Tätigkeit, so liege eine erhebliche und damit für eine Verwendungszulage anspruchsbegründende Dienstverrichtung vor. Der Beschwerdeführer gehe in seinem Antrag offenbar von der Annahme aus, daß ihm eine solche Verwendungszulage deshalb gebühre, weil die Absicht bestanden habe, ihn als Referenten für DDR-Entschädigungsfälle einzusetzen. Nach der von seinem früheren Vorgesetzten verfaßten Arbeitsplatzbeschreibung für den Referenten des damals noch zu bildenden Referates für DDR-Entschädigungen sei der Beschwerdeführer zwar mit 1. Juli 1988 in die Dienstklasse V ernannt worden, doch sage die Arbeitsplatzbeschreibung nichts über die vom Beschwerdeführer tatsächlich verrichteten Tätigkeiten und damit über die Gebührlichkeit einer Verwendungszulage aus. Der Beschwerdeführer habe ab 1. Juli 1988 - dem Zeitpunkt der Schaffung eines Referates für DDR-Entschädigungsfälle - im Jahre 1988 an 70 Tagen und im Jahre 1989 an 40 Tagen Dienst verrichtet. Ab 7. März 1989 sei er bis zu seiner Ruhestandsversetzung vom Dienst abwesend gewesen. Nach den vorhandenen Aufzeichnungen habe der Beschwerdeführer fünf Fälle bearbeitet. Für das Jahr 1989 hätten keine Erledigungen festgestellt werden können. Wenn auch der Beschwerdeführer und sein früherer Vorgesetzter der Auffassung seien, der Beschwerdeführer hätte eine Reihe weiterer Akten bearbeitet und Erhebungen in die Wege geleitet, so sei es infolge der fehlenden Aufzeichnungen nicht möglich, eine Zuordnung von Tätigkeiten zu einer Verwendungsgruppe vorzunehmen bzw. das Ausmaß von höherwertigen Tätigkeiten festzustellen. Auf die Frage, ob die fünf im Jahre 1988 vom Beschwerdeführer bearbeiteten Fälle der Verwendungsgruppe B zuzuordnen seien, sei nicht einzugehen, weil diese Tätigkeiten allein nicht annähernd und in irgendeinem Zeitabschnitt mehr als 25 v.H. der Gesamttätigkeit ausgemacht und damit das in § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 als Voraussetzung geforderte erhebliche Ausmaß nicht erreicht hätten. Wie der Vorstand der ehemaligen Geschäftsabteilung 17 in seiner Stellungnahme ausgeführt habe, würden bei der Bearbeitung von Entschädigungsansprüchen nach dem DDR-Gesetz eigens geschaffene Formulare verwendet, um umfangreiche und aufwendige Schreibarbeiten zu vermeiden. Die Verwendung von Vordrucken - gleich welcher Art - sei grundsätzlich ein Zeichen dafür, daß eine Gleichartigkeit der Tätigkeit vorliege und der konzeptive Inhalt der Tätigkeit (wesentliches Element der B-Wertigkeit) beim Ausfüllen von Vordrucken in der Regel nur in sehr eingeschränktem Ausmaß gegeben sei. Es hätten keine Feststellungen getroffen werden können, die darauf hinwiesen, daß der Beschwerdeführer in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet habe, die der Verwendungsgruppe B zuzuordnen gewesen seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Die rechtliche Grundlage für den vom Beschwerdeführer behaupteten Zulagenanspruch bildet § 30a Abs. 1 Z. 1 des Gehaltsgesetzes 1956. Danach gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd in erheblichem Ausmaß Dienste verrichtet, die einer höheren Verwendungsgruppe zuzuordnen sind. § 60 des nach § 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes anzuwendenden allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) bestimmt, daß in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind.
Dem von der belangten Behörde in der Bescheidbegründung nicht festgestellten Inhalt der vom früheren Vorgesetzten des Beschwerdeführers verfaßten Arbeitsplatzbeschreibung für den Referenten des Referates für "DDR-Entschädigungen", auf Grund dessen der Beschwerdeführer mit 1. Juli 1988 in die Dienstklasse V ernannt wurde, kommt bei der Beurteilung der vom Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt tatsächlich verrichteten Tätigkeiten entgegen der Auffassung der belangten Behörde dann Bedeutung zu, wenn der Beschwerdeführer während der in der Folge ausgeübten Tätigkeit im Rahmen dieser Arbeitsplatzbeschreibung seinen Dienst verrichtet hat. Dies auch dann, wenn diese "Arbeitsplatzbeschreibung" rechtlich an sich unbeachtlich ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. April 1985, Zl. 83/12/0283). Nach dem Inhalt dieser bei den Akten befindlichen Arbeitsplatzbeschreibung sind sowohl beachtliche Vorkenntnisse als auch nach genauer Untersuchung eine eigenverantwortliche Feststellung des Referenten, ob der Anspruch des Antragstellers auf Entschädigung zu Recht besteht oder nicht, für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers erforderlich gewesen.
Die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte - nach den vorhandenen Aufzeichnungen - insgesamt nur fünf Fälle bearbeitet, steht schon nach dem Inhalt der Bescheidbegründung nicht nur im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers, sondern auch zu jenen seines früheren Vorgesetzten. Die Bescheidbegründung ist aber auch insoweit widersprüchlich, als weiter ausgeführt wird, auf die Frage der Zuordnung jener vom Beschwerdeführer im Jahr 1988 bearbeiteten fünf Fälle sei nicht einzugehen gewesen, weil diese Tätigkeit allein nicht annähernd und in irgendeinem Zeitabschnitt mehr als 25 v.H. der Gesamttätigkeit ausgemacht hätte. Ist doch gerade aus dieser Annahme der belangten Behörde zu erkennen, daß der Beschwerdeführer außer jenen fünf Fällen weitere Tätigkeit im Rahmen seines Arbeitsplatzes geleistet hat, deren Zuordnung nach der vom Beschwerdeführer behaupteten B-Wertigkeit seiner gesamten Tätigkeit von der belangten Behörde festzustellen gewesen wäre. Das Fehlen entsprechender Aufzeichnungen allein ist für die Frage der Zuordnung der Gesamttätigkeit des Beschwerdeführers nach ihrer Wertigkeit nicht maßgebend, da die belangte Behörde von Amts wegen verpflichtet ist, den für den Anspruch des Beschwerdeführers bestimmenden Sachverhalt unter Heranziehung sämtlicher Beweismittel festzustellen und sich mit den diesbezüglichen Angaben des Vorgesetzten des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. Die dazu von der belangten Behörde ausschließlich herausgegriffene Aussage des ehemaligen Vorstandes der Geschäftsabteilung 17, bei der Bearbeitung von Entschädigungsansprüchen nach dem DDR-Gesetz seien eigens geschaffene Formulare verwendet worden, um umfangreiche und aufwendige Schreibarbeiten zu vermeiden, läßt noch nicht den Schluß zu, daß damit eine solche Gleichartigkeit der Tätigkeit vorgelegen sei, die mangels konzeptiver Tätigkeit eine B-Wertigkeit der Tätigkeit ausschließen würde. Für Beamte der Verwendungsgruppe B charakteristisch und damit dieser Verwendungsgruppe zuzuordnen sind - nach der ständigen Rechtsprechung vgl. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 90/12/0273 mit weiteren Judikaturhinweisen - Dienste vom Rang einer selbständigen und selbstverantwortlichen konzeptiven Arbeit, deren klaglose Bewältigung im allgemeinen einerseits eine durch (die grundsätzlich als Anstellungserfordernis vorgeschriebene) Absolvierung einer höheren Lehranstalt erworbene Bildung, andererseits Fachkenntnisse voraussetzt, wie sie durch Zurücklegung der als Definitivstellungserfordernisse vorgeschriebenen Zeiten praktischer Verwendung und der Ablegung der geforderten entsprechenden Prüfungen erlangt zu werden pflegen. In sachlich beschränktem Umfang ist einem Beamten der Verwendungsgruppe B auch die Verfassung von Bescheiden höheren Schwierigkeitsgrades und die Übernahme der Verantwortung hiefür zumutbar (vgl. auch Erkenntnisse vom 31. Jänner 1979, Zl. 341/78 und vom 9. Februar 1981, Zl. 3282/79). Demgemäß ist für die Zuordnung von Diensten eines in die Verwendungsgruppe C eingestuften Beamten nicht das Merkmal der "selbständigen Problemlösung" entscheidend, sondern, wie das einzelne Problem geartet und welches Wissen zu seiner Bewältigung benötigt wird (vgl. Erkenntnis vom 21. November 1979, Zl. 1008/78). Konsequenterweise ist nicht maßgebend, daß ein solcher Beamter Erledigungsentwürfe konzipiert und die hiefür erforderlichen Ermittlungen selbständig durchführt, sondern ihr Schwierigkeitsgrad, das heißt, ob diese Tätigkeiten im obgenannten Sinn für Beamte der Verwendungsgruppe B charakteristisch sind.
Um abschließend beurteilen zu können, ob die Behörde die von ihr zu lösende Rechtsfrage der Wertigkeit einer Tätigkeit (vgl. auch Erkenntnis vom 27. September 1990, Zl. 89/12/0223) entsprechend den dargestellten Grundsätzen gelöst hat, bedarf es einer dem § 60 AVG entsprechenden klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, der bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und der darauf gestützten Beurteilung der Rechtsfrage.
Diesen Begründungsanforderungen wird, wie der Beschwerdeführer mit Recht betont und bereits dargestellt wurde, der angefochtene Bescheid nicht gerecht.
Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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