Normen
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
WehrG 1990 §36 Abs2 Z2;
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem erstangefochtenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 18. September 1992 wurde der Antrag des am 23. Mai 1969 geborenen Beschwerdeführers vom 22. Mai 1990 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes bis Herbst 1995 gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 abgewiesen. Mit dem zweitangefochtenen Bescheid des Militärkommandos Tirol vom 15. Oktober 1992 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 35 des Wehrgesetzes 1990 zur Leistung des Grundwehrdienstes ab 4. Jänner 1993 einberufen.
In seinen an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerden beantragt der Beschwerdeführer, die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 VwGG kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangten Behörden haben die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihren Gegenschriften beantragt, die Beschwerden kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:
1) Zur Beschwerde Zl. 92/11/0250:
Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 können Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche und familiäre Interessen erfordern.
Der Bundesminister für Landesverteidigung verneinte im angefochtenen Bescheid das Vorliegen sowohl von besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen als auch von besonders rücksichtswürdigen familiären Interessen des Beschwerdeführers im Sinne der genannten Bestimmung. Nach dem Tod des Vaters des Beschwerdeführers (1985) seien der Beschwerdeführer und seine Brüder B (geboren 1964) und R (geboren 1973) je zu 2/9 Anteilen Miteigentümer der gegenständlichen Landwirtschaft, seine Mutter (geboren 1946) zu 1/3, wobei die Mutter ihren Anteil an den Beschwerdeführer verpachtet habe. Der Beschwerdeführer sei im Jänner 1990 für "Tauglich" befunden worden. Die belangte Behörde verkenne nicht, daß der Beschwerdeführer als 2/9 Eigentümer des Landwirtschaftsbetriebes auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse habe, durch die Anpachtung des Anteiles seiner Mutter an der Landwirtschaft habe er jedoch die ihm obliegende Harmonisierungspflicht verletzt. Zu berücksichtigen sei weiters, daß der Beschwerdeführer ganzjährig (außer Jänner bis März) einer unselbständigen Tätigkeit als Zimmerer nachgehe und daher auch bisher dem Landwirtschaftsbetrieb nicht ständig zur Verfügung gestanden sei. Auch die bestehenden familiären Interessen des Beschwerdeführers seien nicht besonders rücksichtswürdig, weil zur Unterstützung der nur eingeschränkt arbeitsfähigen Mutter die gesamte Familie, damit auch die beiden Brüder des Beschwerdeführers, verpflichtet seien.
Der Beschwerdeführer stützte seinen Befreiungsantrag darauf, daß er nach dem Tod seines Vaters (1985) gemeinsam mit seiner Mutter einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer genutzten Fläche von 8,32 ha und 16 Rindern bewirtschafte. Seine Mutter sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, schwere Arbeiten zu verrichten, es sei ihr die alleinige Betriebsführung nicht zuzumuten und sie sei auf die Mithilfe des Beschwerdeführers angewiesen. Sein älterer Bruder übe in einem Metwallwerk einen Beruf aus und sei nicht gewillt, ihn und die Mutter bei den landwirtschaftlichen Arbeiten zu unterstützen; auch sein jüngerer Bruder besuche eine Lehrstelle und verfüge nicht über die "entsprechende Freizeit". Zutreffend verweist die belangte Behörde auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach ein Wehrpflichtiger seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen hat, daß für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des Präsenzdienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden und daß durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten nicht erst geschaffen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0113 u.v.a.). Den Wehrpflichtigen trifft also die Verpflichtung, seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren; verletzt er die Harmonisierungspflicht, können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig angesehen werden. Die Pachtung eines Betriebes ohne zwingende Notwendigkeit hiezu stellt sohin grundsätzlich eine Verletzung der Harmonisierungspflicht dar. Von einer Verletzung der Harmonisierungspflicht in diesem Sinn könnte dann nicht gesprochen werden, wenn der Beschwerdeführer ohne die Pachtung des Drittelanteiles seiner Mutter wegen besonders rücksichtswürdiger familiärer Interessen im Sinne des § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes zu befreien gewesen wäre, weil der Beschwerdeführer in diesem Fall durch die Pachtung des Betriebes die für den Fall der Einberufung vorhersehbaren Schwierigkeiten nicht vergrößert oder geschaffen hat, weil sie auch sonst unvermeidlich gewesen wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. April 1991, Zl. 90/11/0183). Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer jedoch nichts vorgebracht.
Die belangte Behörde gesteht dem Beschwerdeführer zu, daß die Pachtung des Drittelanteiles seiner Mutter auf Grund deren eingeschränkter Arbeitsfähigkeit erfolgt sei. Sie führt daneben aber auch aus, daß die Pachtung "nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht die einzige und zwingende Maßnahme, um Ihrer Mutter die entsprechende Unterstützung angedeihen zu lassen" gewesen sei. Vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens ist nicht zu erkennen, daß diese Auffassung der belangten Behörde unrichtig ist und die Pachtung des Drittelanteiles von seiner Mutter durch IHN der einzig zumutbare Ausweg war, um die Mutter vor existenzbedrohenden Auswirkungen oder einer wirtschaftlichen Notlage zu bewahren.
Nach den getroffenen Feststellungen ist der Beschwerdeführer Nebenerwerbslandwirt und hauptberuflich Zimmerer. Sein eigenes wirtschaftliches Interesse - unter Berücksichtigung der ihn treffenden, schon besprochenen Harmonisierungspflicht - bezieht sich auf einen Anteil von zwei Neuntel der Landwirtschaft. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß schon bisher nicht der - wie von der belangten Behörde zutreffend beurteilt - relativ kleine Landwirtschaftsbetrieb alleinige Existenzgrundlage war, sondern - neben den Berufen des Beschwerdeführers und seines älteren Bruders sowie des Lehrberufes seines jüngeren Bruders - auch eine Zimmervermietung geführt wird. Beide Brüder sind ebenso wie der Beschwerdeführer selbst zu zwei Neuntel an der Landwirtschaft beteiligt und am Hof wohnhaft. Daß der ältere Bruder des Beschwerdeführers - was dieser auch in seiner Berufung hervorhob - nicht gewillt sei, im Landwirtschaftsbetrieb mitzuarbeiten, und der jüngere Bruder nicht über genügend Freizeit verfüge, vermag nichts daran zu ändern, daß ihnen ein Einsatz im Landwirtschaftsbetrieb zumutbar ist, um diesen während der Ableistung des Grundwehrdienstes des Beschwerdeführers aufrechtzuerhalten. Inwieweit sie dazu nicht IN DER LAGE WÄREN, hat der Beschwerdeführer nicht konkretisiert.
Zutreffend hat daher die belangte Behörde die besondere Rücksichtswürdigkeit der wirtschaftlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Gesetzes verneint.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Durchführung einer Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen war.
2) Zur Beschwerde Zl. 92/11/0255:
In seiner Beschwerde gegen den Einberufungsbefehl vom 15. Oktober 1992 macht der Beschwerdeführer geltend, daß bei ihm besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche und familiäre Interessen gegeben seien, die eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes rechtfertigten. Die Entscheidung über den Einberufungsbefehl hänge von der Entscheidung über den Befreiungsantrag des Beschwerdeführers ab.
Daraus ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. November 1991, Zl. 91/11/0138, mit weiterem Judikaturhinweis) besteht gegen die Erlassung eines Einberufungsbefehles kein Hindernis, solange über einen Befreiungsantrag gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 nicht zugunsten des Wehrpflichtigen entschieden worden ist. Die belangte Behörde hätte daher im gegebenen Zusammenhang nur dann den Einberufungsbefehl nicht erlassen dürfen, wenn der Beschwerdeführer bereits rechtskräftig von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit worden wäre. Es erübrigt sich somit, hier auf die wirtschaftlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers einzugehen.
Auch die Beschwerde gegen den Einberufungsbefehl des Militärkommandos Tirol erweist sich somit als unbegründet, sie war daher ebenfalls gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Von der Durchführung einer Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
3) Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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