VwGH 92/10/0391

VwGH92/10/039120.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der XY-GesmbH., vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 23. Juli 1992, Zl. 6-55/2 Ga 17/1-1992, betreffend Entfernungsauftrag nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Stmk 1976 §4 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs7;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs1;
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 10. Jänner 1992 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 4 Abs. 7 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 (Stmk. NSchG) aufgetragen, binnen zwei Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides die ohne behördliche Bewilligung auf dem Grundstück Nr. 405 außerhalb der geschlossenen Ortschaft errichtete Plakatwandanlage zu entfernen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung und machte geltend, die Werbeanlage befinde sich inmitten von Bauwerken und daher innerhalb des geschlossen verbauten Gebietes.

Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Naturschutz ein. Dieser führte in seiner Äußerung vom 22. Mai 1992 aus, im Bereich des Standortes der Werbeanlage der beschwerdeführenden Partei habe die P-Straße einen annähernd gegebenen Nord-Süd-Verlauf. Die mehrere Meter lange Werbeanlage befinde sich östlich dieser Straße. Im Westen der P-Straße sei ein geschlossen bebautes Gebiet vorhanden. Östlich des Straßenzuges beginne nördlich des Standortes der Werbeanlage ein ebenfalls geschlossen bebautes Gebiet und auch südlich, wo die D-Straße abzweige, sei geschlossene Bebauung vorhanden. Der dazwischen liegende Freiraum, unverbaut, habe eine längenmäßige Ausdehnung von 67 m und weite sich in Richtung Osten bzw. Nordosten zu mehreren hundert Metern aus. Im Osten schlössen jedenfalls Wiesenflächen und danach bewaldete Hanglagen eines Hügelrückens, des D-Berges, an. Erst einige hundert Meter östlich am Kamm des Hügelrückens, im Verlauf des D-Berges, seien entlang einer Gemeindestraße verstreut gelegene Bauobjekte festzustellen, die jedoch nur im Südosten einen Zusammenhang mit der Hangbebauung entlang der D-Straße aufwiesen. Nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes sei daher von fachlicher Seite zu prüfen, ob eine Werbeanlage innerhalb geschlossen bebautem Gebietes oder auf einer Freifläche, die von geschlossen bebautem Gebiet umgeben sei, liege. Ebenso sei zu prüfen, ob die Werbeanlage aus dem Schatten des letzten Gebäudes der geschlossenen Ortschaft hervortrete, um der freien Landschaft zugeordnet werden zu können. Ob es sich um ein Ortsgebiet durch Ausweisung einer Ortstafel oder um ein Schutzgebiet nach dem NSchG handle, sei für diese Beurteilung irrelevant. Durch die an der P-Straße vorzufindende Baulücke von 67 m, innerhalb der die Werbeanlage errichtet worden sei, sei zwischen den geschlossen bebauten Gebieten nördlich und südlich davon unbebaute freie Landschaft existent, die sich nach Osten und Nordosten hin ausdehne und über mehrere hundert Meter hangaufwärts durch Waldbestand und Wiesen am Hangfuß charakterisiert werde. Da die am D-Berg befindliche Bebauung mit größeren Baulücken in Erscheinung trete und daher kein deutlicher Siedlungszusammenhang zwischen dem geschlossenen Siedlungsgebiet entlang der P-Straße und dem D-Berg feststellbar sei, handle es sich bei diesem Gebiet, welches als Wiesen- und Waldareal in Erscheinung trete, um keine Grünfläche innerhalb geschlossen bebauten Gebietes und es werde darauf hingewiesen, daß östlich des D-Berges weitere landwirtschaftliche Freiflächen und Waldbereiche anschlössen. Daraus ergebe sich, daß bei großräumiger Betrachtungsweise eine unverbaute Grünzone über dem D-Berg bis zu den letzten Gebäuden der geschlossenen Ortschaft westlich und östlich der P-Straße reiche und die Werbeanlage deshalb innerhalb der freien Landschaft errichtet worden sei. Da der Abstand der Werbeanlage zu den letzten Gebäuden 23 bzw. 24 m im Nordosten, Westen und Süden betrage, und die Gebäude bei weitem nicht jene Höhe erreichten, daß bei Umlegen der Gebäudehöhe der Standort der Werbeanlage erreicht werde, trete die Werbeanlage deutlich aus dem Schatten des letzten Gebäudes der geschlossenen Ortschaft hervor, sodaß auch hier die Zurechnung zur freien unbebauten Landschaft erfolgen könne. Mit Bescheid vom 23. Juli 1992 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet ab. In der Begründung stützte sie sich auf die Äußerungen des Amtssachverständigen für Naturschutz.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die belangte Behörde habe ein ergänzendes Beweisverfahren durchgeführt, vom Ergebnis dieses Verfahrens die beschwerdeführende Partei jedoch nicht in Kenntnis gesetzt. Sie habe daher das Parteiengehör verletzt.

Auf Seite 2 oben des angefochtenen Bescheides werde die Werbeanlage sehr gut beschrieben. Dabei stütze sich die belangte Behörde auf die Beschreibung durch den Naturschutzbeauftragten, ebenso die beschwerdeführende Partei. Demnach sei völlig klar, daß die gegenständliche Werbeanlage von drei Seiten mit Bauwerken umgeben sei. Die dritte Seite bedürfe nunmehr einer Interpretation, da die belangte Behörde auf dem Standpunkt stehe, daß diesbezüglich eine Bebauung nicht vorliege. Diesem Standpunkt sei nur eingeschränkt zu folgen, da es wohl selbstverständlich sei, daß bei einer Umbauung von drei Seiten gezwungenermaßen die vierte Seite erst offen sei, diese aber dann geschlossen werde, wenn, wie im gegenständlichen Fall, die Baulücke durch eine Plakattafel geschlossen werde. Demnach sei dieser Freiraum von vier Seiten durch die Errichtung der Plakattafel vor 10 Jahren bereits als umschlossen zu werten. Aber auch eine von drei Seiten umschlossene Baulücke könne nicht als "außerhalb geschlossener Ortschaften" gewertet werden, da durch die dreiseitige Umbauung sich bereits die geschlossene Ortschaft ergebe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und unter Hinweis auf die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 Abs. 1 Stmk. NSchG dürfen Ankündigungen (Werbeeinrichtungen, Bezeichnungen, Hinweise und nichtamtliche Bekanntmachungen) außerhalb geschlossener Ortschaften nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde vorgenommen werden.

Nach § 4 Abs. 7 leg. cit. sind nicht bewilligte Ankündigungen binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde von demjenigen zu entfernen, der sie veranlaßt hat.

Für die Beantwortung der Frage, ob Ankündigungen außerhalb geschlossener Ortschaften liegen, sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgende Überlegungen entscheidend:

Der offenkundige Zweck der Beschränkung des § 4 NSchG ist die Vermeidung von Störungen im Landschaftsbild. Eine geschlossene Ortschaft liegt insoweit vor, als das äußere Erscheinungsbild des Ortes oder Ortsteiles überwiegend von einer größeren Ansammlung von Bauwerken einschließlich der sie etwa umgebenden Grünanlagen geprägt wird, oder von einem räumlichen Zusammenschluß einer Vielheit von Bauwerken gesprochen werden kann, der sich durch den Zusammenschluß von einzelnen verstreut liegenden Baulichkeiten sichtbar abhebt. Da nur jene Störungen des Landschaftsbildes erfaßt sind, die von Ankündigungen außerhalb geschlossener Ortschaften ausgehen, kommt es dabei nicht etwa auf den Ausblick auf die Landschaft, sondern nur auf die Umgebung des Standortes an, so zwar, daß selbst ausgedehntere Grünflächen inmitten stark verbauten Gebietes allenfalls noch innerhalb der geschlossenen Ortschaft liegen können. Für die Beurteilung der Frage, ob eine geschlossene Ortschaft, die sich von der verbliebenen natürlichen Landschaft abhebt, vorliegt oder nicht, ist daher eine großflächige Betrachtungsweise geboten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1981, Zl. 81/10/0040 und die dort angegebene Vorjudikatur). Ob sich der fragliche Bereich in oder außerhalb des Bereiches von Ortstafeln befindet, ist ohne Belang (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juni 1981, Zlen. 81/10/0006, 0015 u.a.).

Die beschwerdeführende Partei bemängelt, daß ihr die belangte Behörde die eingeholte Stellungnahme des Amtssachverständigen für Naturschutz nicht zur Kenntnis gebracht habe.

Durch diese Vorgangsweise hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt; dies führt aber im Beschwerdefall nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde nicht nur nicht darlegt, was sie vorgebracht hätte, wenn ihr die Stellungnahme des Amtssachverständigen zur Kenntnis gebracht worden wäre, sondern darüber hinaus sogar ausdrücklich erklärt, daß die Situation der Werbeanlage zutreffend beschrieben sei. Strittig sind daher nicht die Sachverhaltsfeststellungen, sondern die aus ihnen gezogenen Schlußfolgerungen.

Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, daß sich die verfahrensgegenständliche Werbeanlage in einem 67 m breiten unverbauten Bereich befindet, der sich nach Osten zu auf mehrere hundert Meter ausweitet, sich über weite Strecken hinzieht und aus Wiesenflächen und bewaldeten Hanglagen besteht. Die Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß es sich hier um nicht geschlossen bebautes Gebiet handelt, ist nicht unschlüssig.

Unzutreffend ist die Auffassung der beschwerdeführenden Partei, durch die Aufstellung der Werbeanlage erhalte das fragliche Gebiet den Status einer geschlossenen Ortschaft. Der Charakter eines Gebietes als geschlossene Ortschaft ist ohne Berücksichtigung der fraglichen Werbeanlage, deren rechtmäßige oder rechtswidrige Aufstellung zur Debatte steht, zu beurteilen. Abgesehen davon kann eine Werbeanlage der vom Beschwerdeführer aufgestellten Art - unabhängig von ihrer baurechtlichen Einstufung - einem bestimmten Gebiet nicht den Charakter einer geschlossenen Ortschaft verleihen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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