VwGH 92/10/0082

VwGH92/10/008230.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck und Dr. Waldner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, in der Beschwerdesache des JM in O, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in K, gegen die Tiroler Landesregierung wegen Verletzung der Pflicht zur Entscheidung über eine Berufung in einem naturschutzrechtlichen Verfahren, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §38;
B-VG Art132;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art144 Abs1;
NatSchG Tir 1975;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs3;
AVG §38;
B-VG Art132;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art144 Abs1;
NatSchG Tir 1975;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft wies mit Bescheid vom 20. März 1990 einen Antrag des Beschwerdeführers auf naturschutzrechtliche Bewilligung für einen Muschelkalksteinbruch mit Sand- und Schotterproduktion ab. Der Beschwerdeführer erhob dagegen mit Schriftsatz vom 5. April 1990 Berufung. Die Tiroler Landesregierung als Berufungsbehörde setzte mit Bescheid vom 14. Oktober 1991 das Verfahren gemäß § 38 AVG aus. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1992, Zl. 91/10/0244, aufgehoben.

In der vorliegenden, am 8. April 1992 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, daß die sechsmonatige Entscheidungsfrist ab Einbringung seiner Berufung selbst dann abgelaufen sei, wenn man die Zeit ab Aussetzung des Berufungsverfahrens durch Bescheid vom 14. Oktober 1991 außer acht lasse. Im Hinblick auf die Regelung des § 42 Abs. 3 VwGG sei jedoch bei verfassungskonformer Auslegung der maßgebenden Bestimmungen davon auszugehen, daß auch die Zeit zwischen Erlassung des Aussetzungsbescheides und dessen Behebung durch den Verwaltungsgerichtshof bei der Berechnung der Frist nach § 27 VwGG voll zu Buche schlage.

Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die in § 27 VwGG vorgesehene Frist beginnt mit der Behebung eines Bescheides, durch die der Weg zu einer Sachentscheidung über das anhängige Rechtsmittel eröffnet wird, ERNEUT zu laufen (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juni 1976, Slg. 9074/A). Das gilt auch dann, wenn ein "die Entscheidungspflicht vorübergehend zum Wegfall bringender" Aussetzungsbescheid nach § 38 AVG aufgehoben wird (Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1983, Zl. 83/17/0189). Es besteht kein Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal verfassungsrechtliche Bedenken vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt wurden und auch beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden sind. Der nicht näher begründete Hinweis in der Beschwerde auf § 42 Abs. 3 VwGG, wonach durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Abs. 2 die Rechtssache in die Lage zurücktritt, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte, vermag jedenfalls keine verfassungsrechtlichen Bedenken zu erwecken. Diese Bestimmung bezieht sich nur auf das Verwaltungsverfahren und bedeutet im konkreten Verfahrenszusammenhang, daß in diesem Verfahren eine Entscheidung noch aussteht, betrifft aber nicht die Berechnung der Wartefrist als Prozeßvoraussetzung des Säumnisbeschwerdeverfahrens.

Da entgegen der Meinung des Beschwerdeführers die Frist nach § 27 VwGG ab Zustellung des hg. Erkenntnisses vom 16. März 1992 neu zu laufen begann und daher bei Einbringung der vorliegenden Säumnisbeschwerde noch nicht abgelaufen war, erweist sich die Beschwerde schon aus diesem Grund als nicht zulässig. Sie ist somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

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