Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hat gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 6. Dezember 1991, mit dem ihm Verstöße gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG vorgeworfen und drei Geldstrafen in der Höhe von je S 40.000,-- auferlegt worden waren, rechtzeitig eine von "Dkfm. Mag. O,
Beeid. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater" unterfertigte Berufung erhoben.
Die belangte Behörde richtete im Berufungsverfahren an diesen Vertreter des Beschwerdeführers das Schreiben vom 14. April 1992, mit welchem sie ihn gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufforderte, binnen zwei Wochen die ihm erteilte Vollmacht zu übermitteln, andernfalls die Berufung zurückgewiesen werden müsse.
Innerhalb der ihm gesetzten Frist legte der Beschwerdeführer hierauf eine mit 16. April 1992 datierte, an Dkfm. Mag. O erteilte Vollmacht zu seiner Vertretung in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. September 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurück. Da dem Einschreiter Dkfm. Mag. O nach den Bestimmungen der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung keine Berechtigung zur Erhebung der vorliegenden Berufung zugekommen sei, sei er mit Schreiben vom 14. April 1992 zur Vorlage der bisher fehlenden schriftlichen Vollmacht aufgefordert worden; der Beschwerdeführer habe hierauf die mit 16. April 1992 datierte Vollmachtsurkunde beigebracht. Eine Berufung stelle eine fristgebundene Verfahrenshandlung dar. Erfolge die Begründung des Vollmachtsverhältnisses bei einer solchen erst nach Fristablauf, so bewirke dies - auch wenn es innerhalb der Frist gemäß § 13 Abs. 3 AVG geschehe - nicht die Rechtswirksamkeit der vom noch nicht Bevollmächtigten seinerzeit gesetzten Verfahrenshandlung. Das Vollmachtsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und Herrn Dkfm. Mag. O sei aber erst am 16. April 1992, sohin nach Ablauf der Rechtsmittelfrist, begründet worden. Es sei daher davon auszugehen gewesen, daß zum Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels kein Vollmachtsverhältnis bestanden habe, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, "wegen Rechtswidrigkeit" erhobene Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer sein Recht auf meritorische Berufung über seine im Verwaltungsverfahren erhobene Berufung geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, im Verwaltungsverfahren durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich gemäß § 10 Abs. 2 AVG nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.
Der Sinn der §§ 10 und 13 Abs. 3 AVG ist darin gelegen, eine den rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechende Durchsetzung der materiellen Rechte der Partei zu gewährleisten, nicht aber darin, durch Formvorschriften die Durchsetzung dieser Rechte in größerem Maß als unbedingt erforderlich einzuschränken (Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Jänner 1985, Zl. 83/05/0073 = Slg. 11633/A). Diesem Sinn trägt letztlich auch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Rechnung, wonach aus der Datierung von Bevollmächtigungsurkunden nicht darauf geschlossen werden kann, daß erst ab dieser Datierung ein Vollmachtsverhältnis entstanden wäre. Vielmehr wird der Mangel des Nachweises eines bestehenden Vollmachtsverhältnisses auch durch dessen nachträgliche Beurkundung bzw. durch seitens des Vollmachtgebers ausgesprochene Genehmigung der für ihn bereits gesetzten Handlungen beseitigt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1987, Zl. 87/07/0087, und die dort angeführte Vorjudikatur). Nichts anderes hat der Verwaltungsgerichtshof im übrigen auch in dem im angefochtenen Bescheid zitierten Erkenntnis vom 26. Jänner 1982, Zl. 577/80 = Slg. 10641/A, ausgesprochen, in welchem ausdrücklich zwischen der BEGRÜNDUNG eines Vollmachtsverhältnisses nach Ablauf der Frist für eine daran gebundene Verfahrenshandlung einerseits und der bloßen nachträglichen BEURKUNDUNG eines schon früher aufrecht gewesenen Vollmachtsverhältnisses andererseits unterschieden wurde.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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