Normen
ABGB §1297;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
ABGB §1297;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aufgrund ihres Antrages vom 19. Dezember 1988 wurde der Beschwerdeführerin am 26. Jänner 1989 ein Arbeitslosengeld in Höhe von täglich S 164,80 ab Antragstag zuerkannt. Mit Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste vom 21. März 1989 wurde die Beschwerdeführerin jedoch zur Rückzahlung unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 19. Dezember 1988 bis 28. Februar 1989 im Betrag von insgesamt S 7.251,-- (Restschuld S 5.292,--) mit der Begründung verpflichtet, sie sei laufend als Gesellschafterin bei der Firma E beschäftigt gewesen. Infolge der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung wurde dieser Bescheid mit Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien (aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses) vom 4. Juli 1989 aufgehoben und dabei ausgesprochen, daß, "soweit von ihrer Leistung bereits etwas einbehalten wurde, dieses neuerlich an sie zur Auszahlung gelangen" werde. Die Anweisung der Nachzahlung erfolgte am 12. Juli 1989, die Mitteilung über den nunmehr aufrechten Leistungsanspruch in Höhe von S 164,80 täglich ab Anfallstag (19. Dezember 1988 bis voraussichtlich 16. Juli 1989) erfolgte am 14. Juli 1989.
Mit Bescheid vom 7. September 1990 widerrief das Arbeitsamt Versicherungsdienste den Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 1. März 1989 bis 16. Juli 1989 und verpflichtete die Beschwerdeführerin gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt in diesem Zeitraum empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von S 22.742,--. Als Begründung wurde die Tatsache herangezogen, daß die Beschwerdeführerin am 1. März 1989 ein Dienstverhältnis aufgenommen, jedoch das Arbeitslosengeld bis 16. Juli 1989 weiter bezogen habe. Sie hätte erkennen müssen, daß ihr das Arbeitslosengeld in dieser Höhe nicht gebühre.
Die belangte Behörde gab aufgrund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses mit Bescheid vom 12. Dezember 1990 der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge und bestätigte den Bescheid des Arbeitsamtes Versicherungsdienste.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1991, Zl. 91/08/0017, wurde dieser Bescheid (als Anlaßfall des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 1991, G 295/90 und Folgezahlen, womit § 56 Abs. 3 AlVG 1977 BGBl. Nr. 609 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 61/1983, betreffend die Zuständigkeit des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Arbeitsämter, als verfassungswidrig aufgehoben worden war) wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Mit dem nunmehr vom Landesarbeitsamt Wien erlassenen Bescheid vom 11. Dezember 1991 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich keine Folge gegeben.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe die Beschwerdeführerin am 3. März 1989 die Aufnahme eines Dienstverhältnisses per 1. März 1989 gemeldet. Aus Anlaß der Aufhebung des vom Arbeitsamt Versicherungsdienste erfolgten Widerrufs sowie der Rückforderung des im Zeitraum vom 19. Dezember 1988 bis 28. Februar 1989 bezogenen Arbeitslosengeldes, sei aber von seiten der Arbeitsmarktverwaltung darauf vergessen worden, diese Arbeitsaufnahme per 1. März 1989 zu berücksichtigen, weshalb die (nun) zu erbringende Leistung bis zum Höchstausmaß (16. Juli 1989) zur Auszahlung gelangt sei. Da die Beschwerdeführerin bis 28. Februar 1989 Arbeitslosengeld bezogen habe, habe ihr infolge Arbeitsaufnahme auffallen müssen, daß ihr ab 1. März 1989 keine Leistung mehr hätte gebühren können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung von Arbeitslosengeld zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist in diesen Fällen der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Zutreffend sind beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon ausgegangen, daß im Beschwerdefall nur der dritte Fall des § 25 Abs. 1 AlVG zum Tragen kommen kann. Alleinentscheidende Frage ist daher im vorliegenden Fall, ob die belangte Behörde hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 1. März 1989 bis 16. Juli 1989 empfangenen Arbeitslosengeldes zu Recht den dritten Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG angenommen hat, ob also die Beschwerdeführerin hätte erkennen müssen, daß die Leistung ihr nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Dabei ist nach ständiger Judikatur des
Verwaltungsgerichtshofes nach dem Wortlaut "... wenn er
erkennen mußte, daß ..." der hier heranzuziehende Tatbestand nicht erst dann erfüllt, wenn der Leistungsempfänger die Ungebührlichkeit der Leistung an sich erkannt hat; das Gesetz stellt vielmehr auf das bloße Erkennenmüssen ab und statuiert dadurch eine - allerdings nicht näher definierte - Sorgfaltspflicht. Es entspricht jedoch ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 91/08/0163 und die dort angegebene Judikatur), daß zur Anwendung des dritten Rückforderungstatbestandes der zitierten Gesetzesbestimmung bereits Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässige Unkenntnis davon, daß die Geldleistung nicht (oder nicht in dieser Höhe) gebührte, setzt voraus, daß die Ungebühr bei Gebrauch der (im Sinn des § 1297 ABGB zu vermutenden) gewöhnlichen Fähigkeiten erkennbar gewesen ist. Ob dies zutrifft, ist im Einzelfall zu beurteilen, wobei jedoch der Grad der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit weder überspannt noch überdurchschnittliche geistige Fähigkeiten verlangt werden dürfen (vgl. auch hg. Erkenntnisse vom 3. Februar 1983, Zl. 81/08/0151, Slg. Nr. 10.968/A und das bereits zitierte Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 91/08/0163).
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführerin mit Anweisung vom 12. Juli 1989 ein Betrag an Arbeitslosengeld in Höhe von S 34.608,-- nachgezahlt wurde. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführerin bereits vor diesem Zeitpunkt eine Mitteilung zugegangen war, wonach ihr für die Zeit vom 19. Dezember 1988 bis 16. Juli 1989 Arbeitslosengeld in der Höhe von S 164,80 täglich gebühre, und auf den Umstand, daß sie ab 1. März 1989 in ein Dienstverhältnis trat, hätte ihr aus den obgenannten Betrag auffallen müssen, daß dieser Betrag um ein Beträchtliches höher war, als jener, den sie hätte erwarten dürfen.
Aus diesen Gründen kann Fahrlässigkeit im Sinn der oben stehenden Ausführungen nicht ausgeschlossen werden, weshalb der Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG ein Erfolg zu versagen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
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