VwGH 92/07/0050

VwGH92/07/005014.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde

1) des FO und 2) der VO in X, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. November 1991, Zl. 8-LAS 17 We 1/7-91, betreffend land- und forstwirtschaftliches Bringungsrecht (mitbeteiligte Partei: W in S),

Normen

VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

1) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

2) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 202,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit niederschriftlicher Eingabe vom 21. November 1986 beantragte die mitbeteiligte Partei (in der Folge: mP) bei der Agrarbezirksbehörde Leoben (in der Folge: ABB) die Einräumung eines Bringungsrechtes zur Aufschließung ihrer Liegenschaft EZ. 685 Grundbuch 65.215 X.

Nach Durchführung von Verhandlungen am 22. Dezember 1986, 13. Juni 1988 sowie 6. und 28. November 1990 und Ausarbeitung zweier Detailprojekte (sogenannte Varianten "1b" und "1c") räumte die ABB mit Bescheid vom 29. November 1990 gemäß den Bestimmungen der §§ 1 bis 3, 7, 10 und 19 des Steiermärkischen Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 21/1970 idF LGBl. Nr. 2/1983, der mP als Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 685 Grundbuch 65.215 X zur Aufschließung dieser Liegenschaft mit einer zeitgemäßen Weganlage ein land- und forstwirtschaftliches Bringungsrecht über die Grundstücke Nr. 719/1, 718/1, 724 und 725 je KG X (Eigentümer sind die Beschwerdeführer) ein. Dieses Bringungsrecht umfaßt das Recht, eine Bringungsanlage nach dem Detailprojekt der Fachabteilung IIe-Agrartechnik des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung unter Inanspruchnahme des öffentlichen Gutes der Stadtgemeinde X (Grundstücke Nr. 717 und 804 je KG X) und des bestehenden Wirtschaftsweges der Beschwerdeführer über die Grundstücke Nr. 719/1, 718/1, 724 und 725, alle in EZ. 686,

Grundbuch 65.215 X unter Beachtung einer Reihe von Nebenbestimmungen zu errichten, zu benützen und zu erhalten. Für die mit der Einräumung des Bringungsrechtes verbundenen vermögensrechtlichen Nachteile wurde eine von der mP an die Beschwerdeführer zu leistende Entschädigung in Höhe von S 14.900,-- festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid hat (nur) der Erstbeschwerdeführer berufen und insbesondere einen Trassenverlauf SÜDLICH (und nicht, wie bewilligt, nördlich) seines Wirtschaftsgebäudes unter gleichzeitiger Einräumung eines Bringungsrechtes über Grundstücke der mP gefordert.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Landwirtschaft ein und führte am 27. November 1991 eine mündliche Verhandlung durch. Mit Erkenntnis vom 27. November 1991 wies die belangte Behörde die Berufung des Erstbeschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 AgrVG 1950 ab und führte begründend aus:

Die mP sei Alleineigentümerin der Liegenschaften EZ. 685 Grundbuch 65.215 X mit einem Gesamtausmaß von 8,1231 ha (davon 3,2335 ha Wald) und EZ 351 Grundbuch 65.220 S mit einem Gesamtausmaß von 0,1701 ha (Wohnhaus S Nr. 127). Die landwirtschaftlichen Flächen würden als Grünland genutzt und es würden derzeit rund 20 Stück Damwild und ca. 30 Stück Muffelwild gehalten. Eine Hofstelle sei beim gegenständlichen Wirtschaftsgebäude nicht vorhanden und erfolge die Bewirtschaftung daher von S aus. Es stünden lediglich eine Hütte mit einer Feuerstelle und vier Schuppen, die als Futterlager bzw. Fütterungsstelle dienten, zur Verfügung. Die Liegenschaft sei derzeit mit landwirtschaftlichen Fuhrwerken nicht erreichbar, da die Benützung der bestehenden Weganlage von den Beschwerdeführern nicht gestattet werde. Eine andere Zufahrtsmöglichkeit bestehe derzeit nicht, weshalb die zweckmäßige Bewirtschaftung der Liegenschaft EZ. 685 Grundbuch 65.215 X der mP erheblich beeinträchtigt werde, da für die Bringung der im Betrieb gewonnenen Erzeugnisse bzw. der zur Bewirtschaftung erforderlichen Personen und Sachen keine Bringungsmöglichkeit bestehe. Auch lägen die besonderen Voraussetzungen zur Einräumung eines land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechtes bei Realisierung der sogenannten Variante "1b" vor, da lediglich ein ca. 40 m langer und bereits bestehender Weg ausgebaut würde und ca. 140 lfm über Fremdgrund (allerdings bereits bestehende Wirtschaftswege) geführt würden. Die Variante "1b" stelle die günstigste Lösung dar, da einerseits die Inanspruchnahme von Fremdgrund am geringsten sei und andererseits auch die Kosten für die Errichtung der Bringungsanlage am geringsten seien. Darüber hinaus könne die Bringungsanlage zum überwiegenden Teil durch den Ausbau bereits bestehender Zufahrts- und Wirtschaftswege errichtet werden. Dem Berufungsvorbringen, daß durch die festgelegte Trasse die Erweiterung der Werkstatt und Schaffung einer Ferienwohnung samt Parkplätzen vereitelt würde, werde entgegengehalten, daß dieses Vorhaben lediglich eine Absichtserklärung darstelle, zumal konkrete Schritte zur Verwirklichung, wie z.B. Planerstellung und Beantragung der erforderlichen raumordnungs- und baurechtlichen Bewilligungen, noch nicht unternommen worden seien. Das weitere Berufungsvorbringen, den Bringungsrechtsweg südlich des Wohn- und Wirtschaftsgebäudes der Beschwerdeführer zu führen, gehe ins Leere, da die Beschwerdeführer ihre Zustimmung zu dieser Variante an die Bedingung geknüpft hätten, ihrerseits einen Bringungsweg über Grundstücke der mP zu führen, dieses Vorhaben jedoch mit Bescheid der ABB vom 12. September 1991 rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1) Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Im vorliegenden Fall hat die Zweitbeschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid der ABB vom 29. November 1990 keine Berufung eingebracht. Die Zweitbeschwerdeführerin ist mangels Erschöpfung des Instanzenzuges daher nicht legitimiert, gegen das den erstinstanzlichen Bescheid bestätigende Erkenntnis des Landesagrarsenates - das infolge Berufung einer anderen Partei (hier: des Erstbeschwerdeführers) erlassen wurde - Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde zu erheben (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 388, zitierte Rechtsprechung). Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1 unter Bedachtnahme auf § 12 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

2) Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers:

Die Beschwerde erblickt darin eine Verletzung der Manuduktionspflicht, daß die belangte Behörde die Beschwerdeführer nicht zur Konkretisierung ihrer die Hofstelle betreffenden Ausbaupläne verhalten habe.

Gemäß § 13a AVG hat die Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren. Die darin normierte Manuduktionspflicht betrifft nur Rechtsbelehrungen in bezug auf Verfahrenshandlungen und ihre unmittelbaren Folgen. Die Behörde muß aber die Partei nicht belehren, wie sie ihr Vorbringen gestalten muß, damit ihrem Antrag stattgegeben werden kann (vgl. die bei Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht5 (1991), Rz. 164 zitierte hg. Judikatur). Schon daraus folgt, daß die belangte Behörde nicht verpflichtet war, den Erstbeschwerdeführer zur näheren Konkretisierung seiner das Wirtschaftsgebäude betreffenden Ausbaupläne zu verhalten. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist daher nicht begründet.

Die Beschwerde führt weiters aus, daß eine andere - von der belangten Behörde verworfene - Trassenvariante eher den gesetzlichen Erfordernissen für eine Bringungsrechtseinräumung entspreche, als die gegenständlich bewilligte Trasse "1b". Auch hätte die belangte Behörde andere Trassenvarianten näher prüfen und erst auf Grund eingehender Variantenuntersuchungen über die beantragte Bringungsrechtseinräumung entscheiden dürfen.

Im Gegenstand hat die belangte Behörde das von ihr eingeholte (und letztlich auch ihrer Entscheidung zugrunde liegende) Gutachten eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen dem Erstbeschwerdeführer gleichzeitig mit der Ladung zur Berufungsverhandlung in Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Im weiteren Verfahren hat der Erstbeschwerdeführer dieses Gutachten inhaltlich nicht bemängelt. Wenn der Erstbeschwerdeführer erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Mangelhaftigkeit des Gutachtens bekämpft, so handelt es sich um keine Rüge des Inhaltes des Bescheides, sondern um eine Verfahrensrüge. Da die Partei trotz des Grundsatzes, daß die Behörde von Amts wegen vorzugehen hat, an der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes mitzuwirken hat, ist eine solche Verfahrensrüge einer Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässig, weil die Beschwerde nicht als ein Mittel zur Nachholung der im Verwaltungsverfahren versäumten Handlungen zu betrachten ist (vgl. die bei Dolp, aaO, S. 556, zitierte Rechtsprechung). Dem Beschwerdevorbringen steht insoweit das aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot entgegen.

Diese sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde des Erstbeschwerdeführers war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG und der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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