VwGH 92/06/0046

VwGH92/06/00469.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde

1. des KN und 2. der AN in D, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 16. Jänner 1992, Zl. 03 - 12 Ma 120-92/1, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Fohnsdorf, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

KanalG Stmk 1988 §4 Abs2;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs2;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde in Verbindung mit dem vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer einer ca. 30 ha großen Landwirtschaft, deren Hofgebäude sich auf dem Grundstück Baufläche Nr. n1, KG D, befinden. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. Juli 1990 wurden die Beschwerdeführer gemäß §§ 4 und 6 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1988 verpflichtet, die Schmutzwässer des oben angeführten Objektes direkt und ungeklärt in die öffentliche Kanalanlage der mitbeteiligten Gemeinde abzuleiten. Weiters wurde den Beschwerdeführern als Eigentümern des Objektes auf Baufläche Nr. n1 die Verpflichtung auferlegt, den Anschluß an den öffentlichen Kanal auf eigene Kosten binnen sechzig Tagen ab Rechtskraft des Bescheides bzw. nach Herstellung der Übernahmsstelle durchzuführen. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß das oben angeführte Objekt im Anschlußverpflichtungsbereich gemäß § 4 des Steiermärkischen Kanalgesetzes liege, da die Entfernung zum nächstliegenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m betrage. Eine andere, nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene ausgebildete Schmutzwasserbeseitigung liege nicht vor. In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer gleichzeitig um eine Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes angesucht. Zur Begründung brachten sie vor, daß die häuslichen Fäkalabwässer auf den eigenen landwirtschaftlichen Produktionsflächen benötigt würden, die Fäkalabwässer vorher ordnungsgemäß in einer Senkgrube zwischengelagert und dann aufgebracht werden. Weiters wurde von den Beschwerdeführern darauf hingewiesen, daß die häuslichen Waschwässer bzw. die Abwässer der Milchkammer der öffentlichen Kanalisationsanlage zugeleitet werden. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 6. November 1990 wurde die Berufung der Beschwerdeführer abgewiesen und ausgeführt, daß die Voraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nicht vorliegen. Weiters bezog sich der Gemeinderat in der Begründung auf ein Gutachten des Hygieneinstitutes der Universität Graz vom 24. Oktober 1989, wonach die Beseitigung von häuslichen Abwässern in das öffentliche Kanalnetz und damit über die öffentliche Kläranlage als umwelthygienische Notwendigkeit anzusehen sei, da der Chemisierungsgrad in Abwässern stark angestiegen sei und die häuslichen Abwässer in vielen Fällen Krankheitserreger enthielten, weshalb die Aufbringung von Fäkalien auf den Feldern aus hygienisch-medizinischer und umwelthygienischer Sicht abzulehnen sei. Die Entsorgung von häuslichen Abwässern sei demnach gemeinsam mit flüssigen Wirtschaftsdüngern (Jauche) auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nach dem derzeitigen Stand des technisch-hygienischen Wissens abzulehnen.

Der Vorstellung der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. Jänner 1992 keine Folge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem Beschwerdevorbringen ist unbestritten, daß die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 des Kanalgesetzes 1988, LGBl. Nr. 79, über den grundsätzlichen Anschlußzwang hinsichtlich der Liegenschaft der Beschwerdeführer zutrifft (100 m-Bereich). Die Gemeindebehörden und damit die Vorstellungsbehörde hatten daher lediglich zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand gegeben ist. Während § 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1955, LGBl. Nr. 70, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 165/1968, nach seinem Abs. 4 noch Ausnahmen von der Anschlußverpflichtung bei Schmutzwässern vorsah, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt wurden, ist diese, ausdrücklich Dungzwecke betreffende Ausnahmebestimmung im § 4 des Kanalgesetzes 1988 nicht mehr vorgesehen. Vielmehr ist in Abs. 5 eine allgemeine Ausnahmebestimmung für den Fall der schadlosen Entsorgung der Abwässer normiert. Aus dem Fehlen einer Ausnahmebestimmung des Kanalgesetzes 1955 im nunmehr anzuwendenden Kanalgesetz 1988 ist die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, nicht grundsätzlich schon deshalb eine Ausnahme von der Einleitungsverpflichtung zuzulassen, weil Schmutzwässer nachweisbar zu Düngezwecken benötigt werden. Gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorgung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht ensteht. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber.

Die Beschwerdeführer haben nicht einmal behauptet, während des Verwaltungsverfahrens den gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 von ihnen zu erbringenden Nachweis der schadlosen Entsorgung der Abwässer erbracht zu haben und haben auch nicht behauptet, daß die in einem von ihnen zitierten Gutachten genannten Voraussetzungen auf ihren Grundflächen gegeben sind. Schon deshalb wurden die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt. Wenn sich die Berufungsbehörde und auch die Aufsichtsbehörde veranlaßt sah, abzuklären, ob die Aufbringung häuslicher Fäkalwässer zusammen mit flüssigem Wirtschaftsdünger (Stallabwässern) auf landwirtschaftlich genutzten Flächen eine Art der Schmutzwasserentsorgung darstellt, die im Sinne des § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entspricht, und zu diesem Zweck von der Berufungsbehörde eine umwelthygienische Stellungnahme des Hygieneinstitutes der Universität Graz herangezogen wurde, die den derzeitigen Stand der umwelthygienischen Standards wiedergibt, so kann darin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden, wurde doch nur ein zusätzliches Begründungselement in den Bescheid aufgenommen. Es ist eine Erfahrungstatsache, daß häusliche Abwässer zumeist Tenside und Haushaltschemikalien enthalten. Damit entspricht die Aufbringung häuslicher Fäkalabwässer gemeinsam mit den anfallenden Stallabwässern auf landwirtschaftlichen Betriebsflächen, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, nicht den im § 5 Abs. 4 des Kanalgesetzes 1988 normierten Kriterien.

Dadurch, daß die Beschwerdeführer durch den Bescheid des Bürgermeisters vom 9. Juli 1990 zu einem Anschluß (auch) der häuslichen Waschwässer bzw. der Abwässer der Milchkammer verpflichtet wurden, obwohl die Beschwerdeführer nach ihrem Vorbringen diese Abwässer bereits seit Jahrzehnten in den öffentlichen Kanal leiten, wurden die Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt, wurde doch durch diese Verpflichtung keine dem Gesetz widersprechende Anschlußverpflichtung ausgesprochen. Das Kanalgesetz 1988 kennt weder eine "Teilausnahmebewilligung" für bestimmte Schmutzwässer, noch eine Anschlußverpflichtung bloß für häusliche Badewässer oder Abwässer der Milchkammer. Je nach Ausstattung des Kanalsystems sind entweder Schmutz- UND Regenwässer (Mischwasserkanalisation, § 4 Abs. 2 des Kanalgesetzes 1988) oder nur Schmutzwässer abzuleiten. Eine weitere Unterteilung in eine Anschlußverpflichtung betreffend häusliche Fäkalabwässer oder andere häusliche Abwässer findet sich im Gesetz nicht. Ein Ausnahmetatbestand im Sinne des § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 liegt demnach nur dann vor, wenn die gesamten Schmutzwässer schadlos entsorgt werden.

Da sich bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, daß Rechte der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht verletzt wurden, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte