VwGH 92/05/0082

VwGH92/05/008226.5.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer und Dr. Degischer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über den Antrag der Stadtgemeinde O, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in O, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung einer Frist zur Beschwerdeverbesserung, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag wird nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Februar 1992, Zl. 91/05/0178-4, wurde dem Vertreter der antragstellenden Partei die erhobene Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung von Mängeln zurückgestellt. Zur Vornahme der Verbesserung wurde eine Frist von zwei Wochen, vom Tage der Zustellung des Auftrages an gerechnet, bestimmt. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, daß die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gilt (vgl. auch § 34 Abs. 2 letzter Satz VwGG). Diese Verfügung wurde vom Antragstellervertreter am 10. Februar 1992 übernommen. Mit Beschluß vom 17. März 1992 stellte der Verwaltungsgerichtshof daraufhin das Verfahren ein.

Mit Schriftsatz vom 16. April 1992 begehrt nun die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Versäumung der Frist zur Verbesserung ihrer Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, daß der Vertreter der Antragstellerin persönlich am 10. Februar 1992 den Verbesserungsauftrag am Postschalter des Postamtes Oberpullendorf behoben habe, jedoch beim Abstempeln des Poststückes es aus einem nicht mehr nachvollziehbaren Irrtum seiner Sekretärin dazu gekommen sei, daß statt des richtigen Eingangsdatums "10.2.1992" das Eingangsdatum "11.2.1992" auf dem Verbesserungsauftrag aufgestempelt worden sei. Die Sekretärin habe auf dem Schriftstück selbst "Frist 24.2.1992" vermerkt, ohne diese Frist in den Kanzleikalender einzutragen. Bei der Kontrolle der Mappe bzw. des Kalenders sei dem Vertreter der Antragstellerin aufgefallen, daß der Kanzleivermerk nicht mit dem Posteingangsstempel übereinstimme und außerdem im Kalender die einzutragende Frist nicht vorgemerkt worden sei. Mit einem handschriftlichen Vermerk auf dem Verbesserungsauftrag habe der Antragstellervertreter die Sekretärin gerügt und ihr den Auftrag erteilt, die Frist - scheinbar korrekt - nach dem auf dem Schriftstück abgestempelten Eingangsdatum in den Kanzleikalender einzutragen, was auch geschehen sei. Zur Bescheinigung wurden Fotokopien sowie eidesstättige Erklärungen vorgelegt. Sodann wird ausgeführt, daß durch die irrtümliche Abstempelung des Verbesserungsauftrages mit einem falschen Eingangsdatum für die Antragstellerin bzw. für ihren Vertreter ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis eingetreten sei, das den Vertreter der Antragstellerin daran gehindert habe, dem Verbesserungsauftrag des Verwaltungsgerichtshofes rechtzeitig nachzukommen.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist auf Antrag einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung der Frist zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß die Organisation des Kanzleibetriebes eines Rechtsanwaltes eines wirksamen Kontrollsystems bedarf. So muß die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozeßhandlungen sichergestellt sein, wobei durch entsprechende Kontrollen u.a. vorzusorgen ist, daß Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Den Rechtsanwalt trifft daher eine besondere Überwachungspflicht hinsichtlich der Führung der Fristenvormerkes. Im vorliegenden Fall hat nun zwar der Rechtsanwalt eine Kontrolle durchgeführt, er hat jedoch hinsichtlich widersprüchlicher Daten ohne nähere Kontrolle und ohne Rücksprache mit seiner Sekretärin die Eingangsstampiglie als richtig beurteilt, obwohl er nach seinem Vorbringen selbst einen Tag früher den Verbesserungsauftrag unmittelbar bei der Post übernommen hat. In einem solchen Fall kann von einem minderen Grad des Versehens nicht gesprochen werden, ist doch davon auszugehen, daß aus Gründen der Rechtssicherheit an das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen schon im Interesse der übrigen Verfahrensparteien ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. etwa den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1989, Zl. 88/05/0256, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher nicht stattzugeben.

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