Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §5 Abs4 lita;
StVO 1960 §5 Abs4 litb;
StVO 1960 §5 Abs7 lita;
VStG §44a Z1;
VStG §6;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
StVO 1960 §4 Abs1 lita;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §5 Abs4 lita;
StVO 1960 §5 Abs4 litb;
StVO 1960 §5 Abs7 lita;
VStG §44a Z1;
VStG §6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 24. Juni 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 10. Juni 1990 um 16.00 Uhr 1. einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW von Wien 6, Mariahilfergürtel, Fahrtrichtung 7. Bezirk, ca. 100 Meter vor der Mariahilferstraße, bis Wien 7, Neubaugürtel 6, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben und 2. es in Wien 6, Mariahilfergürtel, Fahrtrichtung 7. Bezirk, ca. 100 Meter vor der Mariahilferstraße, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges nach ursächlicher Beteiligung an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden unterlassen zu haben, sofort anzuhalten. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen und zwar zu 1. nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 und zu 2. nach § 4 Abs. 1 lit. a leg. cit. begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1991, Zl. B 889/91-3, abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer meint zunächst, hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 sei Verjährung eingetreten, weil das erstbehördliche Straferkenntnis in seinem Spruch bei der diesbezüglichen Umschreibung der ihm zur Last gelegten Tat keinen Tatort angeführt habe und dies von der belangten Behörde erst außerhalb der Verjährungsfrist richtig gestellt worden sei. Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil das in Rede stehende Spruchelement in der gegen ihn gerichteten Anzeige vom 10. Juni 1990 enthalten ist, welche ihm, wie sich aus der diesbezüglichen Niederschrift ergibt, am 7. August 1990 mit der Aufforderung zur Rechtfertigung zur Kenntnis gebracht wurde. In diesem Vorgang liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine die Verjährung unterbrechende taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. N.F. Nr. 11.525/A).
Es bildet aber auch keine Rechtswidrigkeit des Spruches des angefochtenen Bescheides, daß in dessen Punkt 1 nicht das Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung des Beschwerdeführers genannt ist, weil der Grad der Alkoholbeeinträchtigung kein Tatbestandselement der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 bildet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Jänner 1988, Zl. 87/03/0013).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag ferner auch die Umschreibung der Tatzeit im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht als rechtswidrig zu erkennen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse verstärkter Senate vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A und vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) ist es nach der hier noch anzuwendenden Bestimmung des § 44a lit. a VStG 1950 rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und
2. die Identität der Tat - z.B. nach Ort und Zeit - unverwechselbar feststeht. Dieser letzten Forderung ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er - im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren - in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, daß der Beschwerdeführer in diesen Rechten dadurch verletzt wurde, daß im Spruch des angefochtenen Bescheides als Tatzeit nicht ein Zeitraum, sondern nur ein Tatzeitpunkt genannt wurde.
Zufolge § 5 Abs. 4a StVO 1960 gilt das Ergebnis einer vorgenommenen Untersuchung der Atemluft nach Abs. 2a lit. b leg. cit., also mit einem sogenannten Alkomaten, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist, als Feststellung des Grades der Alkoholeinwirkung, es sei denn, daß eine Bestimmung des Blutalkoholgehaltes etwas anderes ergibt. Es ist daher, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0067, und die dort zitierte Vorjudikatur) als Gegenbeweis zur Entkräftung des Ergebnisses einer Untersuchung der Atemluft nach § 5 Abs. 2a lit. b StVO 1960 ausschließlich die Blutabnahme mit anschließender Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zulässig.
Die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Frage, welche Menge alkoholischer Getränke der Beschwerdeführer vor Antritt der gegenständlichen Fahrt konsumierte, sei für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens ohne Bedeutung, weshalb die diesbezüglichen Beweisanträge des Beschwerdeführers (Einvernahme einer Zeugin und Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens) abzuweisen gewesen seien, steht daher mit dem Gesetz im Einklang.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß der in Rede stehende Verkehrsunfall stattgefunden hat und daß er an der Unfallstelle nicht sofort angehalten hat. Er macht aber einerseits geltend, auch sein Unfallsgegner habe nicht sofort angehalten und im Hinblick auf das am Unfallsort herrschende extrem starke Verkehrsaufkommen sei es nicht möglich gewesen, "einfach in einem Bereich, wo die Fahrbahn aufgrund von Bauarbeiten ohnehin auf zwei Fahrstreifen verengt ist, mein Fahrzeug plötzlich anzuhalten". Andererseits habe es die belangte Behörde unterlassen, das von ihr eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen, welcher zu dem Ergebnis kam, der Beschwerdeführer hätte das Anstoßgeräusch wahrnehmen müssen, "zu wesentlichen Fragen, nämlich zur Frage der Lärmentwicklung im Vorfallsbereich, zur Tatsache, daß es sich im Vorfallsbereich um eine der befahrendsten Straßen Wiens handelt und zur Tatsache, daß sich der Vorfall bei starkem Verkehrsaufkommen in der Stoßzeit ereignet hat, zur Tatsache, daß im Vorfallsbereich Bauarbeiten durchgeführt wurden", ergänzen zu lassen.
Mit ersterem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage, denn die Verpflichtung des § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 wonach ein Fahrzeuglenker, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofort anzuhalten hat, wird nicht dadurch außer Kraft gesetzt, daß mit dem sofortigen Anhalten möglicherweise eine Behinderung des übrigen Verkehrs verbunden sein könnte, oder daß der Unfallsgegner nicht ebenfalls sofort anhielt.
Der von der belangten Behörde zur Frage der Wahrnehmbarkeit des Verkehrsunfalles beigezogene Amtssachverständige kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, daß der Beschwerdeführer die Kontaktnahme schon aufgrund der Erschütterung bei der Kontaktnahme und des dabei entstandenen Karosseriegeräusches und dessen Übertragung durch die Karosserie in das Fahrzeuginnere hätte bemerken müssen. Die akustische Wahrnehmung resultiere daraus, daß eine Fahrzeugkarosserie wie ein Resonanzkasten wirke und dadurch auch kleinste Anstoßgeräusche im Wageninneren wahrnehmbar würden.
Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß diese akustische Wahrnehmbarkeit auch durch den bei starkem Verkehr verursachten Umgebungslärmpegel im Hinblick auf die durch die Fahrzeugkarosserie gegebene Abschirmung nach außen nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Daß aber im Tatzeitpunkt darüber hinausgehende konkrete besondere Lärmereignisse im Unfallszeitpunkt stattgefunden hätten, die die Wahrnehmbarkeit des Anstoßgeräusches durch den Beschwerdeführer ausgeschlossen hätten, wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag es daher nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde ohne weitere Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen dessen Aussage über die Wahrnehmbarkeit des Verkehrsunfalles durch den Beschwerdeführer folgte.
Der Beschwerdeführer meint abschließend, die belangte Behörde habe Verfahrensvorschriften dadurch verletzt, indem sie einerseits eine Zeugin lediglich in der Form befragte, daß ihr die Aussage ihres Ehegatten zur Kenntnis gebracht und diese von der Zeugin bestätigt wurde, und andererseits sich mit einem Bericht des Meldungslegers begnügte, ohne diesen formell als Zeugen einzuvernehmen. Auf dieses Vorbringen ist schon deshalb nicht näher einzugehen, weil die Relevanz (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG) dieser Verfahrensverstöße nicht gegeben ist. Wie bereits ausgeführt, bestreitet der Beschwerdeführer die von diesen Personen bezeugten Tatumstände nicht, sodaß nicht erkennbar ist, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde hätte kommen können, hätte sie die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensverstöße vermieden.
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als nicht berechtigt. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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