VwGH 92/01/1059

VwGH92/01/105921.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des A in T, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Oktober 1992, Zl. 4.317.833/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AsylG 1968 §14;
AsylG 1968 §18 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
AsylG 1968 §14;
AsylG 1968 §18 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 7. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 19. Oktober 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und verweigerte die Gewährung von Asyl.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, hat er seinen durch seine Rechtsvertreterin schriftlich eingebrachten Asylantrag vom 29. März 1991 damit begründet, daß mehrere seiner Verwandten Mitglieder einer illegalen kurdischen Partei seien, wobei zwei seiner Onkel zum Tode verurteilt worden seien, vor ihrer Festnahme im Jahre 1980 aber ins Ausland hätten flüchten können. Seit 1985 sei der Beschwerdeführer ständig Verfolgungen und Festnahmen - verbunden mit Mißhandlungen - durch die Behörden ausgesetzt gewesen, wobei er über den Aufenthalt seiner Verwandten befragt worden sei. Er habe große Angst vor einer Rückkehr in sein Heimatland. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 2. Mai 1991 habe der Beschwerdeführer angegeben, bei den Verhören durch die Polizei - ein solches habe letztmals vor zwei Monaten stattgefunden - niemals geschlagen oder gefoltert, sondern unter dem Hinweis, erst dann Ruhe zu haben, wenn er den Aufenthaltsort seiner Onkel bekanntgebe, zur Zusammenarbeit mit der Polizei aufgefordert worden zu sein. Zum Verlassen seines Heimatlandes habe sich der Beschwerdeführer, obwohl er schon seit zweieinhalb Jahren arbeitslos sei, nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern deshalb entschlossen, weil er vor Verleumdungen nicht sicher sei und rechnen müsse, inhaftiert zu werden, wenn der Polizei mitgeteilt würde, daß er mit seinen Onkeln in Verbindung stehe. In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer zur Sache kein ergänzendes Vorbringen erstattet.

Der belangten Behörde ist zunächst zuzustimmen, wenn sie die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte schlechte allgemeine Lage der kurdischen Minderheit in der Türkei nicht als geeignet angesehen hat, das Vorliegen konkreter, individuell gegen den Beschwerdeführer gerichteter Verfolgung glaubhaft zu machen (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zl. 92/01/0743).

Weiters kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts des Umstandes, daß dem Beschwerdeführer bei seiner - unter Beiziehung eines Dolmetschers durchgeführten - niederschriftlichen Einvernahme vom 2. Mai 1991 zur Kenntnis gebracht wurde, seine Aussagen würden die Grundlage im Verfahren über seinen Asylantrag bilden, seinen bei dieser Gelegenheit gemachten Angaben, in denen er ausdrücklich und in Übereinstimmung mit dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen ausführte, bei den polizeilichen Einvernahmen niemals geschlagen oder gefoltert worden zu sein, gegenüber seinen früheren Behauptungen im schriftlichen Asylantrag über Mißhandlungen bei Festnahmen höheren Wahrheitsgehalt beigemessen hat. Die in diesem Zusammenhang vertretene Rechtsansicht der belangten Behörde, diese Befragungen nach dem Aufenthaltsort seiner Onkel könnten nicht als Verfolgung des Beschwerdeführers gewertet werden, steht im Einklang mit der hg. Rechtssprechung, derzufolge auch wiederholten Vorladungen zur Polizei und Befragungen nach dem Aufenthalt von Verwandten nicht der Charakter von Eingriffen zukommt, die ihrer Intensität nach als Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention qualifiziert werden könnten (vgl. für viele andere z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0546, und vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0486).

Die Befürchtung des Beschwerdeführers, verleumdet und deshalb inhaftiert zu werden, hat die belangte Behörde zu Recht als durch sein sonstiges Vorbringen nicht gerechtfertigte Annahme und daher nicht als Grund für begründete Furcht vor Verfolgung gewertet.

Soweit der Beschwerdeführer die polizeiliche Aufforderung zur Zusammenarbeit als Grund für seine Furcht vor künftiger Verfolgung geltend macht, ist zunächst der Standpunkt der belangten Behörde, daß eine derartige Aufforderung nicht als Verfolgungshandlung qualifiziert werden könne, zu teilen. Daß aber die Verweigerung der Zusammenarbeit mit der Polizei für ihn Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention nach sich ziehen werde, ist schon deshalb auszuschließen, weil allfällige aus diesem Grund gegen den Beschwerdeführer gerichtete behördliche Maßnahmen bei Bedachtnahme auf sein gesamtes Vorbringen nicht unter die in der Flüchtlingskonvention angeführten Fluchtgründe eingereiht werden könnten.

Die belangte Behörde hat die Ausstellung eines Reisepasses als Indiz gewertet, welches gegen das Vorliegen behördlicher Verfolgung des Beschwerdeführers spreche. Wenn auch zufolge der hg. Rechtsprechung der Besitz bzw. die Ausstellung eines Reisepasses für sich allein nicht das Vorliegen von Fluchtgründen ausschließen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0718), kann diese Wertung mangels Vorliegens von Fluchtgründen den angefochtenen Bescheid nicht mit einem wesentlichen Mangel belasten.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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