VwGH 92/01/0778

VwGH92/01/07784.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des R in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Juni 1992, Zl. 4.316.718/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge hat der Beschwerdeführer, ein ghanesischer Staatsangehöriger, den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 19. Juni 1991, mit dem festgestellt worden war, beim Beschwerdeführer lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 12. Juni 1992 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, hat er bei seiner Befragung durch die Behörde erster Instanz als Fluchtgrund geltend gemacht, daß er als Leiter der Schuhfabrik seines erkrankten Vaters infolge Steuerschulden inhaftiert worden sei. Da dem Beschwerdeführer die Einschaltung eines Rechtsanwaltes verweigert worden sei, sei er sich bewußt gewesen, daß es sich um "eine Hetze der Regierung" gegen ihn handle. Der Beschwerdeführer habe sechs Monate ohne Beistand eines Rechtsanwaltes und ohne Gerichtsurteil im Gefängnis verbringen müssen, dann sei ihm unter Beihilfe eines Wächters, dem er 500 Dollar versprochen habe, als Soldat verkleidet die Flucht gelungen. Im Fall seiner Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer, Probleme mit der Regierung zu bekommen.

Die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung hat der Beschwerdeführer der auch insoweit unbestritten gebliebenen Darstellung der belangten Behörde zufolge unter Hinweis auf eines seiner Ansicht nach ungenaue bzw. unvollständige Protokollierung seines ersten Vorbringens damit begründet, daß er als ältester Sohn nach dem plötzlichen Tod seines Vaters dessen Betrieb hätte weiterführen müssen. Im April 1990 sei der Beschwerdeführer vom "PNDC" vorgeladen worden. Hiebei habe sich herausgestellt, daß die Vorladung eigentlich seinem Vater gegolten hätte, der es in den letzten Jahren unterlassen habe, den "PNDC" finanziell zu unterstützen. Da der Beschwerdeführer die von ihm geforderte Summe nicht bezahlt habe, sondern in Verhandlungen mit "anderen Mitgliedern" getreten sei, sei er unerwartet festgenommen und über ihn lebenslange Haft verhängt worden. Nach sechs Monaten habe der Beschwerdeführer seinen Fall vor den Gefängnisanwalt gebracht, der ihm mitgeteilt habe, daß sein Fall politischer Natur sei, was für ihn den Tod bedeute. Der Gefängnisanwalt habe ihm dann am 17. November 1990 geholfen, in das benachbarte Ausland (Togo) zu entkommen.

Das Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde deswegen als nicht glaubwürdig erachtet, weil zwischen den Angaben des Beschwerdeführers vor der Behörde erster Instanz und den in der Berufung aufgestellten Behauptungen gravierende Widersprüche (Erkrankung - Ableben des Vaters; Steuerdelikt - politische Erpressung; Inhaftierung ohne Verurteilung - Verhängung lebenslanger Haft; Ermöglichung der Flucht durch Wächter - Fluchthilfe durch Gefängnisanwalt; Ausbezahlung einer Belohnung an den Wächter durch den Vater - keinerlei Erwähnung einer Belohnung) festzustellen seien, die nicht mehr mit einer allenfalls unvollständigen oder unrichtigen Protokollierung des Vorbringens bei der Erstbefragung erklärbar seien. Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie, soweit der Beschwerdeführer in seiner Berufung eine unrichtige bzw. unvollständige Protokollierung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend gemacht hat, die aufgezeigten Widersprüche als weit über solche Ungereimtheiten, die noch durch eine fehlerhafte Protokollierung erklärbar wären, hinausgehend erachtet hat. Auch hat die belangte Behörde zu Recht darauf hingewiesen, daß es dem Beschwerdeführer, wenn er dagegen, daß ihm die von der Behörde erster Instanz aufgenommene Niederschrift nicht noch rückübersetzt wurde, Bedenken gehabt habe, möglich gewesen wäre, die Unterfertigung der Niederschrift zu verweigern.

Da das Berufungsvorbringen sohin nicht geeignet ist, eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 - die übrigen in dieser Gesetzesstelle angeführten Gründe für die Anordnung einer Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens kommen beim gegebenen Sachverhalt nicht in Betracht - aufzuzeigen, hatte die belangte Behörde, unabhängig davon, ob das Berufungsvorbringen in Widerspruch zum erstinstanzlichen Vorbringen steht, gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Mit den vor der Behörde erster Instanz vorgebrachten Behauptungen, die im wesentlichen die Inhaftierung des Beschwerdeführers wegen Steuervergehens zum Inhalt hatten, hat der Beschwerdeführer - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - aber keinen der in der Genfer Konvention angeführten Fluchtgründe für sich ins Treffen führen können.

In der Beschwerde versucht der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die allgemeinen Verhältnisse in seinem Heimatland darzulegen, daß es Aufgabe der belangten Behörde gewesen wäre, die Verhältnisse in seinem Heimatland - etwa auch durch Anfrage an Amnesty International - zu erkunden. Demgegenüber entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß aus den allgemeinen politischen Verhältnissen allein Verfolgung auch dann nicht ableitbar ist, wenn sie in einem Bericht von Amnesty International dargestellt sind. Vielmehr setzt die Anerkennung als Flüchtling konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete bzw. ihm drohende Verfolgungshandlungen voraus (vgl. die bei Steiner, österreichisches Asylrecht, Wien 1990, S 28 f, angeführte Judikatur). Aus der Unterlassung von Ermittlungen über die allgemeinen Verhältnisse im Heimatland des Beschwerdeführers kann somit Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht abgeleitet werden.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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