VwGH 92/01/0753

VwGH92/01/075320.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des M in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Juni 1992, Zl. 4.290.698/3-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §2;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §3;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
AsylG 1968 §2;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §3;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 25. April 1990 ab und sprach aus, daß dem Beschwerdeführer kein Asyl gewährt werde. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität, sei am 1. Dezember 1989 in das Bundesgebiet eingereist und habe am 18. Dezember 1989 beantragt, ihm Asyl zu gewähren. Er habe dafür folgende Begründung angegeben:

Er sei nach Saudi-Arabien gegangen und habe dort die letzten Jahre gearbeitet, da die Kurden in der Türkei keine Rechte hätten. Auch wirtschaftliche Gründe seien dabei im Spiel gewesen. Er habe für die kurdischen Organisationen "KAVA, RILGARI, DDKD und PKK" Flugblätter verteilt und diese Organisationen auch finanziell unterstützt. Bei einem getöteten Kurden sei ein Foto von ihm gefunden worden, wodurch den Heimatbehörden bekannt geworden sei, daß der Beschwerdeführer mit der kurdischen Befreiungsbewegung sympathisiere. Man habe nach ihm gefahndet und ihn zur Verhaftung ausgeschrieben, weshalb es ihm unmöglich geworden sei, aus Saudi-Arabien in sein Heimatland zurückzukehren. Mit seinem 1987 ausgestellten Reisepaß sei der Beschwerdeführer nach Österreich gekommen. Am 25. März 1991 sei er im Rahmen des Berufungsverfahrens durch die Bundespolizeidirektion Linz ergänzend einvernommen worden, wobei er angegeben habe, die kurdischen Organisationen mit ca. S 1.000,-- monatlich unterstützt zu haben. Es sei den türkischen Behörden längst bekannt gewesen, daß der Beschwerdeführer mit kurdischen Organisationen sympathisiere, von 1982 bis 1986 sei er ständig überwacht worden. Das vorgefundene Foto sei nur noch ein Beweisstück für die türkischen Behörden gewesen. Bezüglich seiner jahrelangen, regelmäßigen und ungehinderten Reisetätigkeit zwischen seiner Heimat und Saudi-Arabien habe er angegeben, daß die türkischen Behörden vorerst ja keine Beweise gegen ihn gehabt hätten, weshalb er noch deren Vertrauen genossen habe.

Nach Darlegung der Rechtslage vertrat die belangte Behörde die Auffassung, es sei keineswegs wahrscheinlich, daß der Beschwerdeführer Verfolgung von seiten seines Heimatlandes zu gewärtigen habe, da es seinem Vorbringen an Glaubwürdigkeit mangle. Eine Verfolgung auf Grund des Auffindens eines Fotos sei keineswegs nachvollziehbar, da man aus verschiedensten Gründen ein Foto einer Person bei sich tragen könne, etwa auch, "weil man sie sich als Mordopfer auserkoren" habe. Jedoch erscheine nicht nur der Schluß von einem aufgefundenen Foto auf politische Aktivitäten des Dargestellten kaum zusinnbar, sondern stelle sich auch die Frage, wie die türkischen Behörden bloß auf Grund eines Fotos die Identität des Beschwerdeführers hätten feststellen können. Schließlich widerspräche es "den elementarsten Grundregeln der Konspiration", irgendwelches belastendes Material gegen Mitkämpfer bzw. Gesinnungsgenossen bei sich zu haben. Die belangte Behörde könne daher den Komplex "aufgefundenes Foto" nicht für bescheinigt halten. Darüber hinaus sei es nicht erklärlich, warum der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung die jahrelangen Observationen nicht erwähnt habe. Die belangte Behörde könne daher auch dieses gesteigerte Vorbringen nicht als glaubwürdig gelten lassen. Ebenso spräche die Innehabung eines türkischen Reisepasses während der letzten Jahre gegen letzteres Vorbringen. Die Erklärung des Beschwerdeführers dafür, nämlich vor Auffindung des genannten Fotos das Vertrauen der Regierung genossen zu haben, stimme wenig mit dem Vorbringen überein, als Schwerverdächtiger ständiger Überwachung ausgesetzt gewesen zu sein. Außerdem habe der Beschwerdeführer nicht dargetan, inwiefern er in Saudi-Arabien für die türkischen Autoritäten greifbar gewesen sei. Da das Königreich Saudi-Arabien "Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention" und von einem Auslieferungsverkehr mit der Türkei bezüglich politischer Straftäter nichts bekannt sei, gehe die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer in Saudi-Arabien vor Verfolgung sicher gewesen sei und ihm schon allein deswegen gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 Asyl nicht zu gewähren wäre.

In der gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer die "Verletzung des mir gesetzlich gewährleisteten Rechts auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach den einschlägigen Bestimmungen des AsylG" geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Daß ein Asylwerber durch einen Bescheid wie den angefochtenen - entsprechend dem vom Beschwerdeführer bezeichneten Beschwerdepunkt gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG - in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf "Feststellung der Flüchtlingseigenschaft" auch auf dem Boden des Asylgesetzes 1991 verletzt sein kann, hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem bereits in seinen Erkenntnissen vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0834, und vom 25. November 1992, Zl. 92/01/0827, dargetan. Die belangte Behörde hat das Vorbringen des Beschwerdeführers deshalb für nicht glaubhaft erachtet, weil es in sich widersprüchlich sei. Diese Würdigung erweist sich von der Warte der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Schlüssigkeitsprüfung als zutreffend. So kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Behörden seines Heimatlandes hätten von einem aufgefundenen Foto auf politische Aktivitäten des darauf dargestellten Beschwerdeführers geschlossen, als unwahrscheinlich erachtet hat.

Auch hat die belangte Behörde zu Recht Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers insoweit erblickt, als er ausführt, bereits jahrelang unter Verdacht gestanden und von 1982 bis 1986 ständig überwacht worden zu sein, während er andererseits behauptet, bis zur Auffindung des Fotos das Vertrauen der Behörden genossen zu haben und daher ungehindert in der Lage gewesen zu sein, zu verreisen. Daran kann auch das Vorbringen in der Beschwerde nichts ändern, demzufolge der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise in der Türkei nicht politisch tätig gewesen sei, sodaß die Behörden keinen Anlaß gesehen hätten, dem Beschwerdeführer die Ausstellung eines Reisespasses zu verweigern, während die dargestellten Verfolgungshandlungen erst durch seine politische Tätigkeit in Saudi-Arabien ausgelöst worden seien. Vielmehr erweisen sich auch diese Ausführungen angesichts der für die Zeit von 1982 bis 1986 angegebenen Überwachung des Beschwerdeführers, der die Ausstellung eines Reisepasses erst 1987 gegenübersteht, als widersprüchlich.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang rügt, die belangte Behörde hätte ihm diese Widersprüche vorhalten und auf ihre Aufklärung dringen müssen, ist ihm entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde diesem Verlangen durch seine ergänzende Einvernahme vom 25. März 1991 nachgekommen ist. Der Beschwerdeführer war hiebei aber nicht in der Lage, die Widersprüche aufzuklären. Die belangte Behörde war in bezug auf die von ihr gemäß § 45 Abs. 2 AVG vorzunehmende Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers als Bescheinigungsmittel nicht gehalten, vor ihrer Entscheidung dem Beschwerdeführer bekanntzugeben, warum sie seinen Behauptungen keine Bescheinigungskraft zubilligen werde (vgl. dazu die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetz I in E 121 zu § 45 AVG referierte hg. Rechtsprechung).

Wenn auch die belangte Behörde - wie der Beschwerdeführer zu Recht vorbringt - nicht ohne weiteres davon hätte ausgehen dürfen, daß der Beschwerdeführer in Saudi-Arabien vor Verfolgung sicher gewesen sei, kann die darin gelegene Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht (§ 16 Abs. 1 AsylG 1991) nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, weil die belangte Behörde das Vorliegen von Gründen für die Gewährung von Asyl in schlüssiger Weise verneint und den angefochtenen Bescheid nur hilfsweise auch auf dieses Argument gestützt hat.

Da sich der angefochtene Bescheid somit insgesamt als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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