VwGH 92/01/0722

VwGH92/01/072230.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde 1. der A K und 2. der M K, beide in D, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 23. April 1991, Zl. Ia 371-9/90, betreffend Feststellung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §151;
AVG §10 Abs4;
StbG 1965 §27 Abs1;
StbG 1965 §27 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ABGB §151;
AVG §10 Abs4;
StbG 1965 §27 Abs1;
StbG 1965 §27 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben je zur Hälfte dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit ihrem Bescheid vom 23. April 1991 stellte die belangte Behörde fest, daß die Beschwerdeführerinnen die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besäßen. Begründend stützte die belangte Behörde ihren Bescheid auf folgenden Sachverhalt:

Die als eheliche Kinder ihres die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Vaters am 22. September 1971 bzw. 20. Dezember 1972 in Bern geborenen Beschwerdeführerinnen hätten gemäß § 7 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 (StbG 1965) die österreichische Staatsbürgerschaft durch Abstammung nach ihrem Vater erworben. Auf Grund eines von beiden Elternteilen der Beschwerdeführerinnen unterzeichneten schriftlichen, auf Art. 57 Abs. 6 des Gesetzes über das Schweizer Bürgerrecht gestützten Gesuches vom 15. März 1978 habe die Justizabteilung der Republik und des Kantons Tessin mit Bescheid vom 13. September 1978 hinsichtlich der Beschwerdeführerinnen deren "Zugehörigkeit gemäß Art. 57 Abs. 6 und Art. 5 Abs. 1 A LC" anerkannt.

Auf Grund dieser Vorgänge ging die belangte Behörde davon aus, daß an der Klärung der Frage, ob sich aus dem Erwerb des Schweizer Bürgerrechtes Auswirkungen auf den Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerinnen ergeben könnten, ein öffentliches Interesse bestehe, weshalb die in § 42 Abs. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG 1985) normierten Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides von Amts wegen gegeben seien. Der Anerkennung als Schweizer Bürger komme die Bedeutung des Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit zu. Da der Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit mit Zustimmung der Eltern als gesetzliche Vertreter der Beschwerdeführerinnen erfolgt und eine Bewilligung zur Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht erwirkt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die Beschwerdeführerinnen auf Grund der Regelung des § 27 StbG 1965 seit 13. September 1978 die österreichische Staatsbürgerschaft nicht mehr besäßen. Das Verfahren sei mit den gesetzlichen Vertretern der Beschwerdeführerinnen durchzuführen gewesen, weil die Beschwerdeführerinnen nach dem gemäß § 9 IPR-Gesetz, BGBl. Nr. 304/1978, auf sie anzuwendenden Schweizer Recht erst ab Vollendung des 20. Lebensjahres eigenberechtigt seien.

Die Behandlung der von den Beschwerdeführerinnen gegen diesen Bescheid gemeinsam erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 9. Juni 1992, B 666/91, ab und trat diese mit Beschluß vom 13. Juli 1992 dem Verwaltungsgerichtshof ab. In der bereits mit dem Abtretungsantrag ergänzten Beschwerde machen die Beschwerdeführerinnen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht verletzt, "daß die Behörde nicht feststellt, daß wir die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen, wir sohin nach wie vor österreichische Staatsbürger sind".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 des am 13. September 1978 in Kraft gestandenen StbG 1965 verliert die Staatsbürgerschaft, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen verliert ein nicht eigenberechtigter Staatsbürger die Staatsbürgerschaft nur dann, wenn die auf den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit gerichtete Willenserklärung (Abs. 1) für ihn entweder von seinem gesetzlichen Vertreter oder mit dessen ausdrücklicher Zustimmung von ihm selbst oder von einer dritten Person abgegeben wird. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters muß vor dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit vorliegen.

Die Beschwerdeführerinnen hatten durch Geburt nach ihrem Vater die österreichische Staatsbürgerschaft erworben (vgl. § 7 Abs. 1 StbG 1965). Dies hatte zur Folge, daß sie gemäß Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechtes vom 29. September 1952, Sammlung eidgenössischer Gesetze Nr. 53 (SbrG), als eheliche Kinder eines ausländischen Vaters und einer Schweizer Mutter das Schweizer Bürgerrecht nicht von Geburt an erworben hatten. Das Schweizer Bürgerrecht erwarben sie erst auf Grund des auf die mit Novelle vom 25. Juni 1976 eingeführte Übergangsbestimmung des Art. 57 Abs. 6 SbrG gestützten Antrages ihrer gesetzlichen Vertreter vom 15. März 1978. Gemäß dieser Bestimmung kann das Kind eines ausländischen Vaters und einer Mutter, die von Abstammung Schweizer Bürgerin ist, wenn es im Zeitpunkt des Inkrafttretens des BG vom 25. Juni 1976 über die Änderung des ZGB das

22. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hat und hatten seine Eltern zur Zeit der Geburt ihren Wohnsitz in der Schweiz, binnen eines Jahres bei der zuständigen Behörde des Heimatkantons der Mutter die Anerkennung als Schweizer Bürger beantragen. Art. 34 ist sinngemäß anwendbar. Damit liegt hier ein Fall des Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit auf Grund eines Antrages im Sinne des § 27 Abs. 1 StbG 1965 vor.

Die Beschwerdeführerinnen versuchen darzutun, daß ihre Eltern im Zeitpunkt der Einbringung des Gesuches um Anerkennung als Schweizer Bürger insofern in einem Irrtum befangen gewesen seien, als sie - angeblich auf Grund einer Auskunft ihrer Schweizer Eltern bzw. Schwiegereltern und nicht näher angeführter behördlicher Auskünfte - der Meinung gewesen seien, die Anerkennung als Schweizer Bürger habe keinerlei Auswirkungen auf die österreichische Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerinnen. Mit diesem Vorbringen machen die Beschwerdeführerinnen nicht geltend, ihre Eltern hätten sich bei der Unterfertigung des Gesuches um Anerkennung als Schweizer Bürger etwa im Irrtum darüber befunden, was das Ziel dieses Gesuches gewesen sei, sodaß ihr Wille nicht auf den Erwerb der Schweizer Staatsangehörigkeit gerichtet gewesen und dieser Erwerb sohin irrtümlich erfolgt wäre. Vielmehr ist den Beschwerdeausführungen zu entnehmen, daß der Erwerb der Schweizer Staatsangehörigkeit durch die Beschwerdeführerinnen durchaus beabsichtigt war und der ins Treffen geführte Irrtum lediglich die Auswirkungen dieses Erwerbes auch die österreichische Staatsbürgerschaft betraf. Der Irrtum über die Auswirkungen des gewollten Erwerbes einer fremden Staatsangehörigkeit auf die österreichische Staatsbürgerschaft vermag - selbst wenn er unverschuldet wäre, was im Beschwerdefall nicht untersucht zu werden braucht - die Rechtswirksamkeit eines auf den Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit gerichteten Antrages im Sinne des § 27 Abs. 1 StbG 1965 nicht zu beseitigen. Vielmehr tritt der Verlust der österreichische Staatsbürgerschaft unabhängig davon ein, ob er beabsichtigt war, auch wenn der Betroffene die österreichische Staatsbürgerschaft beibehalten wollte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1969, Zl. 769/69, und vom 16. September 1992, Zl. 91/01/0213).

Bei diesem Sachverhalt ist auch aus den von den Beschwerdeführerinnen zur Untermauerung ihres Standpunktes angeführten hg. Erkenntnissen vom 25. November 1957, Slg. NF Nr. 4484/A, und vom 29. September 1975, Zl. 1508/75, für ihre Position nichts zu gewinnen, weil in diesen Erkenntnissen die Frage eines ungewollten bzw. irrtümlichen Erwerbes einer fremden Staatsbürgerschaft behandelt wurde, von dem aber - wie aufgezeigt - im Beschwerdefall nicht die Rede sein kann.

Soweit die Erstbeschwerdeführerin geltend macht, infolge ihrer (während des Verwaltungsverfahrens erlangten, infolge Rückverweisung des Schweizer IPR-Gesetzes durch Anknüpfung an den Wohnsitz nach österreichischem Recht zu beurteilenden) Eigenberechtigung wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, das Verfahren mit ihr selbst und nicht mit ihrem Vater abzuführen, ist ihr entgegenzuhalten, daß, wenn auch die belangte Behörde zu Unrecht von ihrer gesetzlichen Vertretung durch ihren Vater ausgegangen ist, der Umstand, daß diese Behörde gemäß § 10 Abs. 4 AVG von einer ausdrücklichen Vollmacht absah, keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit darstellt, weil die belangte Behörde auf Grund des Auftretens des Vaters der Erstbeschwerdeführerin während des gesamten Verwaltungsverfahrens und mangels jeglicher in eine andere Richtung deutender Erklärung der Erstbeschwerdeführerin nach Erlangung ihrer Eigenberechtigung deren gewillkürte Vertretung durch ihren Vater auch ohne Vorliegen einer ausdrücklichen Vollmacht hätte zugrunde legen können.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Da eine Entscheidung über die Beschwerde nunmehr bereits vorliegt, konnte auch ein Abspruch über den zu

Zl. AW 92/01/0099 protokollierten Antrag der Beschwerdeführerinnen, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte