VwGH 92/01/0544

VwGH92/01/054416.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des K in A, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. April 1992, Zl. 4.270.535/2-III/13/89, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste am 31. Dezember 1988 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 2. Jänner 1989 einen Asylantrag. Bei seiner am 5. Jänner 1989 durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich durchgeführten niederschriftlichen Befragung gab der Beschwerdeführer im wesentlichen folgendes an:

Er habe nach Abschluß der Grund- und Mittelschule in Teheran eine sechsmonatige Ausbildung als Elektriker erhalten und sei von 1981 bis 1986 Mitbesitzer einer Schneidereiwerkstätte zur Erzeugung von Heeresuniformen gewesen. Seit 1984 habe er mit den Monarchisten sympathisiert und auch für diese gearbeitet. Im Büro seines Schwagers, der ein privates Zolldeklarationsunternehmen betreibe, sei der Beschwerdeführer mit ausländischen Fernfahrern zusammengetroffen und habe sich "Verteilungsmaterial gegen das Regime in Teheran" überbringen lassen.

Sein Schwager sei deshalb 1986 von den Revolutionswächtern verhaftet worden. Der Beschwerdeführer habe deshalb seine Flucht organisieren und untertauchen müssen. Am 13. Oktober 1986 habe er den Iran mit einem auf seinen Freund ausgestellten Reisepaß (für den er 1 Million Rial bezahlt habe) per Bus verlassen und sei nach Istanbul gereist. Dort sei er in der Folge bei einer amerikanischen Kirche tätig gewesen und habe iranischen Flüchtlingen geholfen. Weil sein iranischer Paß im Jahr 1989 abgelaufen wäre, sei er schon vorher nach Österreich gefahren, um hier um politisches Asyl anzusuchen. Sein Versuch, illegal die jugoslawisch-österreichische Grenze zu überschreiten sei zunächst gescheitert. Er sei deswegen in Jugoslawien 7 Tage in Haft gewesen. Ein Jugoslawe namens Michel habe ihn schließlich bei Spielfeld über die grüne Grenze gebracht.

Mit Bescheid vom 6. März 1989 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich fest, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling i.S. des Asylgesetzes.

Dagegen berief der Beschwerdeführer wobei er ankündigte, er werde eine Bestätigung über seine Zugehörigkeit zu einer monarchistischen Organisation nachreichen. Zusätzlich zu seinem Vorbringen in erster Instanz behauptete der Beschwerdeführer, seine Schwester, die Gattin des verhafteten Schwagers, hätte den Beschwerdeführer davor gewarnt, wieder in das Unternehmen ihres Mannes zurückzukehren, es drohe ihm eine Verhaftung. Der Beschwerdeführer habe sich daraufhin in Teheran bei Freunden versteckt gehalten. Es seien Hausdurchsuchungen im Hause seines Vaters erfolgt. Der Bruder des Beschwerdeführers sei mehrmals kurzfristig verhaftet worden, um dadurch den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers zu erfahren. Im Mai 1986 sei der verhaftete Schwager zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe von insgesamt umgerechnet S 500.000,-- verurteilt worden, weil er die monarchistische Organisation unterstützt hätte. In der Türkei habe der Beschwerdeführer für verschiedene soziale Organisationen gearbeitet, die iranische Flüchtlinge betreuten. Die Mitgliedschaft bei diesen Organisationen werde im Iran bestraft. Zum Beweis dafür bot der Beschwerdeführer eine Bestätigung von "Amerikan Word Heyedi" an. Da die Türkei keine Flüchtlinge aufnehme und immer wieder iranische Flüchtlinge zurückschiebe, habe der Beschwerdeführer nur solange in der Türkei bleiben können, als sein Reisepaß gültig gewesen sei. Zum Beweis für die Abschiebung iranischer Asylanten (offenbar durch die Türkei) in den Iran berief sich der Beschwerdeführer in seiner Berufung auf eine nicht näher präzisierte "Aussendung der SPÖ."

Keines der vom Beschwerdeführer angekündigten Dokumente legte er in der Folge der Behörde vor.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach ebenfalls aus, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes.

In ihrer Beweiswürdigung vertrat die belangte Behörde u.a. den Standpunkt, daß dem Vorbringen von Asylwerbern, die "auf den für Schlepperorganisationen typischen Wegen und mit dem in diesen Fällen zu beobachtenden formularmäßigen Vorbringen nach Österreich eingereist seien, grundsätzlich geringere Glaubwürdigkeit zukomme". Zu den von Schlepperorganisationen angebotenen Dienstleistungen gehörten auch Unterweisungen darüber, wie ein Asylwerber sein Vorbringen auszuführen habe und welche Fluchtgründe er anzugeben habe, damit seinem Ansuchen stattgegeben werden könne.

Mit seiner Behauptung, Sympathisant der Monarchisten im Iran zu sein, hätte der Beschwerdeführer noch nichts über seine tatsächliche Zugehörigkeit zu dieser Organisation gesagt. Darüber hinaus erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die erst in der Berufung aufgestellten Behauptungen als unglaubwürdig, weil er bei seiner erstinstanzlichen Befragung davon nichts erwähnt hätte und weil er die von ihm angekündigten schriftlichen Beweise nicht vorgelegt hätte.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, die Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppe allein könne nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen Grund für die Anerkennung als Flüchtling darstellen; es seien konkrete Verfolgungen des Asylwerbers selbst, nicht aber seiner Angehörigen erforderlich. Als Grund für die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft könnten nur Umstände in Frage kommen, die Ursache der Flucht gewesen seien; es müßten konkrete, gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in seinem Recht auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Kern des Beschwerdevorbringens ist die Behauptung, der Beschwerdeführer habe "doch sehr glaubhaft geschildert", wegen seiner politischen Gesinnung konkret verfolgt und bei diesen Verfolgungshandlungen auch verletzt worden zu sein. Damit setzt der Beschwerdeführer seine schon im Verwaltungsverfahren gezeigte Tendenz zur Steigerung seines Vorbringens (vor dem Verwaltungsgerichtshof noch dazu in Verletzung des Neuerungsverbotes) fort. Es ist unzutreffend, daß die Beschwerdeschrift behauptet, der Beschwerdeführer habe nie Veränderungen in seiner Verantwortung vorgenommen. Die belangte Behörde, deren Beweiswürdigungsargumente im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Schlepperorganisationen im vorliegenden Fall mangels konkreter Anhaltspunkte zwar nicht geteilt werden können, hat im Ergebnis angesichts der Steigerungen des Vorbringens in der Berufung in schlüssiger Weise zu Recht den erstinstanzlichen Angaben des Beschwerdeführers den Vorzug gegeben.

Geht man aber von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner ersten Vernehmung aus, dann kann nur als bescheinigt angenommen werden, daß der Beschwerdeführer von 1984 an mit den Monarchisten im Iran sympathisierte, sich Material gegen das Regime von ausländischen Fernfahrern überbringen ließ, daß der Schwager des Beschwerdeführers verhaftet wurde, daß der Beschwerdeführer deswegen mit einem falschen Paß in die Türkei reiste, dort mehr als zwei Jahre lang lebte, bei einer amerikanischen Kirche tätig war und iranischen Flüchtlingen half. Aus diesem Vorbringen ergibt sich hingegen - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß den iranischen Behörden regimefeindliche Aktionen des Beschwerdeführers bekannt geworden wären und daß ihm deshalb konkrete Maßnahmen seitens der Heimatbehörden gedroht hätten. Der Beschwerdeführer konnte keinerlei Umstände dafür glaubhaft machen, daß aus objektiver Sicht gesagt werden könnte, sein weiterer Verbleib im Iran wäre unerträglich gewesen, was aber Voraussetzung für die Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft wäre (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1985, Zl. 85/01/0227 u.v.a.).

Aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid, der insoweit auch (anders als es der Beschwerdeführer sehen will) ausreichend begründet ist, als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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