Normen
AsylG 1968 §1;
AVG §13a;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §41 Abs1;
AsylG 1968 §1;
AVG §13a;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein äthiopischer Staatsangehöriger, reiste am 25. Mai 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am 30. Mai 1990 einen Asylantrag. Bei den niederschriftlichen Befragungen am 30. Mai 1990 und 20. Oktober 1990 gab er (zusammengefaßt) an, im Zuge einer Hausdurchsuchung seien in seinem Schlafzimmer politische Manifeste, die seine Tante hergestellt habe, gefunden worden. Er habe nur knapp der Verhaftung entgehen können und sich nach der Hausdurchsuchung bei seinem Onkel versteckt gehalten. Mit Hilfe eines von seinem Onkel mittels Bestechung beschafften Reisepasses sei ihm die Ausreise gelungen. Mehrere Personen, die der politischen Gruppierung angehört hätten, für die seine Tante die Manifeste geschrieben habe, seien hingerichtet worden. Er befürchte, in Äthiopien eingesperrt oder hingerichtet zu werden.
Mit dem im Instanzenzug erlassenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat sie begründend die Auffassung, die Behauptungen des Beschwerdeführers seien nicht glaubwürdig. Er habe im gesamten Verwaltungsverfahren weder den Namen der Gruppierung, für die seine Tante politische Manifeste angefertigt habe, angeführt noch Angaben über deren Zielsetzung, örtliche Struktur oder Arbeitsweise machen können. Er hätte sich auch nicht bei seiner Tante versteckt gehalten, wenn diese einer politischen Organisation angehört hätte. Auch der Reiseweg bis zu seiner Einreise in Österreich vermittle eher den Eindruck einer geplanten Ausreise als den einer überstürzten Flucht wegen einer drohenden Todesgefahr. Es sei auch zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer einen äthiopischen Reisepaß besitze, der ihm unmittelbar vor seiner Ausreise ausgestellt worden sei. Es sei unglaubwürdig, daß er einerseits mit Haftbefehl gesucht werde, andererseits aber einen Reisepaß ausgestellt bekommen habe und über den Flughafen Addis Abeba legal habe ausreisen könne, ohne Schwierigkeiten im Rahmen der Paßkontrolle auch nur zu behaupten. Im übrigen sei eine allenfalls zum damaligen Zeitpunkt bestandene Gefährdung nunmehr weggefallen. Die äthiopische Übergangsregierung, die seit Anfang Juli im Amt sei, sei aus einer Konferenz von 24 politischen Gruppierungen hervorgegangen, die sämtlich in Opposition zu Mengistu gestanden seien. Über die Frage der Unabhängigkeit Eritreas solle in zwei Jahren endgültig in einem Referendum entschieden werden. Dann solle die Übergangsregierung auch Wahlen für eine "endgültige Regierung" veranstalten. Die frühere Regierungsarmee sei praktisch nicht mehr existent; der Geheimdienst sei aufgelöst und die äthiopischen Diplomaten im Ausland abgelöst worden. Eine Verfolgung des Beschwerdeführers im Sinne der Genfer Konvention aus den von ihm behaupteten politischen Gründen sei daher in keiner Weise glaubhaft.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die von der belangten Behörde zur Begründung ihrer Auffassung, die Behauptungen des Beschwerdeführers seien nicht glaubwürdig, herangezogenen Argumente stellen keine schlüssige Begründung der Beweiswürdigung dar.
Daß der Beschwerdeführer keine Angaben über Namen, Zielsetzung, örtliche Struktur und Arbeitsweise der politischen Gruppierung, für die seine Tante gearbeitet habe, gemacht hat, kann nicht als ein gegen seine Glaubwürdigkeit sprechender Umstand gewertet werden. Es kann die Auffassung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe über die erwähnten Umstände keine Angaben machen KÖNNEN, nicht geteilt werden, weil den Akten kein Anhaltspunkt dafür entnommen werden kann, daß dem Beschwerdeführer entsprechende Fragen gestellt worden wären. Zwar obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 1992, Zl. 91/01/0216); der Asylwerber hat somit aus eigenem jene Tatsachen vorzubringen, die für das Vorliegen wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus den im Art. I Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen sprechen.
Daraus folgt, daß die Behörden des Asylverfahrens dem Asylwerber keine Unterweisungen dahin zu erteilen haben, wie er sein Vorbringen auszuführen habe; der Asylwerber kann sich im erwähnten Zusammenhang auch nicht auf Verstöße der Behörden gegen ihre Ermittlungspflicht berufen.
Diese den Umfang der Behauptungspflicht des Asylwerbers und der Ermittlungspflicht der Behörden bestimmenden Grundsätze betreffen aber nicht die Beweiswürdigung; sie vermögen daher die Schlußfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei unglaubwürdig, weil er bestimmte Umstände nicht dargelegt habe, nicht zu tragen. Die belangte Behörde durfte daher ohne entsprechende Fragestellung aus dem Fehlen von Angaben des Beschwerdeführers über die genannten Umstände nicht auf dessen fehlende Glaubwürdigkeit folgern.
Auch die Darlegungen der belangten Behörde, es spreche gegen die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, daß dieser behaupte, sich bei seiner Tante versteckt gehalten zu haben, beruhen nicht auf einer mängelfreien Grundlage, weil sie nicht vom Akteninhalt (bzw. von durch den Akteninhalt nicht gedeckten Annahmen) ausgehen; der Beschwerdeführer hatte nämlich angegeben, sich bei seinem Onkel versteckt gehalten zu haben. Aus dem Akteninhalt ergibt sich kein Hinweis darauf, daß es sich beim erwähnten "Onkel" des Beschwerdeführers um den Ehegatten der "Tante" gehandelt hätte, auf deren Tätigkeit die behauptete Verfolgung des Beschwerdeführers zurückzuführen war bzw. es sich beim Versteck des Beschwerdeführers um die Wohnung der "Tante" gehandelt hätte.
Auch der Hinweis auf den Besitz eines äthiopischen Reisepasses und die legale Ausreise des Beschwerdeführers ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zielführend (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0410), zumal sich die belangte Behörde weder mit der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe seinen Reisepaß durch Bestechung erlangt, noch mit den Umständen der Ausreise auseinandersetzte.
Auch die Argumentation der belangten Behörde, angesichts der - näher dargelegten - allgemeinen politischen Verhältnisse im Heimatland des Beschwerdeführers sei eine allenfalls früher bestehende Verfolgungsgefahr nunmehr weggefallen, beruht nicht auf einer mängelfreien Grundlage, weil nicht ersichtlich ist, welche Ermittlungsergebnisse (die gegebenenfalls dem Beschwerdeführer vorzuhalten gewesen wären) die belangte Behörde ihrer offenbar vertretenen Auffassung zugrundelegte, die Verhältnisse in Äthiopien seien derart, daß allenfalls vorhanden gewesene Fluchtgründe nun nicht mehr bestünden.
Der angefochtene Bescheid ist daher mit Verfahrensmängeln behaftet, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderen Bescheid gekommen wäre; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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