VwGH 91/19/0366

VwGH91/19/036627.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der F, zuletzt in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. November 1991, Zl. IV-680.203-FrB/91, betreffend Sichtvermerk, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §25 Abs3;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
PaßG 1969 §25 Abs3;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. November 1991 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer türkischen Staatsangehörigen, vom 16. Oktober 1991 auf Erteilung eines befristeten Sichtvermerkes für die mehrmalige Wiedereinreise nach Österreich gemäß § 25 Abs. 1 und 2 des Paßgesetzes (PaßG) abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei am 13. Oktober 1991 ohne den erforderlichen Einreisesichtvermerk sowie unter "Entziehung" der Grenzkontrolle illegal in das Bundesgebiet eingereist; in weiterer Folge sei sie vom 13. bis 16. Oktober 1991 ohne Sichtvermerk, sohin rechtswidrig, in Österreich aufhältig gewesen. Auf Grund des bisherigen Verhaltens der Beschwerdeführerin, welches im krassen Gegensatz zu den öffentlichen Interessen stehe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Regelung des § 25 Abs. 1 PaßG zufolge kann ein Sichtvermerk einem Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß § 25 Abs. 3 des Gesetzes vorliegt. Nach § 25 Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde bei der Ausübung des ihr im Abs. 1 eingeräumten freien Ermessens auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen. Nach § 25 Abs. 3 leg. cit. ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn (lit. d) die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Wohl hat die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides die zitierte Bestimmung des § 25 Abs. 3 lit. d PaßG nicht angeführt, doch läßt sich den dargestellten Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides entnehmen, daß die belangte Behörde auch auf diesen Versagungsgrund Bezug genommen hat. Sollte sie das Vorliegen zumindest dieses Versagungsgrundes rechtens bejaht haben, so ist nicht mehr zu prüfen, ob sie berechtigt gewesen wäre, eine (für die Beschwerdeführerin ungünstige) Ermessensentscheidung im Grunde des § 25 Abs. 1 und 2 PaßG zu treffen. Weiters bliebe bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 25 Abs. 3 PaßG für die nur bei einer Ermessensentscheidung nach § 25 Abs. 1 und 2 leg. cit. zu berücksichtigenden persönlichen Verhältnisse kein Raum (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 30. September 1991, Zl. 91/19/0198, auf welches die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend verweist).

Die Annahme des Vorliegens des Versagungsgrundes nach § 25 Abs. 3 lit. d PaßG ist aus folgenden Erwägungen nicht rechtswidrig:

Unbestritten ist, daß die Beschwerdeführerin für die erwähnte Einreise am 13. Oktober 1991 eines Sichtvermerkes bedurft hätte. Die Beschwerdeführerin bringt dazu vor, sie sei nicht unter Umgehung der Grenzkontrolle unerlaubt nach Österreich eingereist, weil sie von der Türkei kommend mit einem Autobus durch Ungarn gefahren sei, wobei am österreichischen Grenzübergang die Reisepässe sämtlicher Autobusinsassen zur Durchführung der Grenzformalitäten vom Chauffeur abgesammelt worden seien (im Verwaltungsverfahren hatte die Beschwerdeführerin insoweit ergänzend ausgeführt, nach Durchführung der Grenzformalitäten sei ihr der Reisepaß wieder ausgefolgt und die Fahrt in das österreichische Bundesgebiet fortgesetzt worden). Die Beschwerdeführerin stamme aus einem kleinen Bergdorf und es sei ihr nicht bewußt gewesen, daß sie derzeit als türkische Staatsangehörige zur Einreise nach Österreich eines Sichtvermerkes bedürfe bzw. habe sie "im Falle eines entsprechenden Erfordernisses" gedacht, daß das Einreisevisum an der Grenze durch den Chauffeur erledigt würde.

Dem ist entgegenzuhalten, daß es Sache des Fremden ist, sich schon vor der Einreise auf geeignete Weise über die maßgebliche Rechtslage zu erkundigen. Hätte die Beschwerdeführerin das getan, dann wäre ihr auch bewußt gewesen, daß eine legale Einreise in das österreichische Bundesgebiet ohne Sichtvermerk nicht möglich ist (vgl. zu dem ähnlich gelagerten Fall des "Durchwinkens" an der Grenze das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1992, Zl. 91/19/0328).

Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. das oben angeführte Erkenntnis vom 30. September 1991, Zl. 91/19/0198), daß die Rechtsordnung der Beachtung der Regelungen über die Einhaltung paßrechtlicher Vorschriften ein solches Gewicht beimißt, daß selbst bei Einmaligkeit von Verfehlungen gegen diese Normen ein schwerwiegender Verstoß gegen erhebliche öffentliche Interessen des österreichischen Staates vorliegt. Die von der belangten Behörde - unter anderem auch - im Hinblick auf die Annahme, daß der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung gefährden würde (§ 25 Abs. 3 lit. d PaßG), getroffene Entscheidung, der Beschwerdeführerin den begehrten Sichtvermerk zu versagen, entspricht daher dem Gesetz.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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