VwGH 91/19/0326

VwGH91/19/032620.1.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, in der Beschwerdesache des Y in F, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 7. November 1991, Zl. III 1-3, betreffend Ladung in einer Angelegenheit des Paßgesetzes 1969, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs2;
PaßG 1969 §22 Abs1;
PaßG 1969 §23 Abs1;
VwRallg;
AVG §10 Abs1;
AVG §19 Abs1;
AVG §19 Abs2;
PaßG 1969 §22 Abs1;
PaßG 1969 §23 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I

1. Mit an die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch (BH) gerichteter Eingabe vom 22. Oktober 1991 stellte der nunmehrige Beschwerdeführer den Antrag, "mir eine Aufenthaltsberechtigung für Osterreich in der Weise zu erteilen, daß ich berechtigt bin, mich in Österreich niederzulassen und aufzuhalten, und zwar durch die Erteilung eines vorerst auf zwölf Monate befristeten Wiedereinreise-Sichtvermerkes".

2. Daraufhin erließ die BH (die belangte Behörde) unter dem Datum 7. November 1991 einen Ladungsbescheid, mit dem der Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters (des nunmehrigen Beschwerdevertreters) aufgefordert wurde, "unter Mitnahme dieses Ladungsbescheides und des Reisepasses event. mit Dolmetscher in Angelegenheit Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, Antrag vom 22. Oktober 1991, als Beteiligter bis 25. November 1991 in der Zeit von 8.00 bis 11.00 Uhr bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch persönlich zu erscheinen oder einen mit der Sachlage vertrauten und bevollmächtigten eigenberechtigten Vertreter zu entsenden. Im Falle ungerechtfertigten Ausbleibens haben Sie gemäß § 19 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes die sofortige Vollziehung einer Zwangsstrafe von S 2.000,-- zu gewärtigen. Hiegegen ist zufolge § 19 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes kein Rechtsmittel zulässig".

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, innhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptende Beschwerde, mit dem Begehren , den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1.Die Beschwerde hält den bekämpften Bescheid zunächst - unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1982, Slg. Nr. 10.819/A - deshalb für inhaltlich rechtswidrig, weil es die belangte Behörde dem Beschwerdeführer freigestellt habe, einen mit der Sachlage vertrauten und bevollmächtigten Vertreter zu entsenden.

1.2. Dieser Einwand ist nicht zielführend. Richtig ist zwar, daß der Verwaltungsgerichtshof in dem vorzitierten Erkenntnis ausgesprochen hat, daß die im § 19 Abs. 3 AVG vorgesehenen Zwangsmittel nur dann zulässig seien, wenn die Behörde dem Geladenen nicht die Entsendung eines Vertreters freigestellt habe. Damit ist allerdings für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, da der damalige Beschwerdefall dadurch gekennzeichnet war, daß dem ersten, die Zwangsfolgen gegen den Geladenen androhenden Ladungsbescheid ein weiterer Bescheid folgte, mit dem gegen diesen gemäß § 19 Abs. 3 AVG und § 5 VVG eine Zwangsstrafe verhängt wurde, weil er dem zunächst ergangenen Ladungsbescheid nicht Folge geleistet hatte. Gegenstand der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof war nicht dieser Ladungsbescheid, sondern jener, eine Zwangsstrafe verhängende Bescheid. Allein dieser zuletzt genannte Bescheid war auch Gegenstand der Aufhebung durch den Gerichtshof, weil die Verhängung der Zwangsstrafe im Hinblick auf die dem Geladenen eingeräumte Möglichkeit, statt selbst zu erscheinen, einen Vertreter zu entsenden, rechtswidrig gewesen sei. Ein solcher Sachverhalt lag im gegenständlichen Beschwerdefall nicht vor, da hier nach Ausweis der Akten - durch die Gegenschrift der belangten Behörde bestätigt - dem Beschwerdeführer eine Zwangsstrafe lediglich angedroht, nicht aber auch verhängt wurde.

2.1. Eine weitere Rechtswidrigkeit der bekämpften Beschwerde erblickt die Beschwerde darin, daß dem Beschwerdeführer, z.H. seines Vertreters, gleichfalls unter dem Datum 7. November 1991 in derselben Sache von der belangten Behörde eine sogenannte einfache Ladung zugegangen sei. Die gleichzeitige Ladung des Beschwerdeführers in Form der einfachen Ladung und in Form eines Ladungsbescheides in ein und derselben Sache mache den Ladungsbescheid inhaltlich rechtswidrig.

2.2. Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz AVG ist die Behörde berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. Diese Bestimmung unterscheidet nicht zwischen einem Vorladen in Form der sogenannten einfachen Ladung, d.i. einer solchen ohne gleichzeitige Androhung von Zwangsmaßnahmen, und in Form eines Ladungsbescheides, d.i. einer Ladung unter Androhung derartiger Maßnahmen (vgl. zu diesen beiden Arten einer Ladung die bei Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 1990, auf S 201f. angeführte hg. Judikatur). In beiden Fällen muß das Kriterium der Notwendigkeit des Erscheinens des Geladenen gegeben sein. Das "Erscheinen" i.S. dieser Gesetzesstelle ist allerdings nicht gleichzusetzen mit "persönlichem Erscheinen", welch letzteres lediglich EINE Form des ersteren darstellt. Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit., in dem ausdrücklich zwischen dem persönlichen Erscheinen des Geladenen und der Entsendung eines Vertreters differenziert wird. Sowohl aus der dem Beschwerdeführer gegenüber ergangenen einfachen Ladung als auch aus dem an ihn gerichteten Ladungsbescheid ist ohne Zweifel erkennbar, daß die belangte Behörde sein "Erscheinen" in der besagten Angelegenheit für erforderlich erachtete. Die Tatsache, daß die Behörde den Beschwerdeführer im Ladungsbescheid, anders als in der einfachen Ladung, die Entsendung eines Vertreters freistellte, führte jedenfalls nicht dazu, daß der Beschwerdeführer durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt worden ist. Gleiches gilt in Ansehung der gleichzeitigen Erlassung einer einfachen Ladung und eines Ladungsbescheides in derselben Angelegenheit, schloß doch jene nicht aus, daß die belangte Behörde darüber hinaus einen bestimmten, ihr besonders wichtig erscheinenden Zweck, nämlich die Vorlage des Reisepasses des Beschwerdeführers zu erreichen, eine Ladung unter Androhung einer Zwangsstrafe erließ.

3.1. Die Beschwerde vertritt schließlich die Ansicht, daß die belangte Behörde, wenn sie das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers für nötig gehalten habe, verpflichtet gewesen wäre, im Ladungsbescheid anzuführen, weshalb für die Erledigung seines Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes diese Notwendigkeit gegeben sei. Der Beschwerdeführer gehe davon aus, daß die Behörde in dieser Hinsicht weitere Informationen benötigt habe, "ohne aber im Detail die Themenbereiche im Ladungsbescheid anzuführen". Es wäre möglich gewesen, diese Informationen schriftlich und nicht durch eine persönliche Vorsprache bei der belangten Behörde zu erteilen.

3.2. Vorerst ist nochmals darauf hinzuweisen, daß dem Beschwerdeführer mit dem bekämpften Ladungsbescheid die Alternative eröffnet wurde, entweder persönlich zu erscheinen oder einen Vertreter zu entsenden. Eine Verpflichtung der belangten Behörde, im Ladungsbescheid detailliert anzuführen, weshalb ein persönliches Erscheinen des Beschwerdeführers für erforderlich gehalten werde, bestand daher schon deshalb nicht, weil die belangte Behörde durch die Einräumung der genannten Alternative eindeutig zum Ausdruck brachte, daß das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers von ihr eben gerade nicht für notwendig erachtet werde. Was den Beschwerdeeinwand anlangt, es hätten die von der belangten Behörde benötigten Informationen auch auf schriftlichem Weg beigebracht werden können, so ist festzuhalten, daß es der Behörde obliegt zu beurteilen, ob zur Erreichung des mit der Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf anderer Weise erreicht werden kann. Im vorliegenden Fall ordnete die belangte Behörde das Erscheinen des Beschwerdeführers - sei es persönlich oder durch Entsendung eines Vertreters - unter Mitnahme des Reisepasses an. Die Überlegung, daß dieses für die Einreise nach und den Aufenthalt in Österreich wesentliche Dokument (vgl. §§ 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 Paßgesetz 1969) vom Beschwerdeführer selbst oder einem Vertreter desselben der Behörde überbracht und ihr nicht auf eine andere - weniger sichere - Weise zugehen sollte, ist im gegebenen Zusammenhang als durchaus sachgerecht, die Anordnung des Erscheinens des Beschwerdeführers (in der vom Gesetz vorgesehenen Alternative) in diesem Sinn als "nötig" anzusehen.

4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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