VwGH 91/19/0191

VwGH91/19/019114.10.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Weich, über die Beschwerde der XY-GmbH in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 6. April 1991, Zl. 312.092/5-III-3/90, betreffend Erteilung einer Betriebsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

ArbIG 1974 §8 Abs1;
ArbIG 1974 §9 Abs1;
ASchG 1972 §27 Abs2;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §74;
GewO 1973 §78 Abs2;
ArbIG 1974 §8 Abs1;
ArbIG 1974 §9 Abs1;
ASchG 1972 §27 Abs2;
AVG §66 Abs4;
GewO 1973 §74;
GewO 1973 §78 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. September 1990, Zl. 90/19/0260, verwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid behob die belangte Behörde den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 7. April 1989 und den diesem zugrundeliegenden erstinstanzlichen Bescheid und wies das Ansuchen (der Beschwerdeführerin) um Erteilung der Teilbetriebsbewilligung vom 14. Juli 1988 sowie das Ansuchen um Erteilung der Betriebsbewilligung vom 5. September 1988 im Grunde des § 78 Abs. 2 GewO 1973 ab. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß die tatsächliche Ausführung der Betriebsanlage vom genehmigten Projekt abweiche, sodaß die Erteilung der Betriebsbewilligung rechtswidrig gewesen sei. Aus diesem Grunde sei der Bescheid der Behörde erster Instanz zu beheben gewesen; da der Bescheid der Behörde zweiter Instanz "diesen rechtswidrigen Zustand nicht beendet hat", sei auch dieser Bescheid zu beheben gewesen. Da die Voraussetzungen für die Erteilung einer Betriebsbewilligung mangels Übereinstimmung mit jenem Projekt, dessen Errichtung genehmigt worden sei, nicht vorlägen, seien auch die Anträge auf Erteilung der Betriebsbewilligungen abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erblickt - unter anderem - eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin, daß dieser auf Abweichungen (der errichteten Betriebsanlage gegenüber dem dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustand) gestützt worden sei, gegen die sich das Arbeitsinspektorat nicht ausgesprochen und die es nicht zum "Thema" seiner Berufungen gemacht habe. Damit ist sie im Recht:

Die belangte Behörde nahm bei ihrer Entscheidung - ausschließlich - auf jene Änderungen der errichteten gegenüber der genehmigten Betriebsanlage Bedacht, die in der Verhandlungsschrift vom 19. September 1988 angeführt wurden, jedoch - laut dem Inhalt der Verhandlungsschrift - "nicht als Änderung im Sinne des § 81 GewO angesehen sind". Das Arbeitsinspektorat stützte seine negative Stellungnahme nicht auf DIESE Änderungen, sondern brachte vor, daß ANDEREN, konkret bezeichneten Änderungen aus der Sicht des Arbeitnehmerschutzes nicht zugestimmt werde. Ferner wies es darauf hin, daß in den in den Bürobereichen geschaffenen Garderobebereichen den Arbeitnehmern Garderobekästen nicht zur Verfügung gestellt worden seien und daß in den in mehreren Lagerhallen aufgestellten Containern aufgrund der fehlenden Belichtung keine ständigen Arbeitsplätze eingerichtet werden dürften. In den vom Arbeitsinspektorat erhobenen Berufungen wurde geltend gemacht, daß Belange des Arbeitnehmerschutzes entgegen § 27 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes nicht berücksichtigt worden seien, weil diesem Vorbringen nicht Rechnung getragen worden sei. Darauf ging die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jedoch nicht ein. In der Gegenschrift wurde ausdrücklich ausgeführt, daß Arbeitnehmerschutzbestimmungen auch nicht der Grund für die Abweisung der Anträge auf Betriebsbewilligung gewesen seien. Da das Mitspracherecht des Arbeitsinspektorates im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren auf die Wahrnehmung der Belange des Arbeitnehmerschutzes beschränkt ist (§ 27 Abs. 2 Arbeitnehmerschutzgesetz in Verbindung mit §§ 8 Abs. 1 und 9 Abs. 1 ArbIG), durfte die belangte Behörde aufgrund der vom Arbeitsinspektorat eingebrachten Berufung nicht über diesen den Bereich der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG abgrenzenden Themenkreis hinausgehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. März 1991, Zl. 90/19/0295) und ihrer meritorischen Entscheidung nicht zu den Belangen des Arbeitnehmerschutzes gehörige und damit nicht vom Mitspracherecht des Arbeitsinspektorates umfaßte Gesichtspunkte als wesentliche Begründungselemente zugrunde legen. Diese Rechtslage verkannte die belangte Behörde und belastete daher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Für ihre Vorgangsweise kann sich die belangte Behörde nicht darauf berufen, daß sie mit dem angefochtenen Bescheid der aus § 63 Abs. 1 VwGG entspringenden Verpflichtung nachgekommen sei, weil der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis vom 24. September 1990, Zl. 90/19/0260, keine die belangte Behörde bindende Rechtsanschauung bezüglich des Inhaltes der von ihr zu treffenden meritorischen Entscheidung zum Ausdruck gebracht hat. Der Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1985, Zl. 84/04/0081, muß in der hier entscheidenden Frage schon deshalb versagen, weil diesem Erkenntnis ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des Antrages der Beschwerdeführerin auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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