Normen
AVG §59 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
AVG §59 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem unter dem Datum 16. Mai 1991 ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leoben (der belangten Behörde) wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 1990 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 25 Abs. 1 und 2 des Paßgesetzes 1969, BGBl. Nr. 422, (PaßG 1969) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus: Die Beschwerdeführerin sei laut Einreisesichtvermerk vom 30. Oktober 1990 aus der Schweiz offensichtlich als Tourist kommend nach V gereist, habe sich dort in einem namentlich genannten Hotel am 22. November 1990 angemeldet und sodann am 6. Dezember 1990 einen Antrag auf Erteilung eines Wiedereinreisesichtvermerkes gestellt. Diese Antragstellung sei unter Nachreichung einer vom Arbeitsamt Leoben am 25. April 1991 erteilten Beschäftigungsbewilligung, wonach die Beschwerdeführerin als "Tänzerin" im besagten Hotel gegen ein tägliches Bruttogehalt von S 400,-- beschäftigt sei, vorgenommen worden. Aufgrund der vom Gendarmerieposten V erfolgten Erhebung sei festgestellt worden, daß die Beschwerdeführerin im Besitz eines von der belangten Behörde ausgestellten Ausweises gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 314/1974 gewesen sei. Dies rechtfertige die Annahme, daß die Beschwerdeführerin schon seit November 1990 einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, zumal ein derartiger Ausweis nur Personen ausgestellt werde, die mit ihrem Körper gewerbsmäßige Unzucht trieben (§ 1 BGBl. Nr. 314/1974). Daß letzteres für die Beschwerdeführerin zutreffe, ergebe sich auch daraus, daß sie sich im Zeitraum vom 14. November 1990 bis 13. März 1991 beim Amtsarzt der belangten Behörde sechszehn gynäkologischen Untersuchungen "zur Beibehaltung dieses Ausweises" unterzogen habe. Aufgrund dieses Sachverhaltes sei es offensichtlich, daß die Beschwerdeführerin, ohne über einen gültigen Sichtvermerk zu verfügen, in das Bundesgebiet zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit eingereist sei.
Frauen aus der Dominikanischen Republik würden jährlich zu Tausenden von einer verbrecherischen Organisation zur Ausübung der Prostitution in Europa bereits in ihrer Heimat angeworben. Der Drahtzieher dieser Organisation befinde sich in Zürich und sei den Gerichten namentlich bekannt. Die zur Prostitution angeworbenen Frauen landeten auf dem Flughafen Zürich, würden von Mittelsmännern in Empfang genommen und nach einigen Tagen Aufenthalt in verschiedene Bordelle Europas verteilt. In der Folgezeit kassierten Mittelsmänner in den Bordellen eine "Leihgebühr" in namhafter Höhe. Diesbezügliche Strafverfahren seien bei einer Reihe von Gerichten, so auch beim Kreisgericht Leoben, anhängig. Gegen einen dieser Züricher Mittelsmänner sei vom Landesgericht Graz und Kreisgericht Leoben Haftbefehl wegen Verdachtes des Menschenhandels nach § 217 StGB erlassen worden. Zu diesen Ergebnissen sei die Behörde nunmehr nach umfangreich angestellten Recherchen der Bundespolizeidirektionen und Gerichte, die sich über das ganze Bundesgebiet erstreckten, gelangt. Es erscheine sohin nicht glaubwürdig, daß die Beschwerdeführerin ohne Anwerbung aus eigenem Antrieb nach Vordernberg gekommen sei, zumal bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sei, daß nach den Erfahrungen des täglichen Lebens wohl niemand eine Reise von ca 11.000 km auf sich nehmen werde, ohne sich vorher durch Kontaktnahme zu versichern, ob der angestrebte Arbeitsplatz tatsächlich angeboten werde oder nicht. Daß unter diesen Umständen nahezu zwangsläufig auch die Gefahr eines Abgleitens in das kriminelle Milieu gegeben sei, liege auf der Hand. Es widerspreche den Interessen der Republik Österreich, dem Menschenhandel Vorschub zu leisten und das Abgleiten von Personen in das kriminelle Milieu potentiell zu fördern. Ebensowenig könne hingenommen werden, daß Prostituierte durch die besonderen Umstände (weite Entfernung zur Heimat, keine Ersparnisse, keine alternative Unterkunft oder Beschäftigungsmöglichkeit) der wirtschaftlichen Ausbeutung, und zwar in Form einer modernen Sklaverei, ausgesetzt würden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde, wobei sich die Beschwerdeführerin nach dem ganzen Beschwerdevorbringen in ihrem Recht auf Erteilung des beantragten Sichtvermerkes verletzt erachtet.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 25 Abs. 1 PaßG 1969 kann einem Fremden auf Antrag ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt. Zufolge des Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat die Behörde bei der Ausübung des ihr im Abs. 1 eingeräumten freien Ermessens auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen. Nach § 25 Abs. 3 PaßG 1969 ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn (lit. d) die Annahme gerechtfertigt ist, daß ein Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
2. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt die Beschwerdeführerin darin, daß ihr gegenüber der Grundsatz des Parteiengehörs "gröblichst vernachläßigt" worden sei. Diese Behauptung wird zwar weitwendig mit allgemeinen Erwägungen zu diesem "fundamentalen" Grundsatz und Hinweisen auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erläutert; was indes fehlt, sind konkrete Angaben in der Beschwerde, die erkennen ließen, daß die belangte Behörde bei Vermeidung eines Verstoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs - dies unter der Annahme, es liege ein solcher tatsächlich vor - zu einer anderen (für die Beschwerdeführerin günstigeren) Entscheidung gekommen wäre.
Die Beschwerde hat es aber nicht nur unterlassen, die Relevanz dieses angeblichen Verstoßes darzutun, sondern hat auch die von der belangten Behörde als maßgeblich erachteten Sachverhaltsfeststellungen unbestritten gelassen. Wenn die Beschwerde insoweit die Auffassung vertritt, die belangte Behörde "ergeht sich .... in allgemeine Überlegungen, die mit dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Sichtvermerkes überhaupt nichts zu tun haben", so vermag ihr der Gerichtshof darin nicht zu folgen. Die belangte Behörde hat mit den hier von der Beschwerde angesprochenen, zunächst allgemein gehaltenen, dann aber unschwer erkennbar auf die Beschwerdeführerin und deren konkrete Situation gemünzten Tatsachenfeststellungen sowie den darauf beruhenden rechtlichen Aussagen vielmehr deutlich gemacht, daß ihrer Meinung nach der Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu gefährden geeignet sei, also der Versagungstatbestand des § 25 Abs. 3 lit. d PaßG 1969 als verwirklicht anzusehen sei. Diese rechtliche Beurteilung ist unter Zugrundelegung des, wie erwähnt, unbestritten gebliebenen Sachverhaltes nicht zu beanstanden. Die von der belangten Behörde angesichts der von ihr festgestellten besonderen Umstände, die für die Einreise und den Aufenthalt der Beschwerdeführerin bestimmend waren bzw. sind, angenommene Gefahr eines "Abgleitens in das kriminielle Milieu" ist durchaus nachvollziehbar. Daß aber solcherart der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich jedenfalls die Annahme rechtfertigt, es würde damit eine Gefahr (zumindest) für die öffentliche Ordnung verbunden sein, bedarf keiner weiteren Darlegungen.
Der Vollständigkeit halber ist noch festzuhalten, daß der Beschwerdehinweis, im Hotel, in dem die Beschwerdeführerin als Tänzerin beschäftigt sei, sei die Prostitution ausdrücklich verboten, weder geeignet ist, die ausreichend begründete Annahme der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin gehe der Prostitution nach, noch die im angefochtenen Bescheid vorgenommene rechtliche Beurteilung zu entkräften.
3. Die Tatsache, daß die belangte Behörde ungeachtet des von ihr der Sache nach als erfüllt angesehenen Tatbestandes des § 25 Abs. 3 lit.d PaßG 1969 den bekämpften Bescheid spruchmäßig auf die Abs. 1 und 2 des § 25 leg. cit. gestützt hat, bewirkt deshalb keine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin, weil die den beantragten Sichtvermerk versagende Entscheidung im Ergebnis - wie gezeigt - zutreffend ist, mithin die ausdrückliche Heranziehung des Ermessen gewährenden § 25 Abs. 1 und 2 anstatt richtigerweise des ein solches nicht einräumenden § 25 Abs. 3 PaßG 1969 keine Schlechterstellung der Beschwerdeführerin bewirkt hat.
4. Da sich das Fehlen der behaupteten Rechtsverletzung bereits aus dem Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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