Normen
ABGB §1154a;
ABGB §985;
EStG 1972 §15 Abs1;
EStG 1972 §19 Abs1;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1972 §67 Abs7;
EStG 1972 §78 Abs1;
ABGB §1154a;
ABGB §985;
EStG 1972 §15 Abs1;
EStG 1972 §19 Abs1;
EStG 1972 §25 Abs1 Z1;
EStG 1972 §67 Abs7;
EStG 1972 §78 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Einem Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin stehen Vergütungen für Diensterfindungen zu. Diese betragen einen bestimmten Hundertsatz aus einem beim Verkauf von Anlagen erzielten Deckungsbeitrag. Die Vergütungen sind laut Vereinbarung jährlich einmal für die im Zeitraum verkauften Geräte zu berechnen und innerhalb von 60 Tagen zur Gänze auszubezahlen, unabhängig davon, ob der Abnehmer den Kaufpreis bezahlt hat. Nach der Vereinbarung ist es dem Arbeitnehmer gestattet, Vorschüsse auf die Erfinderprämie zu beziehen.
Im Jahre 1988 wurden von der Beschwerdeführerin insgesamt viermal Beträge aus diesem Titel an den Arbeitnehmer bezahlt. Der Meinung des Lohnsteuerprüfers folgend verneinte das Finanzamt hinsichtlich der dritten und vierten Zahlung die Eigenschaft als sonstige Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 7 EStG 1972, weil die Zuwendung damit bereits öfter als zweimal jährlich ausbezahlt worden sei. Es erließ einen entsprechenden Haftungs- und Zahlungsbescheid.
Diesen bekämpfte die Beschwerdeführerin mit Berufung. Sie behauptete, die strittigen Zahlungen seien Darlehen gewesen, die mit den erst fällig werdenden Vergütungsansprüchen zu verrechnen gewesen wären. Es habe sich daher nicht um einen Vorschuß gehandelt. Der Arbeitnehmer könne nämlich erst nach Abrechnung endgültig über die Vergütung verfügen. Die vor Ablauf der 60-tägigen Frist nach Abrechnung ausbezahlten Vorschüsse seien kein endgültig beim Arbeitnehmer verbleibender Arbeitslohn. Für die Höhe der bezogenen Vorschüsse sei nicht die voraussichtliche Vergütung, sondern seien die finanziellen Bedürfnisse des Arbeitnehmers (Rückzahlung des Wohnbaudarlehens, Zahnarztkosten u.a.) maßgebend gewesen.
Die belangte Behörde wies mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat die Ansicht, es handle sich nicht um Darlehen, sondern um Vorschüsse auf die Vergütung für die Diensterfindung. Daß der Arbeitnehmer die Vorschüsse auf die Erfinderprämie zu einem Zeitpunkt erhalten habe, zu dem dem Vorschuß dem Grunde und der Höhe nach kein tatsächlicher Anspruch gegenübergestanden sei, habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet und ergebe sich auch nicht aus der Aktenlage. Darlehenseigenschaft könne auch nicht damit begründet werden, im Falle des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis vor der jährlichen Abrechnung müsse zurückbezahlt werden, weil die Vereinbarung eine solche Bestimmung nicht enthalte und weil den Vorschüssen jeweils ein effektiver Anspruch gegenübergestanden sei. Daß für die Höhe der Vorschüsse Bedürfnisse des Arbeitnehmers ausschlaggebend gewesen seien, beweise nicht ein Darlehen, sondern zeige, daß der Empfänger die Zahlung endgültig habe verwenden dürfen.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, nicht zur Haftung und Zahlung für Lohnsteuernachforderung herangezogen zu werden. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entscheidend ist, ob die beiden strittigen Zahlungen auf ein Darlehen oder auf einen Vorschuß auf Arbeitslohn (Vergütung für Diensterfindungen) zugezählt wurden. Im ersten Fall wäre eine steuerbare Zahlung von Arbeitslohn noch nicht erfolgt gewesen (vgl. Verwaltungsgerichtshof 25. April 1962, 2645/59, ÖStZB 1962, 120), im zweiten Fall schon (zu Vorauszahlungen auf Arbeitslohn gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1972 vgl. Verwaltungsgerichtshof 10. November 1987, 86/14/0201, ÖStZB 1988, 235). Es wären daher 1988 dann auch mehr als zweimal jährlich Zuwendungen für Diensterfindungen ausgezahlt worden (§ 67 Abs. 7 EStG 1972).
Zur Unterscheidung zwischen Darlehen und Gehalts- oder Lohnvorschuß finden sich im Schrifttum folgende Ansichten:
Schubert in Rummel, Kommentar zum ABGB (1. Band, 2. Auflage, Rz 7 zu §§ 985 bis 987), versteht unter Vorschüssen Geldbeträge, die jemandem vorausbezahlt werden, obgleich er erst später Anspruch darauf hat. Mit dem Vorschuß werde ein Teil der später entstehenden oder fälligen Schuld im voraus getilgt. Hiezu zähle insbesondere der Gehalts- oder Lohnvorschuß. Der künftige Entgeltanspruch mindere sich um den vorausbezahlten Betrag. Der Vorschuß werde demnach auch nicht gegen die (künftigen) Forderungen (des Dienstnehmers) aufgerechnet, sondern vom Entgeltanspruch abgerechnet. Er könne daher auch vom pfändungsfreien Teil des Lohnes oder Gehaltes eines Dienstnehmers in Abzug gebracht werden. Werde die Leistung, für die der Vorschuß gegeben werde, nicht erbracht, könne der Vorschuß gemäß § 1435 zurückgefordert werden. Der Vorschuß sei nach der Parteiabsicht in der Regel kein Darlehen, ein solches könne aber dann angenommen werden, wenn der als Vorschuß gegebene Betrag zu verzinsen sei. Im Zweifel stelle insbesondere der einem Arbeitnehmer gegebene Betrag, der nach der getroffenen Vereinbarung durch Abzug von den künftigen Bezügen hereinzubringen sei, einen Vorschuß und kein Darlehen dar. Krejci führt in diesem Kommentar (Rz 5 zu § 1154a) aus, die Abgrenzung des Vorschusses gegenüber anderen Dienstgeberleistungen, insbesondere gegenüber dem Darlehen, sei bezüglich der Sonderregeln über die Behandlung des Vorschusses nach § 293 Abs. 2 EO sowie bezüglich der Fälligkeit des Vorschusses im Fall der Auflösung des Dienstverhältnisses beachtlich. Ob ein Darlehen oder ein Vorschuß vorliege, sei aus den Umständen zu entscheiden. Vereinbarte Verzinsung lasse auf ein Darlehen schließen. Im Zweifel werde Vorschuß angenommen.
In Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, 19. Auflage, wird ausgeführt, die Unterscheidung zwischen Darlehen und Vorschuß sei oft schwierig, weil Darlehen regelmäßig ebenso wie Lohnvorschüsse mit später fällig werdenden Lohnforderungen verrechnet werden. Eine derartige Handhabung spreche jedoch nicht von vornherein dafür, daß es sich um ein Darlehen oder um einen Lohnvorschuß handle. Die Annahme eines Darlehens setze im allgemeinen bürgerlich-rechtliche eindeutige Vereinbarungen, insbesondere über die Laufzeit bzw. über Höhe und Fälligkeit von Tilgungsraten sowie über die Verzinsung voraus. Fehlen solche Vereinbarungen, so liege im Zweifel kein Darlehen, sondern Vorschuß- oder Abschlagszahlung vor, selbst wenn unter Umständen eine Überzahlung erfolge und der Arbeitnehmer nach der Endabrechnung eine Rückzahlung leisten müsse. Andererseits liege auch ohne Abschluß eines ausdrücklichen Darlehensvertrages eine Darlehensgewährung regelmäßig dann vor, wenn der ausgezahlte Betrag tatsächlich verzinst oder erst nach mehreren Lohnzahlungszeiträumen getilgt werde. Das gelte selbst für sogenannte Vorschüsse, wenn sie neben dem laufenden Arbeitslohn ausgezahlt werden und nur im Lauf mehrerer Jahre zurückbezahlt werden könnten. Der Auffassung des Reichsfinanzhofes, daß Zahlungen auf eine noch nicht fällige Tantieme regelmäßig auch dann Arbeitslohn seien, wenn sie bis zur Fälligkeit verzinst würden, sei nicht allgemein zuzustimmen. Eine verzinsliche Vorschußzahlung sei allerdings stets dann als Arbeitslohn zu behandeln, wenn sie in Erfüllungsabsicht geleistet werde. Je höher der Betrag und je länger der Tilgungszeitraum sei, desto mehr spreche für ein Darlehen (Anm. 400 § 19, ABC des Arbeitslohns, Darlehen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer).
Im Einkommensteuer-Handbuch, 2. Auflage, von Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, wird die Ansicht vertreten (Tz 7 zu § 15), auch sogenannte "Bezugsvorschüsse" des Arbeitgebers könnten den Charakter eines Darlehens tragen. Anhaltspunkte für den Darlehenscharakter seien, daß der Vorschuß ein Mehrfaches des laufenden Arbeitslohnes betrage, daß er für einen bestimmten Zweck, z.B. für die Anschaffung einer Wohnung oder ihrer Einrichtung, gewährt werde, daß er nach einem festen Tilgungsplan (wenn auch unter Verrechnung mit späteren Lohnzahlungen) oder doch über einen längeren Zeitraum hin zurückgezahlt werde. Ein derartiger Bezugsvorschuß sei nicht als Einnahme (Arbeitslohn) zu versteuern. Die Rückzahlung (Aufrechnung mit späterem Arbeitslohn) dürfe die Lohnsteuerbemessungsgrundlage nicht mindern. Der Darlehenscharakter fehle aber einem Bezugsvorschuß, der als a-conto-Zahlung auf einen Arbeitslohn gewährt werde, welcher erst zu einem späteren Zeitpunkt in seiner genauen Höhe ermittelt werden soll (z.B. Abschlagszahlung auf eine Provisionsverrechnung). In einem solchen Fall, in dem auch nach dem Parteienwillen kein Darlehen gewährt, sondern Arbeitslohn gezahlt werde, sei gemäß § 78 Abs. 1 auch vom Bezugsvorschuß Lohnsteuer einzubehalten.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Meinung, daß ein Vorschuß auf einen künftigen Entgeltanspruch aus einem Dienstverhältnis im Zweifel auch ein solcher sei, wenn also nicht besondere Umstände darauf schließen lassen, daß die Gewährung eines Darlehens Parteiabsicht war. Entscheidend ist dabei, ob der übereinstimmende, zwischen den Parteien, zumindest für diese erkennbar erklärte Wille auf die Vereinbarung der Merkmale gerichtet war, die für den in Frage stehenden Typ des Geschäftes ausschlaggebend sind. Derartige Umstände, die für ein Darlehen sprächen, wären eindeutige Vereinbarung über die Laufzeit bzw. Höhe und Fälligkeit von Tilgungsraten sowie über die Verzinsung.
Hingegen hält der Verwaltungsgerichtshof einen Bestimmungszweck der Zuzählung nicht für einen ausreichenden Hinweis auf ein Darlehen, weil häufig auch echte Vorschüsse auf Arbeitslohn durch notwendige Auslagen, etwa für die Anschaffung einer Wohnung oder deren Einrichtung motiviert sind.
Im Hinblick auf die Höhe des Vergütungsanspruches für Diensterfindungen für 1988, die nach dem unbekämpften Sachverhalt von der Summe der Zahlungen dieses Jahres jedenfalls nicht ausschlaggebend abweicht, und auch die Art des Arbeitslohnes (einmalige jährliche Vergütung), kommt dem Größenverhältnis zwischen den Zahlungen und dem laufenden Arbeitslohn für die Unterscheidung zwischen Vorschuß und Darlehen keine Bedeutung zu.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht, daß der Darlehenscharakter einem Bezugsvorschuß fehlt, der als a-conto-Zahlung auf einen Arbeitslohn gewährt wird, welcher erst zu einem späteren Zeitpunkt in seiner genauen Höhe ermittelt werden soll.
Die Beschwerdeführerin macht ausschließlich inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend und bekämpft, wie bereits erwähnt, den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht. Es ist daher, wie bereits oben angemerkt, auch von der Feststellung der belangten Behörde auszugehen, daß der Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin die Vorschüsse zu einem Zeitpunkt erhalten hat, zu dem diesem bereits ein effektiver Anspruch des Arbeitnehmers gegebenüberstand, also nur noch die Abrechnung für den betreffenden Zeitraum und der Eintritt der Fälligkeit ausständig war.
Auf Grund dieser Tatsache durfte die belangte Behörde mangels entgegenstehender eindeutiger Indizien davon ausgehen, daß es sich bei den Vorschüssen um a-conto-Zahlungen auf bereits erworbene, aber noch nicht abgerechnete und daher auch noch nicht fällige Ansprüche auf Arbeitslohn gehandelt hat, was nach dem Vorgesagten ein Darlehen ausschließt.
Das Motiv der Inanspruchnahme des Vorschusses (Rückzahlung eines Wohnbaudarlehens, Zahlung erheblicher Zahnregulierungskosten) war kein taugliches Unterscheidungskriterium.
Eine Vereinbarung bestimmter Laufzeit und bestimmter Tilgungsraten oder einer Verzinsung behauptet die Beschwerdeführerin nicht. Die Möglichkeit einer Verrechnung des Vorschusses bei der seinerzeitigen Abrechnung nach Eintritt der Fälligkeit des Vergütungsanspruches liefert keinen eindeutigen Hinweis auf ein Darlehen und ersetzt eine bei Darlehen übliche Vereinbarung über Laufzeit und Tilgungsraten nicht.
Die Behauptung der Beschwerdeführerin, aus den Vertragsinhalten könne unter Berücksichtigung der tatsächlichen Abwicklung abgeleitet werden, daß ein Darlehen vorliege, das völlig losgelöst vom Geschäftsverlauf gewährt worden sei, findet keine Stütze in dem von der belangten Behörde festgestellten und durch die Beschwerde unbekämpften Sachverhalt. Die Beschwerdeführerin behauptet über das bereits Gesagte hinaus auch keine konkreten Tatsachen, die für die Darlehenseigenschaft sprechen könnten.
Da Hinweise für ein Darlehen fehlten, durfte die belangte Behörde im Zweifelsfall von einem Vorschuß und damit von einem Zufließen von Arbeitslohn ausgehen.
Bereits der Inhalt der Beschwerde ließ erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
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