Normen
BAO §80 Abs1;
BAO §80;
BAO §9 Abs1;
BAO §9;
GmbHG §18;
BAO §80 Abs1;
BAO §80;
BAO §9 Abs1;
BAO §9;
GmbHG §18;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin war seit der Gründung der S GmbH, Wien, am 17. Dezember 1981 gemeinsam mit Josef P., bis 1986 Geschäftsführer der Gesellschaft.
Mit Bescheid vom 8. Februar 1990 zog das Finanzamt die Beschwerdeführerin zur Haftung für Umsatzsteuer der Jahre 1983, 1984 und 1985, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe 1985 und Säumniszuschläge im Gesamtbetrag von S 2,533.156,- heran.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere geltend gemacht, daß zwischen den beiden Geschäftsführern eine interne Regelung dahingehend bestanden habe, daß Josef P. die alleinige Geschäftsführertätigkeit auszuüben gehabt hätte. Damit seien auch alle steuer- und abgabenrechtlichen Angelegenheiten verbunden gewesen. Bei mehreren potentiell Haftenden sei derjenige verantwortlich, der mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut worden sei. Infolge dieser Aufgabenverteilung habe der Beschwerdeführerin eine Unregelmäßigkeit in der Erfüllung der Abgabenpflichten nicht bewußt sein können, zumal die S GmbH offenbar jahrelang ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen erfüllt habe.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der belangten Behörde können zwar bei Verteilung der Agenden zwischen mehreren Geschäftsführern einer GmbH die mit den Abgabenangelegenheiten nicht betrauten Personen im Regelfall nicht zur Haftung herangezogen werden. Das gelte jedoch dann nicht, wenn der mit den steuerlichen Angelegenheiten nicht Befaßte seine eigenen Pflichten dadurch verletzt, daß er trotz Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung steuerlicher Angelegenheiten Bestellten nichts unternimmt, um Abhilfe zu schaffen. Ein Geschäftsführer, der einer internen Beschränkung seiner Befugnisse zustimmt, habe zumindest eine fahrlässige Unterlassung der Kontrolle des mit den abgabenrechtlichen Angelegenheiten betrauten Geschäftsführers zu vertreten.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen, zu denen auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählen, alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (siehe z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1991, Zl. 90/15/0066, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, daß beim Vorhandensein mehrerer potentiell Haftender sich die haftungsrechtliche Verantwortung danach richtet, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Wenn - wie es von der Beschwerdeführerin behauptet wird - wohl Abgrenzungsabreden bestehen, aber der mit den steuerlichen Angelegenheiten nicht Befaßte seine eigenen Pflichten dadurch grob verletzt, daß er trotz Unregelmäßigkeiten des zur Wahrnehmung der steuerlichen Angelegenheiten Bestellten nichts unternahm, um Abhilfe zu schaffen, ist auch dieser grundsätzlich haftbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1986, Zl. 84/13/0246).
Ein Verschulden im hier maßgeblichen Sinne wird von der Beschwerdeführerin insbesondere mit dem Hinweis in Abrede gestellt, daß sie nach "interner Vereinbarung" lediglich zum "stellvertretenden Geschäftsführer" ("Reservegeschäftsführer") für den Fall der Verhinderung des tatsächlich allein aktiven Geschäftsführers Josef P. bestellt gewesen sei. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß dem GmbH-Gesetz die Bestellung derartiger gesellschaftlicher Organe fremd ist. Nach dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt war die Beschwerdeführerin im hier maßgeblichen Zeitraum zur - allein zeichnungsberechtigten - Geschäftsführerin im Sinne der Bestimmungen der §§ 15 ff GmbHG bestellt und somit auch zur Erfüllung der Obliegenheiten eines Geschäftsführers (vgl. § 25 GmbHG) verhalten. Ist der Geschäftsführer durch tatsächliche Umstände - wie im Beschwerdefall durch eine "interne Absprache" - an der Ausübung seiner Geschäftsführerrechte behindert und bleibt er trotz dieser Behinderung an der Erfüllung seiner Pflichten weiterhin als bestellter Geschäftsführer tätig, so hat er auch seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die GmbH treffenden Abgaben verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. August 1990, Zl. 89/15/0059, und die dort zitierte Vorjudikatur). Ein für die Haftung gemäß den §§ 9 und 80 BAO relevantes Verschulden liegt aber auch dann vor, wenn sich ein Geschäftsführer wie im Beschwerdefall schon bei der Übernahme seiner Funktion mit einer Beschränkung seiner Befugnisse einverstanden erklärt bzw. eine solche Beschränkung in Kauf nimmt, die die künftige Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung, insbesondere auch den Abgabenbehörden gegenüber, unmöglich macht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 10. Juli 1989, Zl. 89/15/0021, und vom 7. September 1990, Zlen. 89/14/0261, 0262, 0263). Gerade aus dieser von der Beschwerdeführerin für ihr Vorbringen ins Treffen geführten "internen Vereinbarung" folgt ihre Haftung für die streitgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten.
Bei dieser Sach- und Rechtslage war es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht mehr von Bedeutung, ob für sie ein besonderer Anlaß zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des anderen Geschäftsführers vorgelegen ist. Der Vollständigkeit halber sei aber im Zusammenhang darauf verwiesen, daß das Vorbringen, die abgabenrechtlichen Verpflichtungen seien jahrelang bis zum zweiten Halbjahr 1985 ordnungsgemäß erfüllt worden, mit der Aktenlage nicht im Einklang steht. So sind für 1983 eine Nachzahlung an Umsatzsteuer von S 41.992,- und für 1984 eine solche von S 325.871,- ausgewiesen; derartige Nachzahlungen im Bereich von selbst zu berechnenden Abgaben stellen kein Anzeichen für eine ordnungsgemäße Erfüllung abgabenrechtlicher Verpflichtungen dar.
Damit geht auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die Frage ungeprüft gelassen, ob für die Beschwerdeführerin ein Anlaß für die Überwachung der Tätigkeit des Geschäftsführers Josef P. bestanden hat, ins Leere.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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