VwGH 91/13/0103

VwGH91/13/01036.11.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert sowie die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Präsidenten der FLD für Wien, NÖ und Bgld gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat II) vom 13.2.1991, Zl. 6/1-1121/90-15, betreffend Einkommensteuer 1985 bis 1987 der mitbeteiligten Partei Dipl.Ing. Albert R in W, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §18 Abs1 Z2;
EStG 1972 §20 Abs1 Z1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
VwRallg;
EStG 1972 §18 Abs1 Z2;
EStG 1972 §20 Abs1 Z1;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist Zivilingenieur. Er schloß im Jahr 1980 eine Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 20 Jahren ab. Sie ist auf den Er- und Ablebensfall abgeschlossen und enthält einen Gewinnbeteiligungsbonus. Der Auszahlungsbetrag beläuft sich auf ca. S 490.000,--. Als Bezugsberechtigten weist die Versicherungspolizze bei Erleben den Versicherungsnehmer, bei Ableben dessen Ehefrau aus.

Im Jahr 1982 schloß der Mitbeteiligte einen Kreditvertrag über die Einräumung eines Kontokorrentkredites bei der CA-BV ab. Als Kreditsicherung wurde die Lebensversicherung vinkuliert, d.h. die kreditgebende Bank hat in der Höhe des jeweils aushaftenden Kredites (samt Zinsen und Nebenkosten) die Stellung des Bezugsberechtigten. Nach der Vinkulierung dieser Lebensversicherung wurde eine neue Lebensversicherung zugunsten der Gattin des Mitbeteiligten abgeschlossen.

Anläßlich einer die Jahre 1985 bis 1987 umfassenden Betriebsprüfung wurde die Prämie für die vinkulierte Lebensversicherung, die der Mitbeteiligte gewinnmindernd verrechnet hatte, vom Prüfer nicht als Betriebsausgabe anerkannt. Das Finanzamt trug den Prüfungsfeststellungen durch Erlassung entsprechender Einkommensteuerbescheide im wiederaufgenommenen Verfahren Rechnung.

Die gegen diese Bescheide vom Mitbeteiligten erhobene Berufung wurde vom Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen. Der Mitbeteiligte beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die belangte Behörde. Diese gab der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid statt und führte zur Begründung im wesentlichen folgendes aus: Da der Berufungswerber dargelegt habe, daß nach der Vinkulierung der streitgegenständlichen Lebensversicherung eine weitere Lebensversicherung zur Privatvorsorge abgeschlossen worden sei, habe dem Senat die betriebliche Veranlassung glaubhaft gemacht werden können. Überdies habe der Berufungswerber vorgebracht, die Versicherungsumme werde im Falle der Auszahlung als Betriebseinnahme besteuert werden. Dieses Argument habe den Senat von der Abzugsfähigkeit der Prämien als Betriebsausgabe überzeugt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In Streit steht, ob die Prämienzahlungen, die der Mitbeteiligte auf Grund des im Jahre 1980 abgeschlossenen und im Jahr 1982 zur Besicherung eines Kontokorrentkredites verwendeten Lebensversicherungsvertrages in den Jahren 1985 bis 1987 geleistet hat, Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1972 sind oder ob sie in die private Lebenssphäre des Beschwerdeführers fallen.

Eine Lebensversicherung der in Rede stehenden Art stellt in der Regel einen außerbetrieblichen Vorgang dar. Eine Ausnahme von dieser Regel tritt nur ein, wenn aus den Umständen klar erkennbar ist, daß die Lebensversicherung im betrieblichen Interesse liegt und die Verfolgung privater Zwecke ausgeschlossen oder unbedeutend ist (Verwaltungsgerichtshof vom 17. Dezember 1974, Zl. 293/74).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die streitgegenständliche Lebensversicherung zum Zeitpunkt ihres Abschlusses ausschließlich der privaten Sphäre des Mitbeteiligten zuzuordnen war und daß sie im Jahre 1982 zur Besicherung eines vom Mitbeteiligten für Betriebszwecke abgeschlossenen Kontokorrentkreditvertrages zugunsten der kreditgebenden Bank vinkuliert wurde. Hiedurch ging die Bezugsberechtigung auf die kreditgebende Bank über, jedoch nur im Ausmaß des zum Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles aushaftenden Kredites (samt Zinsen und Nebenkosten). Die darüber hinausgehenden Beträge fließen dem Mitbeteiligten bzw. dessen Gattin zu.

Es kann somit keine Rede davon sein, daß die streitgegenständliche Lebensversicherung ausschließlich im betrieblichen Interesse liegt und die Verfolgung privater Zwecke ausgeschlossen oder unbedeutend ist.

Wie sich aus der Aktenlage ergibt, schwankt - wie dies dem Wesen eines Kontokorrentkredites entspricht - die Kreditinanspruchnahme, sie lag aber in den Streitjahren und auch zum Prüfungszeitpunkt beträchtlich unter der Auszahlungssumme des Lebensversicherungsvertrages. Der Mitbeteiligte hatte von 1982 bis 1987 eine Gewinnsteigerung von S 216.000,-- auf S 1,043.000,-- zu verzeichnen. Wenngleich der Gewinn nicht mit der Liquidität eines Unternehmens gleichzusetzen ist, bildet er doch einen wesentlichen Indikator für die Selbstfinanzierungskraft eines Unternehmens, zumal der Gewinn durch Einnahmenüberschußrechnung ermittelt wurde. Angesichts dieses Sachverhaltes ist daher nicht ausgeschlossen, daß zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles kein Kredit mehr aushaftet oder die aushaftende Kreditsumme zumindest unter dem Auszahlungsbetrag der Lebensversicherung liegt, sodaß diese zur Gänze oder zumindest zum Teil an den Mitbeteiligten bzw. dessen Ehegattin fließt.

Im Hinblick auf den im Beschwerdefall gegebenen Sachverhalt kann die Frage auf sich beruhen, ob die Abtretung von Ansprüchen aus einer im privaten Interesse begründeten Lebensversicherung zur Besicherung einer betrieblichen Schuld der Lebensversicherung überhaupt einen betrieblichen Charakter verleiht.

Aus den angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

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