VwGH 91/13/0077

VwGH91/13/007713.12.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat I) über die zu 91/13/0077 protokollierte Beschwerde der NN in Wien, vertreten durch Dr. HN, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 29.1.1991, Zl. 6/3 - 3107/90-09, und II) über die zu 91/13/0214 protokollierte Beschwerde des Dr. HN, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 29.8.1991, Zl. 6/1 - 1096/90-07, betreffend jeweils Vermögensteuer ab dem 1.1.1989, zu Recht erkannt:

Normen

BewG 1955 §64 Abs2;
BewG 1955 §77 Abs1 Z1;
EStG 1972 §28 Abs3;
VermStG §12;
VwRallg;
BewG 1955 §64 Abs2;
BewG 1955 §77 Abs1 Z1;
EStG 1972 §28 Abs3;
VermStG §12;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin im Verfahren über die zu 91/13/0077 protokollierte Beschwerde hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beide Beschwerdeführer haben aus ihren Einkünften aus Vermietung zunächst steuerfreie Beträge im Sinne des § 28 Abs. 3 EStG 1972 gebildet. In ihren Vermögensteuererklärungen zum 1. Jänner 1989 machten sie jeweils 50 % dieser Beträge unter dem Titel der Rückstellung für Einkommensteuer als Schulden geltend. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der belangten Behörde wurde dem geltend gemachten Schuldenabzug die Anerkennung mit der Begründung versagt, daß § 64 Abs. 2 BewG den von den Beschwerdeführern gewünschten Schuldenabzug nicht zulasse.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, mit welchen die Beschwerdeführer begehren, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der Vermögensteuer ab dem 1. Jänner 1989 durch unrichtige Anwendung der Bestimmungen des Vermögensteuergesetzes, des Bewertungsgesetzes, der Norm des § 28 EStG 1972 und des § 21 BAO verletzt. Ergebe sich doch die Berechtigung des in den Vermögensteuererklärungen getätigten Schuldenabzugs aus folgenden Überlegungen:

Der nach § 28 Abs. 3 EStG 1972 gebildete Betrag könne nur entweder durch künftige, für die Beschwerdeführer (offenbar steuerlich) nutzlose Investitionen in ihre Zinshäuser aufgezehrt, oder aber nach Ablauf von zehn Jahren der Einkommensteuer unterzogen werden. Im Umfang der im zweiten Fall zu erwartenden Steuerbelastung im Ausmaß der Hälfte des nach § 28 Abs. 3 EStG 1972 gebildeten Betrages stünden den Beschwerdeführern diese Barmittel in Wahrheit nicht zur Verfügung. Dies habe die Behörde nicht erkannt, weil sie auf die Bestimmung des § 21 Abs. 1 BAO nicht Bedacht genommen hätte. Die geltend gemachte Last sei in Wahrheit nicht von einer aufschiebenden, sondern von einer auflösenden Bedingung abhängig, weil die zu erwartende Steuerschuld nur dann eintreten würde, wenn die Beschwerdeführer nicht zur Investition der gebildeten Beträge gezwungen werden sollten. Umgekehrt hänge auch der Erwerb des vorläufig steuerfrei zurückgestellten Betrages von der aufschiebenden Bedingung ab, daß die Beschwerdeführer zur Investition dieser Beträge in ihre Liegenschaften nicht verhalten würden. Ordne schließlich § 76 Abs. 2 BewG an, daß Wirtschaftsgüter, die nach den Vorschriften des Vermögensteuergesetzes oder anderer Gesetze von der Vermögensteuer befreit seien, zum Gesamtvermögen nicht gehören, habe dies nach § 28 Abs. 3 EStG 1972 auch für den nach dieser Gesetzesstelle gebildeten Betrag zu gelten.

Im Verfahren über die zu 91/13/0077 protokollierte Beschwerde hat die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Wegen des engen sachlichen Zusammenhanges hat der Verwaltungsgerichtshof beschlossen, die vorliegenden Beschwerden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden; er hat sodann erwogen:

Gemäß § 77 Abs. 1 Z. 1 BewG sind zur Ermittlung des Wertes des Gesamtvermögens vom Rohvermögen die Schulden abzuziehen, wobei die Bestimmungen des § 64 Abs. 2 leg. cit. sinngemäß gelten. Nach § 64 Abs. 2 BewG hängt der Abzug von Schulden aus laufend veranlagten Steuern davon ab, daß die Steuern entweder spätestens im Feststellungszeitpunkt fällig geworden sind oder - bei späterer Fälligkeit - für einen Zeitraum erhoben werden, der spätestens im Feststellungszeitpunkt geendet hat. Unter dem Feststellungszeitpunkt ist für Zwecke der Vermögensteuer dabei der Hauptveranlagungszeitpunkt zu verstehen.

Den Beschwerdeführern gelingt es nicht, die Erfüllung dieser gesetzlichen Bedingung für die Rechtmäßigkeit des von ihnen geltend gemachten Schuldenabzugs darzutun. Von der Fälligkeit ihrer hypothetischen Einkommensteuerschulden zum Hauptveranlagungszeitpunkt der Vermögensteuer im Sinne des § 64 Abs. 2 Z. 1 BewG kann nicht im entferntesten die Rede sein; es würde die allenfalls künftig entstehende Einkommensteuerschuld aber auch nicht für einen vor dem Hauptveranlagungszeitpunkt zur Vermögensteuer gelegenen Zeitraum erhoben werden können. Gemäß § 4 Abs. 2 Z. 2 BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird. Ordnet § 28 Abs. 3 vierter Satz EStG 1972 an, daß die nach dem ersten Satz der zitierten Bestimmung gebildeten steuerfreien Beträge, die nicht innerhalb von neun Jahren nach ihrer Bildung auf die vorgesehe Weise verrechnet wurden, im neunten Jahr nach ihrer Bildung die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erhöhen, so ist damit das Entstehen einer aus der Bildung solcher Beträge resultierenden Einkommensteuerschuld für einen im Hauptveranlagungszeitpunkt der Vermögensteuer beendeten Zeitraum denkunmöglich.

Sämtliche in den Beschwerden unternommenen Versuche, an den Bestimmungen des § 64 Abs. 2 BewG vorbei zu argumentieren, müssen erfolglos bleiben.

Da sich aus den Beschwerden die behauptete Rechtsverletzung nicht ergibt, waren sie in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, was für die zu 91/13/0214 protokollierte Beschwerde nach § 35 Abs. 1 VwGG und für die zu 91/13/0077 protokollierte Beschwerde nach § 42 Abs. 1 VwGG unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat geschehen konnte.

Die Kostenentscheidung im Verfahren über die zu 91/13/0077 protokollierte Beschwerde gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991 unter Bedachtnahme auf § 59 Abs. 1 VwGG.

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