Normen
JN §66 Abs1;
KFG 1967 §40 Abs1;
StbG 1965 §5;
StbG 1985 §5;
VwRallg;
JN §66 Abs1;
KFG 1967 §40 Abs1;
StbG 1965 §5;
StbG 1985 §5;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers "auf Änderung der Adresse im Zulassungsschein" abgewiesen und die Zulassung des betreffenden, dem Kennzeichen und der Fahrgestellnummer nach bestimmten Pkws gemäß § 44 Abs. 2 lit. g in Verbindung mit § 43 Abs. 4 lit. b KFG 1967 aufgehoben.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Die belangte Behörde hat einen als "Gegenschrift" bezeichneten Schriftsatz eingebracht, in dem sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründete die bekämpfte Maßnahme damit, daß der Beschwerdeführer an dem von ihm angegebenen Ort - in G, Bezirk Waidhofen an der Thaya - keinen ordentlichen Wohnsitz habe; ein solcher sei lediglich in E, Bezirk Bruck an der Leitha, - gegeben.
Der Beschwerdeführer vertritt dagegen die Auffassung, daß er zwei ordentliche Wohnsitze - einen in G und einen in E - habe, seinen ordentlichen Wohnsitz in Waidhofen an der Thaya, auf Grund dessen das Kraftfahrzeug von der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Waidhofen an der Thaya, zugelassen worden war, habe er aufgegeben, aber an seiner Stelle einen ordentlichen Wohnsitz in G begründet. Es habe daher dem Gesetz entsprochen, wenn er an die Erstbehörde den Antrag gerichtet habe, im Zulassungsschein den neuen ordentlichen Wohnsitz in G einzutragen.
Gemäß § 40 Abs. 1 KFG 1967 hat über einen Antrag auf Zulassung eines Kraftfahrzeuges grundsätzlich die Behörde zu entscheiden, in deren örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug seinen dauernden Standort hat. Als solcher gilt u.a. der ordentliche Wohnsitz des Antragstellers. Gemäß § 43 Abs. 4 lit. b KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer sein Fahrzeug abzumelden, wenn er den dauernden Standort des Fahrzeuges in den örtlichen Wirkungsbereich einer anderen Behörde verlegt hat.
Gemäß § 44 Abs. 2 lit. g KFG 1967 kann die Zulassung von der Behörde, die das Fahrzeug zugelassen hat, aufgehoben werden, wenn der Zulassungsbesitzer u.a. seiner Verpflichtung gemäß § 43 Abs. 4 lit. b leg. cit. nicht nachkommt.
Der Begriff des ordentlichen Wohnsitzes in § 40 Abs. 1 KFG 1967 ist derselbe, wie er in zahlreichen anderen Rechtsvorschriften enthalten ist, etwa in § 66 Abs. 1 JN oder in § 5 StbG 1985 (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Mai 1982, Zl. 82/11/0038). Darnach ist der ordentliche Wohnsitz des Zulassungsbesitzers an dem Ort begründet, an dem er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu wählen; hiebei ist es unerheblich, ob die Absicht darauf gerichtet war, für immer an diesem Ort zu bleiben.
Hinsichtlich der Wohnung des Beschwerdeführers in G stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, daß der Beschwerdeführer dort polizeilich gemeldet sei und sich laut einem Bericht des dortigen Gendarmeriepostens "nur alle 8 bis 14 Tage und da nur für mehrere Stunden" dort aufhalte. "Anläßlich einer Lenkererhebung" sei er dort nicht angetroffen worden. Die belangte Behörde verwies auch auf die Zeugenaussage der Ehefrau des Beschwerdeführers, die die Adresse in E als Firmensitz und gemeinsamen Wohnsitz bezeichnet habe; ferner auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren, wonach er die Wohnung in G nur zum Schlafen aufsuche und er dort meist seine - "sehr eng bemessene" - Freizeit verbringe. Sie erwähnte weiters vom Beschwerdeführer erteilte Postnachsendeaufträge an die Anschrift in E. Sie ging auf den Zweck der zitierten Bestimmung des KFG 1967 ein und erblickte ihn darin, daß der Zulassungsbesitzer von der Behörde jederzeit erreicht werden könne. Abschließend zog sie den Schluß, daß "dies an einem Ort, an dem Sie sich nur in Ihrer kurz bemessenen Freizeit aufhalten, nicht angenommen werden kann".
Mit dieser Begründung vermag die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid nicht zu stützen. Der erwähnte Gendarmeriebericht ist nicht ausreichend, die Behauptungen des Beschwerdeführers zu widerlegen. Dazu wäre es erforderlich gewesen, beim Gendarmerieposten nachzufragen, auf welchen Beobachtungen und Auskünften die Mitteilung, der Beschwerdeführer halte sich nur sporadisch in seiner Wohnung in G auf, beruht. Danach wäre zu beurteilen gewesen, ob tatsächlich ein Widerspruch zwischen den Angaben des Beschwerdeführers und dem Gendarmeriebericht in Ansehung der zeitweisen Nächtigungen besteht. Daß eine Wohnung nur zur Nachtzeit - und dies nicht jeden Tag - benützt wird, nimmt ihr nämlich noch nicht von vornherein die Eigenschaft eines ordentlichen Wohnsitzes.
Daß ferner eine Person einmal zur Vornahme einer Lenkerauskunft nicht anzutreffen war, ist von äußerst geringer Aussagekraft.
Was die Zeugenaussage der Ehefrau des Beschwerdeführers anlangt, so hat diese in sachverhaltsmäßiger Hinsicht das Vorbringen des Beschwerdeführers bestätigt, sodaß die belangte Behörde auf diese Aussage in unzureichender Weise eingegangen ist, wenn sie ausführt, daß die Ehefrau keine Umstände angegeben habe, die dafür sprächen, der Beschwerdeführer habe in G einen ordentlichen Wohnsitz.
Schließlich erscheint es im Falle zweier oder mehrerer ordentlicher Wohnsitze sogar zweckmäßig zu sein, durch Erteilung von Postnachsendeaufträgen dafür zu sorgen, daß Zustellungen immer an ein- und derselben Abgabestelle erfolgen, an der zumindest überwiegend ein Ersatzempfänger anwesend ist.
Die belangte Behörde hat den maßgebenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Sie hat auch - vor allem im Hinblick auf ihre Begründungspflicht - Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 im Rahmen des gestellten Begehrens.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)